Die nach dem neuen Tarifrecht möglichen Qualifizierungsmaßnahmen sind in § 5 Abs. 3 TVöD abschließend aufgezählt. Welche Einzelmaßnahmen zu jeder Variante von Qualifizierungsmaßnahmen möglich sind, ist tarifvertraglich nicht vorgeschrieben. Der Inhalt einer konkreten Qualifizierungsmaßnahme konnte selbstverständlich ebenfalls nicht im Rahmen von § 9 TVöD geregelt werden. Dies schließt sich bereits deshalb aus, weil sich die Arbeitssituationen stets ändern und auch die einzelnen Qualifizierungsmaßnahmen an die geänderten Gegebenheiten angepasst werden. Daher wollten die Tarifvertragspartner ganz bewusst den Spielraum des einzelnen Arbeitgebers und des einzelnen Beschäftigten nicht einschränken.

 
Praxis-Tipp

Im Rahmen von künftigen Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen sollte unbedingt beachtet werden, dass sich Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Personalrat nicht auf konkrete Qualifizierungsmaßnahmen festlegen, um den von den Tarifvertragspartnern geschaffenen Spielraum des Arbeitgebers und des einzelnen Beschäftigten nicht einzuschränken.

Zu den Qualifizierungsmaßnahmen gem. § 5 Abs. 3 TVöD gehören:

  • die Fortentwicklung der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen für die übertragenen Tätigkeiten. Diese Fortentwicklung stellt also eine so genannte Erhaltungsqualifizierung dar. Hier qualifiziert sich der Beschäftigte für die geänderten Anforderungen an seinem bisherigen Arbeitsplatz und vollzieht so die ständige Fortentwicklung des Wissens nach.

     
    Praxis-Beispiel

    Die Sekretärin, die einen Computerkurs besucht, weil der Arbeitgeber im Sekretariat von Schreibmaschine auf PC umrüstet.

    Oder der Besuch eines Seminars über die Neuerungen eines Rechtsgebiets, z. B. des Kündigungsrechts, durch einen Personalsachbearbeiter.

  • Eine weitere Qualifizierungsmaßnahme ist der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, also die Fort- und Weiterbildung. Eine Form davon stellt die höchste Stufe der Qualifizierung, die Aufstiegsqualifizierung, dar. Sie eröffnet dem Beschäftigten neue Tätigkeitschancen auf einem höherwertigen Arbeitsplatz. Das muss nicht zwingend allein die klassische Beförderung innerhalb eines bestimmten Berufsbilds sein. Vielmehr fällt darunter jede Qualifizierung, die die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Beschäftigten ausweitet, um eine – wie auch immer geartete – besser bezahlte Arbeit zu erhalten.[1]

     
    Praxis-Beispiel

    Der Besuch des aufbauenden Angestelltenlehrgangs (AL II), um die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die nächsthöhere Entgeltgruppe, bei der das erfolgreiche Absolvieren des Lehrgangs Voraussetzung ist, zu erreichen.

  • Auch die Qualifizierung zur Sicherung eines Arbeitsplatzes in Form einer Umschulung oder einer sonstigen Qualifizierung für eine andere Tätigkeit stellt eine Qualifizierungsmaßnahme im Sinne des § 5 TVöD dar. Sie wird auch Bestandsschutzqualifizierung genannt und ist bereits aus dem Bereich des Rationalisierungsschutzes bekannt. Diese Form der Qualifizierung liegt auch dem Grundgedanken von § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG bzw. § 79 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG und von § 1 Abs. 2 Satz 3, 1. Variante KSchG zugrunde. Sie beugt der mehr oder weniger drohenden (betriebsbedingten) Kündigung vor, indem sie den Beschäftigten für andere Arbeitsplätze qualifiziert.

     
    Praxis-Beispiel

    Der Hausmeister, der den Umgang mit einem Schneeräumgefährt erlernt, weil er dann künftig im Bauhof eingesetzt werden kann, wenn seine Hausmeistertätigkeit künftig von einem Kollegen mit übernommen wird.

  • Und schließlich ist auch die Einarbeitung bei längerer Abwesenheit als Wiedereinstiegsqualifizierung von § 5 TVöD umfasst.

     
    Praxis-Beispiel

    Hier ist etwa zu denken an einen Beschäftigten, der sich in der Elternzeit befindet, die insbesondere dann, wenn sie für mehrere Kinder nacheinander in Anspruch genommen wird bzw. wurde, einen langen Zeitraum einnimmt. Hier ist es nicht nur für den Beschäftigten, sondern auch für den Arbeitgeber sinnvoll, dafür zu sorgen, dass der zurückkehrende Beschäftigte etwa neue Entwicklungen in der EDV beherrscht und so von Anfang an wieder voll einsatzbereit ist.

In die Planung, ob und in welchem Rahmen eine Qualifizierung vorgenommen wird, kann der Arbeitgeber gesetzliche Förderungsmöglichkeiten einbeziehen, so z. B. die Förderung der Qualifizierung nach §§ 77 ff. SGB III. Die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen an die Voraussetzungen für eine Bezuschussung müssen dann freilich erfüllt sein.

Nimmt der Beschäftigte an einer Qualifizierungsmaßnahme teil, wird dies vom Arbeitgeber dokumentiert und dem Beschäftigten schriftlich bestätigt.

[1] So auch Rieble, a. a. O., S. 831 ff. (836).

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