Zusammenfassung

 
Begriff

Nur einen Unternehmer können die Rechtsfolgen des Umsatzsteuergesetzes treffen: Er schuldet im Regelfall die Umsatzsteuer für ausgeführte Leistungen und kann für Leistungsbezüge den Vorsteuerabzug vornehmen. Dabei beginnt die Unternehmereigenschaft schon mit den Vorbereitungshandlungen und nicht erst mit der Ausführung von Leistungen. Damit kann der Unternehmer für Leistungsbezüge in der Gründungsphase den Vorsteuerabzug vornehmen, wenn er die bezogenen Leistungen für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsleistungen verwenden will.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Unternehmereigenschaft ist abschließend in § 2 UStG gesetzlich beschrieben. Die Grundsätze für den Beginn der Unternehmereigenschaft aus der Rechtsprechung sind in Abschn. 2.6 UStAE zusammengestellt. Zur Vorsteuerabzugsberechtigung bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft hat die Finanzverwaltung in Abschn. 15.2b Abs. 4 UStAE Stellung genommen.

1 Bedeutung des Beginns der Unternehmereigenschaft

Die Frage nach dem Beginn der Unternehmereigenschaft ist für den Unternehmer aus 2 Gründen von besonderem Interesse:

  • Ab wann müssen Ausgangsleistungen der Umsatzsteuer unterworfen werden und
  • ab wann besteht eine Vorsteuerabzugsberechtigung für Eingangsleistungen?

Der Zeitpunkt des Beginns der Unternehmereigenschaft muss getrennt von der Frage geprüft werden, ob überhaupt Unternehmereigenschaft[1] vorliegt. Erst wenn die Unternehmereigenschaft dem Grunde nach bejaht worden ist, kann systematisch der Beginn der Unternehmereigenschaft geprüft werden.

Die erste Frage nach der Steuerbarkeit der Ausgangsleistung als Unternehmer wird in aller Regel überlagert von der Frage, ob überhaupt Unternehmereigenschaft vorliegt. Soweit die Unternehmereigenschaft durch das Tätigwerden der Person/Personengruppe begründet wird, führt auch der erste Ausgangsumsatz zu einer Ausgangsleistung, die als Tätigkeit des Unternehmers im Rahmen seines Unternehmens anzusehen ist. Meistens aber werden Unternehmer, bevor sie selbst mit Ausgangsleistungen am Markt auftreten können, Eingangsleistungen anderer Unternehmer in Anspruch nehmen müssen. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Eingangsleistung schon in direktem Zusammenhang mit der späteren unternehmerischen Betätigung steht, ob also diese Leistung schon für das Unternehmen des Unternehmers bezogen worden ist.[2]

2 Allgemeine Voraussetzungen für den Beginn der Unternehmereigenschaft

Die Unternehmereigenschaft beginnt nicht erst mit der Ausübung von Ausgangsleistungen, sondern schon mit den Vorbereitungshandlungen, die in direktem Zusammenhang mit einer geplanten unternehmerischen Betätigung stehen. Solche Vorbereitungshandlungen liegen ab dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden des Unternehmers vor. Unerheblich für den Beginn der Unternehmereigenschaft ist, ob später tatsächlich Umsätze getätigt werden können. Auch wenn keine Umsätze am Markt erzielt werden, ist die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend abzuerkennen, wenn der Unternehmer die Ernsthaftigkeit der Umsatzerzielungsabsicht nachweisen kann. Maßnahmen, die als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können, sind[1]

  • der Erwerb umfangreichen Inventars (z. B. Maschinen oder Fuhrpark),
  • der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung,
  • die Anmietung oder die Errichtung von Büro- oder Lagerräumen,
  • der Erwerb eines Grundstücks,
  • die Anforderung einer Rentabilitätsstudie,
  • die Beauftragung eines Architekten,
  • die Durchführung einer größeren Anzeigenaktion,
  • die Abgabe eines Angebotes für eine Lieferung oder sonstige Leistung.

Grundsätzlich kommt es aber immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse an, ab wann solche Handlungen als Vorbereitungshandlungen anzusehen sein können.

Die Vorbereitungstätigkeit muss allerdings schon erkennbar mit der unternehmerischen Betätigung im Zusammenhang stehen.

 
Praxis-Beispiel

Leistungsbezug für das Unternehmen

Studentin S erwirbt im Januar 2022 ein neues Motorrad, das sie nach Auslieferung privat benutzt. Im Mai 2022 beschließt sie, sich als Stadtbotin selbstständig zu machen.

Das Motorrad ist nicht für ihr Unternehmen erworben worden, da zum Zeitpunkt des Kaufs eine unternehmerische Tätigkeit noch nicht geplant war. Aus dem Kauf des Fahrzeugs hat S somit keinen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Aus einer möglichen Einlage steht ihr nachträglich kein Vorsteuerabzug zu. Ob dies mit der Neutralität des Unionsrechts zu vereinbaren ist, wird in letzter Zeit zunehmend unter dem Stichwort der "Einlagenentsteuerung" diskutiert. Derzeit ergibt sich aber weder aus dem Unionsrecht noch aus dem nationalen Umsatzsteuerrecht eine Möglichkeit, bei einer Einlage eines Gegenstands in das Unternehmen einen Vorsteuerabzug oder eine Vorsteuerberichtigung vornehmen zu können.

 
Wichtig

Unternehmerische Verwendung muss nicht sofort erfolgen

Allerdings ist nicht Voraussetzung, dass ein erworbener Gegenstand auch gleich für un­ternehmerische Zwecke verwendet wird. Der EuGH hat entschieden, dass eine Person, die Gegenstände für ihre wirtschaftliche Tätigkeit erwirbt, dies a...

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