Der Unterschied zwischen Aufhebung und Abwicklung liegt in der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Während die Parteien beim Auflösungsvertrag übereinstimmend das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Datum beenden, besteht beim Abwicklungsvertrag Einigkeit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines anderen Ereignisses (i. d. R. eine arbeitgeberseitige Kündigung, aber auch auf andere Weise, z. B. durch Befristungsablauf). Da u. U. dem Abwicklungsvertrag eine arbeitgeberseitige Kündigung vorausgeht, ist vor dieser der Betriebs-/Personalrat bzw. die Mitarbeitervertretung zu beteiligen.

Der Abwicklungsvertrag wurde früher zur Vermeidung der 12-wöchigen Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (§ 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III)[75r] empfohlen. Denn das BSG hatte den Abschluss eines Auflösungsvertrags grds. als sperrzeitrelevant angesehen, weil der Arbeitnehmer hiermit aktiv zur Lösung des Arbeitsverhältnisses beigetragen habe.[75s] Folglich entwickelte man das System, zunächst zu kündigen und sich dann darüber zu einigen, die Kündigung nicht anzugreifen. Die Differenzierung zwischen Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag spielte somit in der Praxis dann eine Rolle, wenn bei einer Einigung über das Ende des Arbeitsverhältnisses das nahtlose Anschlussarbeitsverhältnis noch nicht gesichert war und Arbeitslosigkeit drohte. Da nach den Durchführungsanweisungen der Bundesanstalt für Arbeit (heute: GA = Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit) der Arbeitnehmer nicht mit einer Sperrzeit rechnen musste, wenn nach einer rechtswidrigen Arbeitgeberkündigung ein arbeitsgerichtlicher Vergleich geschlossen wurde, wurden vermehrt Kündigungen ausgesprochen und Kündigungsschutzklagen bei den Arbeitsgerichten eingereicht, nur um einen arbeitsgerichtlichen Vergleich zur Vermeidung einer Sperrzeit abzuschließen. Es folgten lebhafte Diskussionen, ob der Abwicklungsvertrag, weil ihm ja eine Kündigung zugrunde liegt, dazu führen könne, dass die Rechtsfolgen des SGB III (Sperrzeit § 144 SGB III (jetzt § 159) umgangen werden könnten.

Schließlich übertrug das Bundessozialgericht[75t] den Grundgedanken des zwischenzeitlich eingeführten § 1a KSchG, der dem Arbeitnehmer bei betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung bei entsprechender Erklärung des Arbeitgebers im Kündigungsschreiben eine Abfindung zuspricht, wenn er keine Kündigungsschutzklage einreicht, mit der Folge, dass eine Sperrzeit nicht ausgelöst wurde, da es an einem aktiven Handeln ("Herbeiführen" der Arbeitslosigkeit) fehlte, auch auf den Abwicklungsvertrag, was zu einer Überarbeitung der Durchführungsanweisungen (heute: Geschäftsanweisungen der BA Stand 04/2012 zu § 159 SGB III[75u]) führte. Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angesichts einer drohenden Arbeitgeberkündigung aus betrieblichen Gründen und unter Einhaltung der für den Fall der Arbeitgeberkündigung geltenden Kündigungsfrist einen Auflösungsvertrag, tritt eine Sperrfrist dann nicht ein, wenn die Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Bruttomonatsentgelten pro Beschäftigungsjahr liegt. Eine Prüfung der sozialen Rechtfertigung erfolgt nicht. Diese geschieht nur dann, wenn dieser Abfindungsrahmen verlassen wird, was unbedingt zu beachten ist.[75v] Aufhebungs- und Abwicklungsverträge werden nun diesbezüglich gleichbehandelt[75w], weshalb nun auch der Abwicklungsvertrag zu einer Sperrzeit führen kann. Eine Ausnahme gilt entsprechend GA zu § 159 SGB III, wenn eine nachträgliche Abfindungsregelung bei Rechtmäßigkeit einer Kündigung vereinbart wurde, was den arbeitsgerichtlichen Vergleichsschluss fördert. Dann gilt auch keine Obergrenze für die Abfindung.[75x]

Also können auch Abwicklungsverträge, die nach einer Arbeitgeberkündigung geschlossen werden, zu einer Sperrzeit führen, denn mit einem solchen Vertrag beteiligt sich ein Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.[75y] Andererseits ist der Weg über den Ausspruch einer Kündigung und den anschließenden arbeitsgerichtlichen Abwicklungsvertrag privilegiert. Die Attraktivität des Abwicklungsvertrags ergibt sich auch daraus, dass in ihm viele regelungsbedürftige Dinge geklärt werden können, die bei dem bloßen Ausspruch einer Kündigung offen sind, wie:

  • Klarstellung, dass der Beendigungsgrund greift, also die Kündigung bzw. der Befristungsablauf das Arbeitsverhältnis auch zum entsprechenden Zeitpunkt beendet – Verzicht auf rechtliche Klärung vor dem Arbeitsgericht;
  • Abfindungszahlung;
  • u. U. Freistellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Vergütungsfortzahlung und Urlaubsanrechnung;
  • konkrete Zeugnisformulierungen;
  • Regelung offener Restzahlungen (Einmalzahlungen, Provisionen, Zielvereinbarungsprämien, Boni);
  • Ausgleich von Zeitkonten;
  • evtl. Verzicht auf nachvertragliches Wettbewerbsverbot;
  • Rückgabe des Dienstwagens;
  • evtl. Recht des Arbeitgebers, Bilder und Beiträge des Arbeitnehmers im Internet (z. B. bei Facebook) weiter zu verwenden;
  • Herausgabe von gegenseitigem Eigentum;
  • Sprachregelungen gegenüber Dritten über das Arbeitsverhältnis und/od...

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