Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung von Sicherungsgut zum Zweck der Auswechslung des Sicherungsgebers - Bedeutung zivilrechtlicher Vereinbarungen für die Beurteilung eines Leistungsaustauschs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die für die Verwertung von Sicherungsgut entwickelte Theorie vom sog. Doppelumsatz (Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und Lieferung des Sicherungsnehmers an einen Dritten) schließt nicht aus, daß vor der Verwertung des Sicherungsgutes dieses zum Zwecke der Auswechslung des Sicherungsgebers durch den Sicherungsgeber an einen Dritten geliefert wird, ohne daß ein Doppelumsatz stattfindet.

2. Zivilrechtliche Vereinbarungen der Beteiligten sind für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des entsprechenden Leistungsaustausches ausschlaggebend, wenn die Vereinbarungen --wie im Regelfall-- ohne Abweichung bzw. nach Änderung durchgeführt werden und wenn das Umsatzsteuerrecht für die Leistungshandlung keine besondere Regelung vorsieht.

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 06.06.1989; Aktenzeichen V 500/88)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) streitet mit dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) darüber, ob dieser ihr zu Recht bei der Umsatzsteuerveranlagung 1987 den Abzug von Vorsteuer in Höhe von ... DM aus Rechnungen der ... KG (künftig: KG) verweigert.

Die KG schloß am 30. Oktober 1985 mit A sen. (künftig: A), von dem sie Darlehen in Höhe von insgesamt ... DM empfangen hatte, einen Sicherungsübereignungsvertrag, mit dem sie A sämtliche Halb- bzw. Fertigprodukte an ... übertrug. Der Gesamtwert der übereigneten Waren sollte mindestens ... DM ausmachen. Die KG war befugt, die Waren im eigenen Namen im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs unter Wahrung des Mindestdeckungsbestandes zu verkaufen und zu übereignen. A war berechtigt, das Sicherungsgut in unmittelbaren Besitz zu nehmen, falls die KG ihm gegenüber ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllte. Die KG war verpflichtet, auf Verlangen von A bei einer Verwertung des Sicherungsgutes mitzuwirken.

Am 30. Dezember 1985 schloß die KG mit A einen Sicherungs- und Leihvertrag über näher bezeichnete Betriebsanlagen. Hiernach sollte A berechtigt sein, die Herausgabe der Anlagen von der KG jederzeit zu verlangen, wenn diese mit der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen in Rückstand geriet. A sollte für diesen Fall ferner befugt sein, die Anlagen zu verkaufen und sich aus dem Erlös in Höhe einer Forderung aus Darlehen von insgesamt .. DM zu befriedigen.

Schließlich übertrug die KG A durch Sicherungsübereignungsvertrag vom 15. Juli 1986 bzw. 5. Januar 1987 mehrere Fahrzeuge sowie Bürogeräte. Die KG, die diese Gegenstände lediglich nutzen durfte, war für den Fall, daß sie ihren Kreditverbindlichkeiten gegenüber A nicht nachkam, verpflichtet, bei der Verwertung des Sicherungsgutes mitzuwirken.

Ende 1986 wurde ein Wechsel der KG von dieser nicht eingelöst. Am 12. Januar 1987 verkaufte die KG ihr Betriebsgrundstück, wobei die Kaufpreisentrichtung in der Übernahme der in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen bestehen sollte. Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG wurden mit gerichtlichen Beschlüssen vom 3. April und 14. Juli 1987 abgelehnt.

Nach der unterbliebenen Wechseleinlösung hatte A mit Schreiben vom 15. Dezember 1986 fristlos die der KG gewährten Darlehen gekündigt und hatte "von seinen Sicherungsrechten Gebrauch" gemacht.

Am 11. März 1987 kam es zum Abschluß zweier Verträge, mit denen die KG der Klägerin einen näher bezeichneten Bestand an .. zu einem Preis von ... DM, zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von ... DM, sowie Gegenstände des Anlagevermögens zu einem Preis von ... DM, zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von ... DM, verkaufte. In den Verträgen ist angeführt, daß die verkauften Gegenstände Eigentum von A seien; ferner ist in ihnen geregelt, das Sicherungseigentum bleibe bestehen und die Sicherungsrechte gingen dergestalt über, daß diese fortan A gegen die Klägerin zuständen. Der Kaufpreis wurde dadurch beglichen, daß die Klägerin Darlehensverpflichtungen der KG gegenüber A in Höhe der jeweils vereinbarten Preise übernahm. A stimmte den Kaufverträgen in den Vertragsurkunden unter dem Datum vom 11. März 1987 zu.

Die Klägerin, die von der KG entsprechende Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erhalten hatte, machte in ihrer Umsatzsteuererklärung 1987 die sich aufgrund des Erwerbs vom 11. März 1987 ergebenden Vorsteuerbeträge von insgesamt ... DM geltend. Das FA ließ durch Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 13. Juni 1988 die Vorsteuersumme nicht zum Abzug zu, und zwar mit der Begründung, daß die Klägerin die bezogenen Gegenstände nicht von der KG, sondern von A erworben habe, so daß ihr ein Vorsteuerabzug aufgrund der durch die KG erteilten Rechnungen nicht zustehe. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, die Kaufverträge vom 11. März 1987 seien nach dem erklärten, einer Umdeutung nicht zugänglichen Willen der Vertragsparteien von ihr nicht mit A, sondern mit der KG geschlossen worden. A habe keinerlei rechtsgeschäftliche Handlungen vorgenommen, die auf eine Verwertung von Sicherungsgut gerichtet gewesen seien. Er sei überhaupt nicht imstande gewesen, die Lieferungen an sie, die Klägerin, zu erbringen, weil er nicht Eigentümer der verkauften Sachen gewesen sei. Die Maschinen und Fahrzeuge hätten Grundstückszubehör dargestellt, das von der KG --aufgrund des Zivilrechts-- nicht habe sicherungsübereignet werden können. Hinsichtlich der ... sei der zivilrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz mit der Folge verletzt worden, daß insoweit keine wirksame Sicherungsübereignung vorliege. Dementsprechend lasse sich im vorliegenden Fall das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Juli 1980 V R 124/75 (BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673) nicht anwenden, das von zivilrechtlicher Wirksamkeit der zugrundeliegenden Sicherungsübereignung ausgegangen sei. Ihr, der Klägerin, sei die Verfügungsmacht über die gekauften Sachen von der KG verschafft worden, in deren Besitz sich die Gegenstände befunden hätten. Die KG sei aufgrund der Zustimmung durch A zum Verkauf befugt gewesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage --durch sein in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1989, 656 veröffentlichtes Urteil-- ab, und zwar mit der Begründung, der geltend gemachte Vorsteuerabzug würde der Klägerin nur zugestanden haben, wenn sie von der KG, die ihr die formell ordnungsgemäßen Rechnungen erteilt habe, entsprechende Lieferungen bezogen hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Lieferungen habe die Klägerin vielmehr von A erhalten, durch den ihr jedoch keine Rechnungen ausgestellt worden seien.

Es komme hier nicht darauf an, wer in den Kaufverträgen als Verkäufer der sicherungsübereigneten Gegenstände genannt sei. Eine Verwertung sicherungshalber übereigneter Sachen durch Veräußerung an Dritte sei auch dann als Lieferung des Sicherungsnehmers anzusehen, wenn sie im Namen des Sicherungsgebers geschehe (Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673).

Im vorliegenden Fall sei in den Sicherungsübereignungsverträgen ausdrücklich geregelt worden, daß die KG bei der Verwertung des Sicherungsgutes mitzuwirken habe. In diesem Sinne sei auch verfahren worden. A habe mit Schreiben vom 15. Dezember 1986 die der KG gewährten Darlehen fristlos gekündigt und von seinen Sicherungsrechten Gebrauch gemacht. Dementsprechend sei im Dezember 1986 die Verwertungsreife eingetreten. Fortan sei A derjenige gewesen, der habe bestimmen können, zu welchem Zeitpunkt, an welchen Erwerber und zu welchem Preis das Sicherungsgut veräußert werden solle. Zwar habe an den zwischen der KG und der Klägerin geschlossenen Kaufverträgen der äußeren Form nach A bloß als Zustimmender mitgewirkt. Gleichwohl sei er als der eigentliche Geschäftsherr anzusehen, der im Namen der KG die Verwertung vorgenommen habe.

Entgegen dem Vertragswortlaut sei die KG seinerzeit gar nicht imstande gewesen, die sicherungsübereigneten Sachen an die Klägerin zu verkaufen; denn die KG sei nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen, was die Klägerin aufgrund der Kaufverträge gewußt habe. Mithin sei ein gutgläubiger Erwerb ebenfalls ausgeschlossen. Die Klägerin habe folglich die Gegenstände ausschließlich von A zu erwerben vermocht. Dies sei auch wirklich geschehen; denn nach dem Sinn der in den Kaufverträgen getroffenen Vereinbarungen und nach deren wirtschaftlichem Gehalt sei A derjenige gewesen, welcher der Klägerin die Verfügung über die verkauften Gegenstände gestattet habe. Das ergebe sich insbesondere daraus, daß A weiterhin Eigentümer geblieben und überdies Darlehensgläubiger der Klägerin geworden sei. Durch die Übertragung der verkauften Gegenstände an die Klägerin hätten mithin zwei Lieferungen stattgefunden, nämlich eine der KG an A und eine von A an die Klägerin. Somit sei die Lieferung an die Klägerin nicht von der Rechnungsausstellerin (KG), sondern von A ausgeführt worden, von dem die Klägerin keine Rechnungen erhalten habe.

Ohne Belang sei der Einwand der Klägerin, daß infolge der Zubehörhaftung bzw. --bezüglich der ...-- infolge der fehlenden Bestimmtheit kein zivilrechtlich wirksames Sicherungseigentum bestellt worden sei. Die an den Kaufverträgen vom 11. März 1987 Beteiligten (KG, Klägerin und A) seien von der Wirksamkeit der Sicherungsübereignungen ausgegangen. Nach ihren Vorstellungen sei A Sicherungseigentümer gewesen. Dementsprechend seien die Beteiligten später auch vorgegangen.

Entgegen der Annahme der Klägerin sei die KG imstande gewesen, über die sicherungsübereigneten Gegenstände trotz deren Zubehöreigenschaft zu verfügen; denn im Interesse der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit habe der Gesetzgeber im Rahmen der §§ 1120 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Verwertung von Zubehör zugelassen. Ferner liege kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor, da sich sämtliche vorhandenen ... im Sicherungseigentum von A befunden hätten.

Es habe schließlich kein Interessenkonflikt zwischen der Inhaberin von Grundpfandrechten am Betriebsgrundstück der KG einerseits und A andererseits bestanden. Denn die KG habe das Betriebsgrundstück verkauft, und der Erwerber habe mit der Grundpfandgläubigerin die Ablösung der Grundpfandrechte vereinbart.

Mit der --vom FG zugelassenen-- Revision beantragt die Klägerin, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen. Im übrigen verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter, was in der Revisionsbegründung sinngemäß zum Ausdruck kommt.

Die Klägerin rügt mit der Revision Verletzung von § 15 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 und macht geltend, das FG habe zu Unrecht entschieden, daß die Verweigerung des umstrittenen Vorsteuerabzugs durch das FA Rechtens sei. Sie, die Klägerin, verfüge über formell zureichende Rechnungen seitens der KG. Außerdem habe die KG --nicht etwa A-- die abgerechneten Lieferungen bewirkt. A habe das Sicherungsgut nicht verwertet, da er mangels zivilrechtlich wirksamer Sicherungsübereignungen hierzu rechtlich nicht in der Lage gewesen sei.

A habe niemals Eigentum am Sicherungsgut erlangt. Die an sie, die Klägerin, verkauften Maschinen und Fahrzeuge hätten der Zubehörhaftung gemäß § 1120 BGB unterlegen; denn die Grundpfandrechte am Betriebsgrundstück seien früher begründet worden als die Sicherungsrechte. Hinsichtlich der verkauften ... sei die Sicherungsübereignung überdies wegen Unbestimmtheit unwirksam.

Zu berücksichtigen sei ferner, daß sich ein Sicherungsnehmer am Sicherungsgut erst nach der Verwertungsreife befriedigen dürfe und daß diese mit Fälligkeit der gesicherten Forderung bzw. mit Konkurseröffnung eintrete (§ 1228 Abs. 2 BGB). Die Verwertungsreife sei erst am 3. April 1987 (Ablehnung eines Konkursantrages mangels Masse) entstanden. Außerdem hätte die KG gemäß § 1234 BGB mindestens einen Monat vor der Durchführung des beabsichtigten Verkaufs benachrichtigt werden müssen, was nicht geschehen sei. A habe auch nicht sonstwie umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über die verkauften Gegenstände erlangt.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Auf die Revision der Klägerin wird das angefochtene Urteil --aus anderen als den von der Klägerin geltend gemachten Gründen-- aufgehoben und die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Annahme des FG, daß im Streitfall aufgrund der BFH-Rechtsprechung zur Verwertung von Sicherungsgut ein sog. Doppelumsatz vorliege, ist nicht durch ausreichende einwandfreie Feststellungen gedeckt (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Anm. 37 i.V.m. § 115 Anm. 27 m.w.N.). Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO). Die Zurückverweisung der Sache war geboten, weil der Senat mangels zureichender Feststellungen nicht durcherkennen kann (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

1. Der Klageabweisung durch das FG liegt dessen Überlegung zugrunde, die Ausführung der zwischen der KG und der Klägerin unter Zustimmung von A geschlossenen Kaufverträge vom 11. März 1987 stelle eine Verwertung von Sicherungsgut durch A dar, so daß die ständige BFH-Rechtsprechung zum sog. Doppelumsatz anwendbar sei (Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und Lieferung des Sicherungsnehmers an einen Dritten --vgl. BFH-Urteil in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673, unter 1. m.w.N.--). Das FG hat dabei offenbar nicht die im vorliegenden Fall naheliegende Möglichkeit in Betracht gezogen, daß anstelle einer Verwertung von Sicherungsgut eine mit Zustimmung von A bewirkte gewöhnliche Lieferung der KG an die Klägerin stattgefunden haben könnte, die sich aus der Sicht der ursprünglichen Sicherungsverhältnisse als Auswechslung der bisherigen Sicherungsgeberin (KG) durch eine neue (Klägerin) beurteilen ließe.

a) Der erwähnte Doppelumsatz findet zu dem Zeitpunkt statt, in dem der Gläubiger (Sicherungsnehmer) das Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an einen Dritten veräußert. Nichts anderes kann für den Fall gelten, daß die am Sicherungsverhältnis Beteiligten für die Verwertung des Sicherungsgutes eine andere Methode wählen, indem die auf Befriedigung des Gläubigers hinzielende Veräußerung zum Beispiel nicht durch den Gläubiger selbst im eigenen Namen, sondern --vereinbarungsgemäß-- vom Sicherungsgeber im eigenen oder im Namen des Gläubigers vorgenommen wird oder daß die Veräußerung zwar durch den Sicherungsnehmer stattfindet, aber "im Auftrag und für Rechnung des Darlehensnehmers" (Sicherungsgeber). Alle diese Fälle sind --was das Zustandekommen eines Doppelumsatzes und den Zeitpunkt der Umsatzausführung anbelangt-- umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu behandeln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673, unter 1. m.w.N.). Sie weisen die darin bestehende Übereinstimmung auf, daß es bei ihnen um die Verwertung des Sicherungsgutes zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers geht.

Der zeitliche Aufschub des Umsatzes des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer bis zur Verwertung des Sicherungsgutes (Umsatz des Sicherungsnehmers an den Dritten) beruht auf der Beurteilung der Sicherungsübereignung im Umsatzsteuerrecht (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 1978 V R 2/75, BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684, und in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673, unter 1.). Umsatzsteuerlich stellt die Sicherungsübereignung im Hinblick auf die Verpflichtung des Sicherungsnehmers, dem Sicherungsgeber bis zur Verwertung die Auslösung des Sicherungsgutes zu gestatten, noch keine Lieferung dar, sondern bereitet diese nur vor. Zwar geht bereits beim Zustandekommen der Sicherungsübereignung das Eigentum über, aber --mit Rücksicht auf das Auslösungsrecht des Sicherungsgebers-- nicht die im allgemeinen mit dem Eigentum verbundene Verfügungsmacht (§ 3 Abs. 1 UStG 1980), d.h.: nicht Herrschaft über Substanz, Wert und Ertrag. Mit der Verwertungsreife (vgl. BFH-Urteil in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673, unter 1. a) bzw. mit dem Beginn der Verwertung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684, unter 1.) wird die Sicherungsübereignung ohne weiteres Zutun des Sicherungsgebers zur Lieferung.

Das angefochtene Urteil enthält keine nachvollziehbaren, den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), aus denen sich ergäbe, daß bis zum Abschluß der Kaufverträge vom 11. März 1987 Verwertungsreife bzw. der Beginn der Verwertung bereits vorgelegen hätte. Zwar heißt es in der Entscheidung auf S.4 (erster Absatz; vgl. auch S.7 zweiter Absatz) im Anschluß an die Darstellung der fristlosen Kündigung durch A vom 15. Dezember 1986, daß A "von seinen Sicherungsrechten Gebrauch gemacht" habe. Diese Bemerkung ist aber so wenig klar gefaßt und konkretisiert, daß der erkennende Senat nicht zu überprüfen vermag, ob die vom FG aufgrund seiner Feststellungen vorgenommene Subsumtion revisionsrechtlich einwandfrei ist.

Entsprechendes gilt für die weitere Äußerung des FG (S.7 zweiter Absatz), "danach" sei A derjenige gewesen, der bestimmen konnte, zu welchem Zeitpunkt, an welchen Erwerber und zu welchem Preis das Sicherungsgut veräußert werden sollte. Insoweit ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß es überhaupt fraglich ist, ob das FG mit der erörterten Bemerkung eine Feststellung hat treffen wollen. Denn die Formulierung des FG hält sich sehr eng an Worte im BFH-Urteil in BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673, unter 1. b letzter Satz, und diese enthalten keine Feststellung, sondern sind Teil der Darlegung der Rechtsfolge.

b) Die Theorie des sog. Doppelumsatzes schließt nicht aus, daß vor der Verwertung des Sicherungsgutes dieses insgesamt oder teilweise durch den Sicherungsgeber mit Zustimmung des Sicherungsnehmers Dritten geliefert wird, ohne daß hierbei umsatzsteuerrechtlich eine zweifache Lieferung angenommen werden müßte. Insoweit kommen die für die Annahme von Doppelumsätzen maßgebenden Gründe (s. oben) nicht zum Zuge. Dies gilt auch dann, wenn nicht eine Veräußerung von Gegenständen des Umlaufvermögens stattfindet, sondern das Sicherungsgut zum Zwecke der Auswechslung des Sicherungsgebers veräußert wird. Mithin könnte der erkennende Senat dem FG nicht folgen, falls dieses seiner Urteilsbegründung den Gedanken zugrunde gelegt haben sollte, für die Frage nach dem Vorliegen eines Doppelumsatzes seien Veräußerungen zur Verwertung des Sicherungsgutes und solche zum Zweck der Auswechslung des Sicherungsgebers in ein und derselben Weise zu behandeln.

2. Der erkennende Senat hält die angefochtene Entscheidung ferner insoweit für rechtsfehlerhaft, als sie die Erwägung anführt, A habe "der äußeren Form nach nur als Zustimmender" an den Kaufverträgen vom 11. März 1987 mitgewirkt, sei aber dennoch als der "eigentliche Geschäftsherr" anzusehen (S.7 zweiter Absatz). Hierzu verweist der Senat auf sein Urteil vom 7. Mai 1987 V R 56/79, unter 2. (BFHE 150, 85, BStBl II 1987, 582). Diesem ist zu entnehmen, daß zivilrechtliche Vereinbarungen der Beteiligten für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des entsprechenden Leistungsaustausches einschlägig sind, wenn sie --wie im Regelfall-- ohne Abweichung durchgeführt werden und wenn das Umsatzsteuerrecht für die Leistungshandlung keine besondere Regelung vorsieht. Weiter heißt es, daß die schuldrechtliche Vereinbarung bestimmter Rechtsformen aber jedenfalls dann zurücktritt, wenn das Umsatzsteuerrecht für die insoweit maßgebliche tatsächliche Leistungshandlung eigenständige Beurteilungen anordnet.

Diesbezügliche einschlägige Anordnungen sind weder vom FG geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Daß sie sich insbesondere nicht aus der Theorie des sog. Doppelumsatzes ergeben, wurde bereits dargelegt.

3. Ein Fall des § 126 Abs. 4 FGO liegt nicht vor.

4. Der Senat hält ein Durcherkennen i.S. einer Klagestattgabe nicht für angebracht (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das angefochtene Urteil enthält zwar die Aussage, daß die der Klägerin durch die KG hinsichtlich der umstrittenen Vorsteuersumme erteilten Rechnungen formell ordnungsgemäß seien. Da aber nicht sicher ist, daß das FG sämtliche Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerabzuges geprüft und --abgesehen vom Streitpunkt-- als erfüllt betrachtet hat, hält es der erkennende Senat für geboten, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65682

BFH/NV 1995, 70

BStBl II 1995, 564

BFHE 177, 520

BFHE 1996, 520

BB 1995, 1578 (L)

DB 1995, 1795 (L)

DStR 1995, 1190-1191 (KT)

DStZ 1995, 733-734 (KT)

HFR 1996, 265-266 (L)

StE 1995, 480(K)

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