Rz. 50

Bislang war nach h. M. in sinngemäßer Anwendung des Urteils des BSG v. 27.1.1971 (12 RJ 118/70) im Allgemeinen von dem 2- (bzw. nunmehr 3-) Monatszeitraum dann auszugehen, wenn der Beschäftigte an die betriebsübliche Arbeitszeit gebunden war. Die Alternative, die Frist nach Arbeitstagen zu berechnen, wurde erst dann als maßgeblich angesehen, wenn eine monatliche Betrachtungsweise nicht mehr möglich war, weil sich die Zeiträume nicht mehr mit der betriebsüblichen Arbeitszeit ständig Beschäftigter deckten. Mit Urteil v. 24.11.2020 (B 12 KR 34/19 R) hat das BSG dieser Ansicht widersprochen. Die nach Arbeitstagen berechnete Zeitgrenze finde nach dem Gesetzeswortlaut als gleichwertige Tatbestandsalternative nicht nur bei einer bestimmten – nicht aufeinanderfolgenden – Verteilung der Arbeitstage Anwendung. Entgegen der herrschenden, aber weitgehend nicht begründeten Kommentarliteratur sowie den "Richtlinien für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen" sei bei einer an mindestens 5 Tagen in der Woche ausgeübten Beschäftigung nicht allein auf die 2-Monats-Regelung abzustellen.

 

Rz. 51

Bei der Prüfung der Frage, ob die geltenden Zeitgrenzen einer kurzfristigen Beschäftigung überschritten werden, sind die Zeiten sämtlicher kurzfristigen Beschäftigungen zusammenzurechnen. Die Zusammenrechnung der verschiedenen kurzfristigen Beschäftigungen hat auch zu erfolgen, wenn die Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt wurden.

Die Prüfung, ob die Zeitgrenzen überschritten werden, ist in der Weise vorzunehmen, dass jeweils bei Beginn jeder neuen – als kurzfristig beabsichtigten – Beschäftigung zu prüfen ist, ob die vorgesehene Dauer der Beschäftigung zusammen mit den schon im Laufe des Kalenderjahres ausgeübten Beschäftigungen die geltenden Zeitgrenzen überschreitet. Vollständige Kalendermonate werden mit 30 Kalendertagen angesetzt.

 
Praxis-Beispiel

Eine familienversicherte Hausfrau nimmt am 1.7.2022 eine Beschäftigung als Aushilfsverkäuferin auf, die von vornherein bis zum 10.8.2022 befristet ist und wöchentlich 6 Arbeitstage umfassen soll, mithin 35 Arbeitstage bzw. 40 Kalendertage (vollständiger Kalendermonat Juli mit 30 Tagen). Sie war seit dem 1.1.2022 bereits wie folgt beschäftigt:

 
a) vom 28.1. bis 21.2.2022 (6-Tage-Woche)

21 Arbeitstage

25 Kalendertage
b) vom 18.3. bis 5.4.2022 (6-Tage-Woche)

16 Arbeitstage

19 Kalendertage
c) vom 6.5. bis 25.5.2022 (6-Tage-Woche)

17 Arbeitstage

20 Kalendertage
Zusammen

54 Arbeitstage

64 Kalendertage

Das Arbeitsentgelt überschritt dabei jeweils die für Geringfügigkeit geltenden Entgeltgrenzen.

Die am 1.7.2022 aufgenommene Beschäftigung ist versicherungspflichtig, weil bereits bei ihrem Beginn feststeht, dass zusammen mit den im Laufe des Kalenderjahres bereits ausgeübten Beschäftigungen die Grenze von 3 Monaten (90 Kalendertage) bzw. 70 Arbeitstagen überschritten wird.

Hätten bereits bei Aufnahme der ersten Beschäftigung am 28.1.2022 die weiteren Beschäftigungen festgestanden, so wären sämtliche Beschäftigungen von vornherein versicherungspflichtig gewesen.

Bei der Zusammenrechnung von mehreren kurzfristigen Beschäftigungen treten an die Stelle des 3-Monats-Zeitraums 90 Kalendertage.

Werden zu Beginn einer Beschäftigung zugleich für bestimmte im gleichen Kalenderjahr liegende Zeiträume weitere Beschäftigungen fest vereinbart, ist bereits zu Beginn der ersten Beschäftigung zu prüfen, ob es sich um kurzfristige (oder gar regelmäßige) Beschäftigungen handelt.

Wenn jemand nach Aufgabe der Berufstätigkeit eine kurzfristige Beschäftigung übernimmt, sind bei der Prüfung des zeitlichen Rahmens innerhalb dieses Zeitraumes nur Beschäftigungen zu erfassen, die nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben noch ausgeübt wurden. Zeiten einer beruflichen Hauptbeschäftigung müssen unberücksichtigt bleiben, weil es nicht die Absicht des Gesetzgebers ist, eine kurzfristige Beschäftigung nach Berufsaufgabe der Versicherungspflicht zu unterwerfen.

 
Praxis-Beispiel

Eine Buchhalterin hat ihre langjährige Beschäftigung zum 30.6. aufgegeben. Seit diesem Zeitpunkt war sie nicht berufstätig. Am 1.10. des gleichen Kalenderjahres übernimmt sie die Vertretung einer Buchhalterin, die von vornherein bis zum 30.11. befristet ist.

Die am 1.10. aufgenommene Beschäftigung wird nicht berufsmäßig ausgeübt und bleibt versicherungsfrei, weil die bis zum 30.6. des Kalenderjahres ausgeübte Beschäftigung nicht in die Prüfung der Zeitgrenze einbezogen wird.

 

Rz. 52

Überschreitet eine Beschäftigung, die als kurzfristige Beschäftigung geplant war, entgegen der ursprünglichen Erwartung die angegebene Zeitdauer, so tritt vom Tage des Überschreitens an Versicherungspflicht ein. Stellt sich bereits im Laufe der geplanten kurzfristigen Beschäftigung heraus, dass die Beschäftigung länger als vorgesehen dauern wird, so beginnt die Versicherungspflicht bereits mit dem Tage, an dem das Überschreiten der Zeitdauer erkennbar wird (also nicht erst nach Ablauf der 3 Monate oder 70 Arbeitstage). Für die zurücklieg...

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