Rz. 42

Neben den in § 296 Abs. 1 HGB genannten drei Einbeziehungswahlrechten bei der Abgrenzung des KonsKreises hat ein MU gem. § 296 Abs. 2 HGB außerdem die Möglichkeit, auf die Einbeziehung eines TU zu verzichten, wenn es für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung ist. Besteht ein wesentlicher Zusammenhang zwischen der Darstellung einer dieser drei Aspekte und dem TU, ist keine Befreiung von der Pflicht zur Einbeziehung in den KonsKreis i. e. S. unter Berufung auf § 296 Abs. 2 HGB möglich. Das Einbeziehungswahlrecht des Abs. 2 soll den mit der Abschlusserstellung verbundenen Aufwand reduzieren, sofern der Ausschluss der TU aus dem VollKons-Kreis und der damit einhergehende Informationsverlust für Abschlussadressaten von untergeordneter Bedeutung ist. Zum Tragen kommt die Erleichterung insb. bei Konzernen mit einer Vielzahl an kleinen TU.

 

Rz. 43

Zur Klassifizierung des "Begriffs untergeordnete Bedeutung" enthält das Gesetz weder Kenngrößen noch numerische Grenzwerte. In der Praxis ist auf den Einzelfall abzustellen, wobei das Gesamtbild aller Umstände und nicht nur einzelne Verhältniszahlen die Beurteilungsgrundlage bildet.[1] Bei im Wesentlichen konstanter wirtschaftlicher Situation dürfte allerdings nicht zu beanstanden sein, wenn eine Konzernleitung zur Vereinfachung der Konzernrechnungslegung i. R. e. Ermessensspielraums in Einzelfällen feste Größenkriterien anwendet,[2] wobei das Kriterium der Unwesentlichkeit bei einem (Umsatz-, Vermögens-, Ergebnis- oder Mitarbeitenden-)Anteil von mehr als 5 % am Gesamtkonzern kaum zu begründen sein wird.[3] Starre Kennzahlen – wie sie etwa auch in der US-amerikanischen Bilanzierungspraxis gebräuchlich sind – sind nach überwiegender Meinung nicht mit der gesetzlichen Regelung in Deutschland zu vereinbaren. So wird aufgeführt, dass dies der im Gesetz vorgesehenen flexiblen Regelung widerspricht und zu Zufallsergebnissen führen kann.[4] Insbesondere mangels alternativer operationaler Ermittlungsmethoden und unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen[5] plädieren einige Stimmen in der Literatur aber auch gegen die starre und ablehnende Haltung gegenüber der Verwendung von Verhältniszahlen im Allgemeinen.[6] Bei Abwägung der beiden gegensätzlichen Meinungsbilder erscheint die Verwendung von Verhältniszahlen zumindest in Einzelfällen und unter Berücksichtigung der Problemfelder (Rz 45) starrer Kenngrößen dann unproblematisch, wenn diese durch eine qualitative Beurteilung ergänzt wird. Die Voraussetzungen für eine untergeordnete Bedeutung sind von der Konzernleitung unabhängig von den Prüfkriterien für jeden Konzernabschluss erneut zu prüfen.

 

Rz. 44

Die Einbeziehung eines TU kann trotz niedriger anderer relativer Größenmerkmale insb. dann geboten sein, wenn ein Verzicht auf die Einbeziehung mit der fehlenden Eliminierung bedeutender Zwischenergebnisse einhergeht, TU das Konzernergebnis mit strukturellen Verlusten belasten und ständige Zuflüsse notwendig machen sowie, wenn eine Abbildung wesentlicher Verpflichtungen oder Risiken ansonsten unterbleiben würde. Die Wahrnehmung unternehmenstypischer Funktionen durch ein TU begründet dagegen keine zwingende Einbeziehung in den Konzernabschluss im Wege der VollKons, da der Jahresabschluss nicht als Ausdruck der Ausübung bestimmter Leitungs- und Verwaltungsfunktionen betrachtet werden kann und deshalb nicht zwingend Gegenstand der Kons. sein muss.[7]

 

Rz. 45

Sind mehrere TU von untergeordneter Bedeutung, darf ihre Wesentlichkeit gem. § 296 Abs. 2 Satz 2 HGB nur zusammengefasst beurteilt werden, was einem zweistufigen Testverfahren entspricht. Eine Befreiung unter Bezug auf die untergeordnete Bedeutung eines TU setzt im Falle des gleichzeitigen Vorliegens der Befreiungsvoraussetzung bei mehreren TU demnach eine Prüfung der Befreiungsbedingungen in ihrer Gesamtheit voraus. Sind die TU isoliert betrachtet unbedeutend, ist ihr Einfluss auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage insgesamt jedoch wesentlich, sind diese grds. in den VollKonsKreis einzubeziehen.[8] Strittig ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die Konzernleitung dazu berechtigt ist, diejenigen TU aus dem Kreis der einzelnen Unbedeutenden auszuwählen, die nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden sollen.[9] Aufgrund der Praktikabilität der Regelung muss dies – jedoch unter Beachtung des Stetigkeitsgebots für die Einbeziehung in bzw. Ausklammerung aus dem KonsKreis – erlaubt sein.

 
Praxis-Beispiel

Als Beispiel für ein System zur Bestimmung der (gemeinschaftlichen) Unwesentlichkeit könnte folgendes Prüfverfahren dienen, wobei eine kumulative Erfüllung der einzelnen Prüfungsstufen zu erfolgen hat:

  1. Prüfung der absoluten Kennzahlen: Die Nichteinbeziehung von TU in den KonsKreis reduziert regelmäßig und grds. die Konzernabschlusspositionen Umsatz, Bilanzsumme und Mitarbeiteranzahl jeweils um weniger als 5 %. Das Jahresergebnis wi...

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