Rz. 3

Die in Abs. 1 beispielhaft geregelten Voraussetzungen für einen Amtshilfeanspruch stehen unter dem Gedanken, dass die eine (ersuchende) Behörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auf die Hilfeleistung der anderen (ersuchten) Behörde angewiesen ist (Abs. 1 Nr. 1 bis 4). Darüber hinaus spielt der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie eine Rolle (Abs. 1 Nr. 5), auf den auch bei den Weigerungsgründen in Abs. 3 hingewiesen wird. Im Einzelfall können mehrere Tatbestände des Abs. 1 erfüllt sein. Ob eine andere Behörde um Amtshilfe ersucht wird, steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der ersuchenden Behörde. Letztere hat einen Rechtsanspruch auf Amtshilfe, sofern die Voraussetzungen der Amtshilfe gegeben sind und keine Weigerungsgründe nach Abs. 2 und 3 vorliegen. Mit der Aufzählung der Tatbestände in Abs. 1 Nr. 1 bis 5 dürften alle wichtigen und wesentlichen Gründe für die Amtshilfe erfasst sein.

Im Einzelnen gilt:

  1. In Abs. 1 Nr. 1 geht das Gesetz vom rechtlichen Unvermögen der ersuchenden Behörde, z. B. bei örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit aus. So ist eine Behörde bei der Inanspruchnahme von Vollstreckungshilfe in fremden Bezirken auf Amtshilfe angewiesen.
  2. Bei der tatsächlichen Unmöglichkeit (Abs. 1 Nr. 2) ist daran gedacht, dass die erforderliche Amtshandlung von der ersuchenden Behörde zwar vorgenommen werden darf, dies aber wegen fehlender personeller ("Dienstkräfte") oder sachlicher ("Einrichtungen") Mittel nicht möglich ist. Denkbar sind auch Fälle der personellen Überlastung bzw. defekter Einrichtungen. An die Feststellung der tatsächlichen Unmöglichkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Behörde muss, objektiv und abstrakt betrachtet, nicht in der Lage sein, die Amtshandlungen vorzunehmen. Bei Missbrauch, wenn z. B. der Einsatz von Dienstkräften oder Einrichtungen bei der ersuchenden Behörde wirtschaftlicher wäre, besitzt die ersuchte Behörde das Recht, ein Amtshilfeersuchen abzulehnen. Eine Hilfe aus tatsächlichen Gründen wird begehrt, wenn eine Optionskommune umfassenden Zugriff auf die Arbeitgeberdatenbank der Bundesagentur für Arbeit, die seitens der Bundesagentur zur Erfüllung eigener Aufgaben betrieben wird, verlangt (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 25.4.2006, L 6 B 6/06 AS ER). Die Amtshilfe muss die Ausnahme bleiben. Ständige Aushilfen sind damit grundsätzlich nicht vereinbar.
  3. Im Falle des Abs. 1 Nr. 3, der die Vermittlung von Informationen zum Gegenstand hat, kann die ersuchende Behörde die ersuchte Behörde um Mitteilung von Tatsachen bitten, wenn dieser die Tatsachen im Rahmen ihrer Tätigkeit bereits bekannt geworden sind bzw. nur diese die erforderliche Amtshandlung vornehmen kann. Erforderlich ist, dass die ersuchende Behörde die Kenntnisse braucht, nicht besitzt und sich auch nicht selbst beschaffen kann. Hierzu gehören z. B. Erkenntnisse aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Wenn Rechtskenntnisse fehlen oder schwierige Rechtsfragen zu klären sind, rechtfertigt dies nicht, ein Rechtsgutachten im Wege der Amtshilfe einzuholen. Nicht zulässig ist es, zur Begutachtung durch eigene ärztliche Sachverständige laufend erforderliche ärztliche Untersuchungen zur Erhebung von Befundtatsachen im Wege der Amtshilfe erbringen zu lassen, um eigene Untersuchungseinrichtungen zu sparen.
  4. In der Hauptsache geht es bei der Amtshilfe – neben der Vermittlung von Informationen – um die Lieferung von Unterlagen, d. h. Urkunden oder sonstigen Beweismitteln (Abs. 1 Nr. 4). Die Beweismittel müssen bei der ersuchten Behörde schon vorhanden sein. Je nach Lage des Einzelfalles kann die entscheidungsbefugte Behörde verpflichtet sein, den Antragsteller im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht (vgl. § 14 SGB I) darüber zu unterrichten, wie er in den Besitz der erforderlichen Urkunden kommen kann. Dieser Fall beinhaltet auch die Überlassung von Akten der ersuchten Behörde, wenn diese von der ersuchenden Behörde zur Vorbereitung einer Entscheidung benötigt werden. In Betracht kommen alle Beweismittel, die sich im Besitz der ersuchten Behörde befinden. Benötigt werden Beweismittel nicht erst, wenn ein Verwaltungsverfahren anhängig ist, sondern wenn über dessen Einleitung entschieden werden soll.
  5. Um einen unverhältnismäßig großen Aufwand zu vermeiden, kann Amtshilfe erforderlich sein (Abs. 1 Nr. 5). Dabei ist ein Kostenvergleich anzustellen. Ergibt dieser, dass nur ein unwesentlicher Unterschied zwischen den Behörden besteht, ist das Ersuchen von Amtshilfe unzulässig. Es sind nicht allein finanzielle Aufwendungen (z. B. Reisekosten), sondern auch der Aufwand an Zeit und Personal zu berücksichtigen (BSG, Urteil v. 11.9.1975, 9 RV 170/74, BSGE 40 S. 221, 222). Die Zulässigkeit eines Amtshilfeersuchens setzt voraus, dass die ersuchte Behörde im Einzelfall die Amtshandlung wesentlich einfacher, schneller oder kostensparender erledigen kann.
 

Rz. 4

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