Nach § 3 Abs. 6 Satz 4 und 5 TV-L müssen Beschäftigten über Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor Aufnahme in die Personalakten gehört werden. Ihre Äußerung ist zu den Personalakten zu nehmen.

Eine entsprechende Regelung war bereits in § 13 Abs. 2 BAT/BAT-O vorgesehen.

Bei den Verhandlungen zum TVöD haben die Tarifparteien auf eine Normierung dieser Rechte verzichtet. Aus den Durchführungshinweisen zum TVöD geht jedoch hervor, dass die Tarifvertragsparteien vereinbart haben, dass auch ohne ausdrückliche Tarifierung Beschäftigte vor Aufnahme nachteiliger oder ungünstiger Tatsachen in die Personalakte, gehört werden müssen[1]. Über die Anhörung sollte eine Niederschrift gefertigt werden, diese sollte ebenfalls zur Personalakte genommen werden, heißt es dort weiter.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Rechtsprechung zum Anhörungsrecht des Beschäftigten im Öffentlichen Dienst wiederholt klargestellt, die tarifliche Bestimmung wirke nicht konstitutiv, sondern konkretisiere lediglich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers[2] . Das Recht zur vorherigen Anhörung ist daher nicht auf die Arbeitsverhältnisse beschränkt, die in den Anwendungsbereich entsprechender tariflicher Vorschriften fallen[3].

Gegenstand der Regelungen sind Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für den Beschäftigten ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, dokumentiert werden und dadurch in die materielle Personalakte des Beschäftigten aufgenommen werden (zur Definition der Personalakte siehe näher Abschnitt 4.1.1). Behauptungen tatsächlicher Art meint die Beschreibung örtlich und zeitlich bestimmbarer Handlungen. Vom Anhörungsrecht umfasst sind alle Sachverhalte, die in der Gegenwart oder in der Zukunft eine nachteilige Wirkung entfalten können.

 
Praxis-Tipp

Der Anwendungsbereich des Anhörungsrechts ist denkbar weit und umfasst alle Sachverhalte, die das Potential haben, in irgendeiner Weise eine nachteilige Wirkung für den Beschäftigten zu entfalten. Sollen Behauptungen dokumentiert werden, die für den Beschäftigten nicht eindeutig von Vorteil sind, wird daher die Anhörung des Beschäftigten empfohlen.

Dabei handelt es sich in der Praxis insbesondere um Ermahnungen und Abmahnungen. Aber auch Vermerke, handschriftliche Notizen, E-Mail- und Chatverläufe, Screenshots usw. mit entsprechenden Inhalten können das Anhörungsrecht auslösen.

Nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 6 Satz 4 TV-L ist eine Anhörung vor Aufnahme einer Beschwerde bzw. tatsächlichen Behauptung in die Personalakten erforderlich. Es ist daher erforderlich, den Beschäftigten vor der Dokumentation einer Beschwerde bzw. tatsächlichen Behauptung zu hören.

 
Hinweis

Gegenstand der Regelung sind lediglich Beschwerden und tatsächliche Behauptungen, die in irgendeiner Form dokumentiert werden. Mündliche Abmahnungen unterliegen daher nicht dem Anhörungsrecht. Wird jedoch im Zusammenhang mit der mündlichen Abmahnung ein Vorgang angelegt, um die mündliche Abmahnung zu dokumentieren, ist der Beschäftigte dazu anzuhören.

Das Anhörungsrecht besteht unabhängig davon, ob die Beschwerden oder Behauptungen aus dem internen Bereich des Arbeitgebers oder von Außenstehenden erhoben werden[4].

Nicht unter die Anhörungspflicht fallen Werturteile, auch dann nicht, wenn sie für den Beschäftigten ungünstig sind. Werden jedoch im Zusammenhang mit diesen Werturteilen auch Behauptungen tatsächlicher Art mit nachteiligem Charakter aufgestellt und dokumentiert, ist der Beschäftigte zu den Behauptungen tatsächlicher Art zu hören[5].

 
Hinweis

Für Leistungsbewertungen, z. B. als Grundlage von leistungsbezogener Bezahlung, sind weitere Regelungen der Tarifverträge und ggf. bestehende Betriebs- und Dienstvereinbarungen zu beachten, die das Führen von Beurteilungsgesprächen vorschreiben. Leistungsbewertungen sind bereits aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dem Beschäftigten vor Aufnahme in die Personalakte zur Kenntnis zu geben. Anderenfalls verfehlen sie als Führungs- und Steuerungsinstrument auch ihren Zweck.

Im Fall von Verstößen des Arbeitgebers gegen die Anhörungspflicht kann der Beschäftigte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen[6]. Das Recht des Beschäftigten auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte besteht im Fall eines Verstoßes durch den Arbeitgeber unabhängig davon, ob die Abmahnung gerechtfertigt ist oder nicht. Es ist nicht möglich, den Mangel durch die nachträgliche Anhörung des Beschäftigten in Form der Übersendung des zu den Akten genommenen Abmahnungsschreibens zu heilen. Der Beschäftigte kann auch nicht auf sein Recht zur Gegendarstellung oder auf sein Recht zur Überprüfung der inhaltlichen Unrichtigkeit der Abmahnung verwiesen werden[7] .

 
Praxis-Tipp

Bei Verletzung des Anhörungsrechts kann der Beschäftigte vom Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Der Arbeitgeber kann jedoch unter Beachtung des Anhörungsrechts die Abmahnung erneut aussprechen und si...

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