Für jeden vollen Kalendermonat, in dem ein Beschäftigter Elternzeit erhält, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch um 1/12 kürzen (§ 17 Abs. 1 BEEG), ist hierzu jedoch nicht verpflichtet. Er muss dem Beschäftigten nicht vor Antritt der Elternzeit mitteilen, dass er beabsichtige, den Urlaubsanspruch zu kürzen. Dies kann auch später geschehen. Unter Umständen reicht sogar eine stillschweigende Erklärung aus, wenn beispielsweise der Arbeitgeber nur den gekürzten Urlaub gewährt.[1]

 
Praxis-Beispiel

Die Beschäftigte A war ab Juni 2001 bei Arbeitgeber B als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Sie befand sich vom 1.1.2013 bis 15.12.2015 durchgehend in Elternzeit. Mit Schreiben vom 23.3.2016 kündigte A das Arbeitsverhältnis zum 30.6.2016 und beantragte für den Zeitraum der Kündigungsfrist Urlaub unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche. B erteilte vom 4. April bis zum 2.5.2016 Urlaub, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte B ab. Die Klage – zuletzt noch auf Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit – hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BAG[2] muss der Arbeitgeber, wenn er von seiner ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen möchte, eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob in einem TVöD-Arbeitsverhältnis der Urlaubsanspruch nicht ohnehin automatisch nach § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD für jeden vollen Kalendermonat des Ruhens gemindert ist. Da der Gesetzgeber in § 17 BEEG ja eine Kürzung erlaubt, betrifft in diesem Fall § 26 nicht nur den übergesetzlichen Urlaub. Allerdings gibt § 17 BEEG (nur) dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu kürzen. Aber auch dies spricht nicht zwingend gegen die Anwendung des § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD, da die Tarifvertragsparteien das Recht haben, auch verschlechternde Regelungen zu treffen. Eine weitere Frage ist, ob § 26 TVöD diesen Fall überhaupt erfassen wollte im Hinblick darauf, dass er in § 17 BEEG ja sowieso schon geregelt ist.

 
Praxis-Tipp

Es empfiehlt sich auch bei Geltung des TVöD dringend, den Urlaubsanspruch ausdrücklich zu kürzen. Dies sollte zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten unmissverständlich bei Antritt der Elternzeit schriftlich erfolgen. Gerade im Hinblick auf die langen Übertragungsfristen bei der Elternzeit kann hierdurch Beweisschwierigkeiten vorgebeugt werden. Die Mitteilung könnte wie folgt lauten:

Hiermit bestätigen wir Ihnen die von Ihnen in Anspruch genommene Elternzeit für die Zeit von ________ bis zum ________. Wir machen von der Möglichkeit des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG Gebrauch und kürzen Ihren jährlichen Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel.

 
Wichtig

Eine ausdrücklich ausgesprochene Kürzung vermeidet auch Unklarheiten bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ende der Elternzeit. Eine Kürzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nämlich nach allgemeinem Arbeitsrecht nicht möglich.[3] Denn die Kürzung setzt voraus, dass der Urlaubsanspruch noch besteht. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandelt er sich jedoch um in einen reinen Geldanspruch.

 
Praxis-Beispiel

Die Beschäftigte A war ab April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.000,00 EUR in einem Seniorenheim als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer 5-Tage-Woche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. A befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15.5.2012 in Elternzeit. Mit Anwaltsschreiben vom 24.5.2012 verlangte A zunächst ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 erklärte die Arbeitgeberin die Kürzung des Erholungsurlaubs der A wegen der Elternzeit. Das BAG hat die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs für unwirksam erachtet und der A deshalb Urlaubsabgeltung i. H. v. 3.822,00 EUR brutto zugesprochen.[4]

Die Kürzungsmöglichkeit besteht nur für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit. Hat der Arbeitnehmer die Elternzeit dagegen im bereits laufenden Monat begonnen oder beendet, scheidet für diese beiden Monate eine Urlaubskürzung aus.[5]

Die Kürzung ist nicht möglich, wenn während der Elternzeit ein Teilzeitarbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber besteht.

Die Kürzungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 1 BEEG stellt keinen Ablehnungsgrund bei bevorstehender Elternzeit dar.

 
Praxis-Beispiel

Die schwangere Arbeitnehmerin hat angekündigt, nach Ablauf der Mutterschutzfrist voraussichtlich für die Zeit ab Jul...

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