BAG, Urteil v. 19.11.2020, 6 AZR 417/19

Gemäß § 34 Abs. 3 TVöD zählt nur die Zeit als Beschäftigungszeit, die die/der Beschäftigte bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt hat, zuzüglich der Vordienstzeit der/des Beschäftigten bei demjenigen anderen Arbeitgeber, von dem er zu seinem jetzigen Arbeitgeber gewechselt ist. Eine weitergehende Anrechnung von Vordienstzeiten sieht § 34 Abs. 3 TVöD im Unterschied zu § 20 BAT nicht mehr vor.

Sachverhalt

Der Kläger des Falles war ab dem 1.11.1990 bei verschiedenen Arbeitgebern im öffentlichen Dienst beschäftigt:

  • vom 1.11.1990 bis 14.10.2002 bei der F. Stuttgart GmbH
  • vom 15.10.2002 bis 30.6.2006 bei der Stadt B
  • ab 1.7.2006 bei der beklagten Landeshauptstadt.

Auf die jeweiligen Arbeitsverhältnisse fand der TVöD -VKA Anwendung.

Der Kläger, der der Auffassung war, dass er mittlerweile gemäß der Regelung in § 34 Abs. 3 TVöD eine Beschäftigungszeit von 40 Jahren zurückgelegt habe, machte seinen Anspruch auf das tarifliche Jubiläumsgeld i. H. v. 500,00 EUR geltend.

Er klagte nun auf Feststellung, dass die maßgebliche Beschäftigungszeit für sein aktuelles Arbeitsverhältnis mit der Beklagten am 1.11.1990 begonnen hat.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Das Gericht entschied, dass die Beschäftigung des Klägers bei der F Stuttgart GmbH in der Zeit vom 1.11.1990 bis zum 14.10.2002 im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht als Beschäftigungszeit i. S. d. § 34 Abs. 3 Satz 3 oder Satz 4 TVöD gelte, da die Tarifbestimmungen, die die Beschäftigungszeit im aktuellen Arbeitsverhältnis über die Betriebszugehörigkeit zum jetzigen Arbeitgeber hinaus auf bestimmte Vordienstzeiten erstrecken, sich nur auf den unmittelbar vorherigen Arbeitgeber und nicht auf frühere Arbeitgeber beziehen.

Das BAG begründete seine Entscheidung mit dem eindeutigen Wortlaut des Tarifvertrages. § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD stelle darauf ab, dass Beschäftigte zwischen Arbeitgebern "wechseln"; dies sei in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend zu verstehen, dass die beiden Arbeitsverhältnisse "sich ablösen", "sich abwechseln", "aufeinanderfolgen", "1 an die Stelle eines anderen setzen" etc. Somit beziehe sich ein Wechsel im Sinne einer Ablösung oder einer Nachfolge nur auf das unmittelbar Vorausgegangene, nicht auf die noch weiter zurückliegende Vergangenheit. Dieses Verständnis des Arbeitgeberwechsels decke es sich mit der Tatsache, dass § 34 Abs. 3 Sätze 3 und 4 TVöD den vorherigen Arbeitgeber jeweils im Singular bezeichnen. Ein mehrfacher Arbeitgeberwechsel werde vom Wortlaut der Norm nicht erfasst.

Dieses Verständnis des § 34 Abs. 3 Sätze 3 und 4 TVöD stehe dabei auch nicht im Widerspruch zur Zielsetzung der Norm; zwar könne im Sinne des Klägers unterstellt werden, dass die Tarifvertragsparteien die Treue zum öffentlichen Dienst durch diese Regelung honorieren und insoweit dem Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes Rechnung tragen wollten. Dies zwinge jedoch nicht zu einer unbegrenzten Rückwirkung der Anerkennung von Beschäftigungszeiten.

Auch wenn es aufgrund der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien vorbehalten bleibe zu bestimmen, welche Beschäftigungszeiten sie für welche Begünstigungen berücksichtigen wollten, lasse sich die Absicht einer umfassenden Anerkennung früherer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst aus der Vorschrift des § 34 Abs. 3 TVöD nicht entnehmen.

Hinweis:

Anders als die umfassende Anrechnung von Vordienstzeiten nach dem früheren § 20 BAT hat das BAG nun die bislang offenen Frage zu § 34 Abs. 3 TVöD, welche Vordienstzeiten anzurechnen sind, zugunsten der kommunalen Arbeitgeber entschieden.

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