Die politische Treuepflicht hat in der Vergangenheit zu heftigen Diskussionen über sog. Verfassungsfeinde oder Berufsverbote im öffentlichen Dienst geführt. Durch die Herstellung der Einheit hat die politische Treuepflicht zunächst im Zusammenhang mit der Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Beitrittsgebiet im Hinblick auf eine ehemalige Stasi-Tätigkeit Bedeutung erlangt. In jüngster Zeit standen bei der Diskussion insbesondere Beschäftigte mit extremistischem Hintergrund im Fokus.

Nach § 41 Satz 2 TVöD sind Beschäftigte verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen (sog. besondere politische Treuepflicht).

Der Geltungsbereich dieser besonderen politischen Treuepflicht ist aber im Anwendungsbereich des TVöD eingeschränkt. Im Gegensatz zu § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, der alle Beschäftigten erfasst, unterliegen im TVöD nur die Beschäftigten dieser besonderen Treuepflichtr, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden. Dabei wird vom Wortlaut her allein auf den Aufgabenbereich des Arbeitgebers abgestellt und nicht etwa darauf, ob der einzelne Beschäftigte im konkreten Einzelfall tatsächlich mit der Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeit betraut ist. Demgemäß unterliegen sämtliche Beschäftigte von tarifgebundenen Kommunen dieser politischen Treuepflicht.

Die politische Treuepflicht gebietet Loyalität gegenüber dem Staat und seiner geltenden Verfassungsordnung. Sie ist, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, dass der Beschäftigte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt. Die politische Treuepflicht – Staats- und Verfassungstreue – fordert mehr als nur eine formal konkrete, im Übrigen uninteressierte, kühle, distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beschäftigten, dass er sich von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung aktiv angreifen, bekämpfen und diffamieren und insbesondere, dass er seinerseits nicht den Staat, in dessen Dienst er steht, und seine Verfassungsordnung angreift.

Die politische Treuepflicht leitet sich ab aus dem Begriff der Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG. Die "Eignung" einer Bewerberin bzw. eines Bewerbers im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG umfasst neben den fachlichen Voraussetzungen und der formellen Qualifikation (z. B. Staatsprüfungen) auch charakterliche Eigenschaften und die Bereitschaft, der für das erstrebte Amt erforderlichen politischen Treuepflicht zu genügen.

Hinsichtlich des Inhalts der politischen Treuepflicht dürfen grundsätzlich nicht gleich hohe Anforderungen gestellt werden wie an Beamtinnen und Beamte.[1] Hergeleitet aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG).[2]

Für Tarifbeschäftigte ergeben sich unterschiedliche Anforderungen je nach dem übertragenen Amt (sog. Funktionstheorie). Denjenigen Beschäftigten, die mit hoheitlichen Aufgaben betraut sind, obliegen ähnliche Treuepflichten wie für Beamtinnen und Beamte. Von der Rechtsprechung wurden diese gesteigerten Anforderungen z. B. bejaht bei

  • Ermittlerinnen und Ermittlern im Ordnungs- und Verkehrsdienst einer Gemeinde,[3]
  • Lehrkräftene und Erzieherinnen bzw. Erziehern,[4]
  • Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, denen die Betreuung von Hilfsbedürftigen nach dem Bundessozialhilfegesetz obliegt[5]
  • sowie Erzieherinnen und Erziehern in einem Kindergarten mit weitergehenden erzieherischen Aufgaben.[6]

Neben der gesteigerten Treuepflicht kann aber auch eine sog. einfache politische Treuepflicht bestehen. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann zwar nicht die Bereitschaft verlangt werden, sich mit der freiheitlich demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes zu identifizieren und dafür einzutreten. Tarifbeschäftigte können – abhängig von ihrer Funktion – die Pflicht zur Verfassungstreue i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L schon dadurch "wahren", dass sie die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht bekämpfen. Auch wenn eine Beschäftigte bzw. ein Beschäftigter nur dieser einfachen Treuepflicht unterliegt, muss ein Mindestmaß an Verfassungstreue aufgebracht werden. Insoweit darf die oder der Beschäftigte nicht davon ausgehen, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Dies gilt sowohl für den dienstlichen als auch für den außerdienstlichen Bereich.[7]

Bei Verstößen gegen die poli...

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