Nach § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um 1/12.

Fraglich ist jedoch, ob diese tarifliche Kürzungsregelung nur den tariflichen (Zusatz-)Urlaub oder auch den gesetzlichen Mindesturlaub betrifft. Denn das Bundesurlaubsgesetz enthält keine derartige Kürzungsregelung und in § 13 Abs. 1 BUrlG auch keine dahingehende tarifliche Öffnungsklausel. Auch greifen nicht die Teilurlaubsregelungen des § 5 Abs. 1 BUrlG, da das Arbeitsverhältnis ja fortbesteht.

a. Exkurs: Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung und eigener Auffassung

Zentrale Frage ist, ob bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis überhaupt ein Urlaubsanspruch erwächst. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG soll der Urlaubsanspruch unabhängig von der Erbringung einer Arbeitsleistung entstehen.[1] Diese Rechtsprechung zum Erwerb von Urlaubsansprüchen ohne Arbeitsleistung bezieht sich auf die Konstellation, dass aufgrund krankheitsbedingter Unmöglichkeit vorübergehend "lediglich" die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers entfällt. Dies hat Auswirkung auf die in einem Synallagma stehende Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers, die Vergütungspflicht, die nach § 326 Abs. 1 BGB grundsätzlich ebenfalls entfällt, soweit nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag eine Entgeltfortzahlungspflicht festgelegt ist. Im Übrigen bleibt aber das Arbeitsverhältnis in seinem Inhalt unberührt und damit auch der Anspruch auf Urlaub.

Demgegenüber wird das Arbeitsverhältnis bei einem Ruhen inhaltlich umgestaltet. Die den Kern des Vertragsverhältnisses bildenden wechselseitigen Hauptpflichten (Vergütungszahlung bzw. Arbeitsleistung) werden aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Regelung[2] oder aber im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien "außer Kraft" gesetzt. Das Arbeitsverhältnis besteht zwar fort, aber nur noch als bloße "Hülse", des eigentlichen Inhalts "entkernt". Verblieben sind lediglich noch ein paar mit dem Bestand als solchem verknüpfte Nebenpflichten wie Verschwiegenheitspflicht oder Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Hierzu dürfte aber nicht der Urlaubsanspruch gehören. Sein Sinn und Zweck besteht darin, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sich von den Anstrengungen der Arbeit zu erholen. Dies setzt aber einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in seinem ursprünglichen Inhalt voraus. Diese "unterschiedlichen Ebenen" könnten es rechtfertigen, generell bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche entstehen zu lassen.[3] Gegen eine solche grundsätzliche Annahme sprechen jedoch die bestehenden speziellen Regelungen zur Urlaubskürzung bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis. Gesetzlich ist dieser Punkt speziell geregelt für Arbeitnehmer in Elternzeit und für jene, die Wehr- oder Zivildienst leisten und seit 1.1.2015 für Arbeitnehmer in Pflegezeit. Hier gewähren § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG, § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG (für Zivildienstleistende i. V. m. § 78 ZDG) sowie § 4 Abs. 3 PflegezeitG dem Arbeitgeber das Recht, den Jahresurlaub für jeden vollen Monat des Ruhens um 1/12 zu kürzen. Die Möglichkeit der Kürzung setzt jedoch zunächst ein Bestehen des Urlaubsanspruchs voraus. Das beinhaltet jedoch nicht zugleich die Aussage, dass in allen übrigen nicht speziell gesetzlich geregelten Fällen der Urlaubsanspruch ungekürzt entsteht. Es würde innerer Logik entbehren, aus einem Rechtsverhältnis, das ruht, ein Anspruch auf Urlaub ohne Kürzungsmöglichkeit entstehen zu lassen, ungeachtet des Grundes für das Ruhen. Erfolgt doch z. B. die Gewährung von Sonderurlaub meist auf Wunsch des Arbeitnehmers aus in seinem privaten Bereich liegenden Gründen. Die daraus resultierenden Ergebnisse würden gravierende Wertungswidersprüche zeitigen. Geht der Arbeitnehmer in die ihm gesetzlich zustehende Elternzeit, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch entsprechend kürzen. Würde er aber nach der Elternzeit dem Arbeitnehmer freiwillig Sonderurlaub zum Zwecke der Kinderbetreuung gewähren, würde dieser plötzlich einen Anspruch auf Urlaub erwerben. Es spricht daher viel dafür, die speziellen Kürzungsregelungen in § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG, § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG sowie § 4 Abs. 3 PflegezeitG als Ausdruck eines generellen Grundsatzes anzusehen, wonach bei in einem ruhenden Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, den Urlaubsanspruch entsprechend zu kürzen, zumindest in den Fällen, in denen das Ruhen vom Arbeitnehmer veranlasst ist. Von dieser Grundlage ausgehend, könnte die tarifliche Kürzungsmöglichkeit des § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD als tarifliche Ausprägung dieses generellen Grundsatzes angesehen werden. Die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte zu dieser Frage ist uneinheitlich.

Überblick über die bisherige Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte:

Einen Urlaubsanspruch verneinen

Einen Urlaubsanspruch bejahen (und ...

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