1 Einleitung

Neben ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst haben immer mehr Arbeitnehmer weitere Beschäftigungen. Diese Beschäftigungen können beim selben Arbeitgeber oder für einen Dritten erfolgen, sie können selbstständige Tätigkeiten im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrags sein, ehrenamtlich oder auf 450-EUR-Basis erfolgen.

1.1 Begriff der Nebentätigkeit

Der Begriff der Nebentätigkeit ist gesetzlich nicht geregelt. Unstrittig liegt eine Nebentätigkeit vor, wenn diese neben der Hauptbeschäftigung ausgeübt wird.[1] Dies ist jedoch keine zwingende Voraussetzung; denn der Begriff der Nebentätigkeit ist sehr weit gefasst und umfasst jede weitere Beschäftigung neben der arbeitsvertraglich vereinbarten, ohne dass es auf den Umfang ankommt. Somit sind hiervon auch weitere Aktivitäten des Beschäftigten erfasst, wie z. B. Ehrenämter, Übernahme einer Vormundschaft, Testamentsvollstreckung, Tätigkeit in Organen juristischer Personen[2], eine selbstständige Tätigkeit oder etwa sportliche Aktivitäten, aber auch schriftstellerische oder künstlerische Tätigkeiten etc. Somit fallen auch unentgeltliche Tätigkeiten unten den Begriff der Nebentätigkeit – allerdings nicht unter die tarifliche Vorschrift, da hier nur Nebentätigkeiten gegen Entgelt erfasst werden. Dagegen stellen kleine Gefälligkeiten bzw. Hilfeleistungen für Freunde, Verwandte oder Nachbarn keine Nebentätigkeit dar.

Fraglich könnte sein, ob man bei einer Teilzeitkraft ebenfalls von einer "Neben"tätigkeit i. S. der Tarifvorschrift sprechen kann, die bspw. 2 Halbtagsbeschäftigungen hat. Jedoch hat auch in diesen Fällen der Arbeitgeber ein Interesse daran zu erfahren, ob ggf. ein Versagungsgrund (z. B. wegen Konkurrenztätigkeit) vorliegt; zudem muss er wissen, inwieweit er die Teilzeitkraft in Sondersituationen zur Arbeit (abweichende Einsatzplanung oder Mehrarbeit) heranziehen kann, sodass ebenfalls von einer Anwendung dieser Vorschrift auszugehen ist.[3]

Erfolgt die Nebentätigkeit beim selben Arbeitgeber, ist die Abgrenzung zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht immer ganz einfach. Sie kann jedoch entscheidend sein für die Frage der Vergütung oder der Verpflichtung zur Übernahme der Tätigkeit. Entscheidend kommt es daher auf die Stellenbeschreibung an. Sind danach z. B. bestimmte Vortragstätigkeiten, wissenschaftliche oder gutachterliche Tätigkeiten Teil der geschuldeten Arbeitsleistung bzw. vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, ist eine gesonderte Vergütung nicht zu zahlen.

In § 2 Abs. 2 TVöD ist geregelt, dass mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Dienstgeber nur begründet werden dürfen, soweit sie nicht in unmittelbarem Sachzusammenhang stehen. Die vertragliche Aufspaltung eines eigentlich einheitlichen Arbeitsverhältnisses ist daher unzulässig und gilt weiterhin als 1 Arbeitsverhältnis.

Es ist aber möglich, als Nebenabrede (§ 2 Abs. 3 TVöD) zum Arbeitsvertrag die Übernahme bestimmter Nebentätigkeiten zu vereinbaren. Dies bedarf jedoch einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung bzw. einer Vertragsänderung.

Bei Ärzten ist die Übernahme bestimmter Nebentätigkeiten sogar tarifvertraglich vorgesehen, vgl. § 42 Abs. 4 TVöD-BT-K bzw. § 43 BT-B, § 41 Nr. 2 bzw. § 42 Nr. 2 TV-L.

[1] BAG, Urteil v. 14.1.1982, 2 AZR 154/81.
[2] GKÖD IV E Rn. 64.
[3] Vgl. auch GKÖD IV E Rn. 53.

1.2 Grundsätzlich genehmigungsfrei

Da ein Arbeitnehmer arbeitsvertraglich niemals seine ganze Arbeitskraft, sondern nur eine bestimmte Zeitspanne zur Verfügung stellt, steht es jedem grundsätzlich frei, neben der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit eine weitere Beschäftigung auszuüben. Die Ausübung einer Nebentätigkeit bedarf daher grundsätzlich keiner Genehmigung seitens des Arbeitgebers. Das Grundrecht auf freie Berufswahl und -ausübung gem. Art. 12 Abs. 1 GG schützt auch die Freiheit des Arbeitnehmers, auch die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, eine nebenberufliche Tätigkeit zu ergreifen.[1]

[1] BVerfG, Urteil v. 25.11.1980, 2 BvL 7/76; BAG, Urteil v. 24.6.1999, 6 AZR 605/97, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Nebentätigkeit, ZTR 1990 S. 379.

1.3 Einschränkung durch Tarifvertrag

Allerdings kann das Recht, eine Nebentätigkeit aufzunehmen, im Arbeitsvertrag[1] einer Betriebsvereinbarung oder durch einen Tarifvertrag[2] eingeschränkt werden, soweit durch die Nebentätigkeit Interessen des Arbeitgebers oder betriebliche/dienstliche Belange beeinträchtigt werden können und hierdurch kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer erfolgt.[3]

[2] Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch § 43 II 2a.
[3] BAG, Urteil v. 26.6.2001, 9 AZR 343/00 (zur gerichtlichen Überprüfung einer tarifvertraglichen Regelung).

1.3.1 Alte Regelung des § 11 BAT

In der alten Regelung des § 11 BAT war das Recht zur Ausübung einer Nebentätigkeit durch Verweis auf die beamtenrechtlichen Regelungen erheblich eingeschränkt. Die Übernahme der meisten Nebentätigkeiten bedurfte einer Genehmigung (z. B. § 65 Abs. 1 BBG a. F.). Bei den ausnahmsweise genehmigungsfreien Nebentätigkeiten wie z. B. schriftstellerischer, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit gab es umfassende Anzeigepflichten (z...

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