Rz. 46

Eine weitere Voraussetzung für das Eintreten von Versicherungspflicht ist, dass im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit regelmäßig kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer (Arbeiter oder Angestellter) beschäftigt wird. Dabei muss das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem zu beurteilenden Selbstständigen und dem Arbeitnehmer bestehen. Leiharbeitnehmer (BSG, Urteil v. 10.5.2006, B 12 RA 2/05 R) werden daher eben sowenig erfasst, wie durch Dritte überlassene Arbeitnehmer (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.5.2009, L 3 R 4298/04), die nicht dem Weisungsrecht des Selbstständigen unterliegen. Auch freie Mitarbeiter werden nicht erfasst (BSG, a. a. O.).

 

Rz. 47

Die Regelung sieht daher ein Absehen von der Versicherungspflicht unter folgenden Voraussetzungen vor:

  • Der Lehrer/Erzieher muss zumindest einen Arbeitnehmer beschäftigen,
  • die Beschäftigung des Arbeitnehmers muss im sachlichen Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit des Lehrers/Erziehers stehen,
  • diese Beschäftigung muss bei dem Arbeitnehmer eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auslösen,
  • es darf keine Gegenausnahme nach § 2 Satz 2 vorliegen und
  • die Beschäftigung muss regelmäßig sein.
 

Rz. 48

Hierfür ist regelmäßig der Lehrer oder Erzieher darlegungs- und nachweispflichtig, da regelmäßig die Verfahrenssituation gegeben ist, dass der Betroffene sich gegen einen Beitragsbescheid richtet. Ähnliche Regelungen finden sich in Nr. 2 (Pflegeperson) und Nr. 9 (Selbstständige); Nr. 7 (Küstenschiffer und Küstenfischer), der eine Versicherungspflicht für diejenigen Küstenschiffer und Küstenfischer vorsieht, die nicht mehr als 4 versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen. Besondere Bedeutung hat dabei der Versicherungspflichttatbestand der Selbstständigen nach Nr. 9 erlangt. Auf die Rechtsprechung zu den einzelnen Versicherungspflichttatbeständen kann daher in dem Punkt der regelmäßigen Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zurückgegriffen werden. Regelausnahmen enthält dabei Satz 2, der anordnet, welche Arbeitnehmer bei der Beurteilung des Versicherungspflichttatbestands keine Berücksichtigung finden. Zu den besonders praxisrelevanten Ausnahmen zählen gemäß Satz 2 Nr. 2 insbesondere die geringfügig Beschäftigten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, die ab 1.1.2013 grundsätzlich versicherungspflichtig sind. Der Gesetzgeber hat insoweit die Regelung über die Versicherungsfreiheit bei Beschäftigten nach § 8 SGB IV in § 5 Abs. 2 ab dem 1.1.2013 neu gefasst und eine Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 nur noch bei kurzfristig Beschäftigten nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vorgesehen. Allerdings steht dem geringfügig Beschäftigten das Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1b zur Seite; dies ist antragsbewehrt. Werden regelmäßig mehrere Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt, steht die regelmäßige Beschäftigung von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit auch dann entgegen, wenn Arbeitsentgelte zusammengerechnet den Geringfügigkeitsbetrag übersteigen (BSG, Urteil v. 23.11.2005, B 12 RA 15/04 R, für § 2 Nr. 9); es gilt dann das Zusammenrechnungsgebot. Von einer regelmäßigen Beschäftigung ist auszugehen, wenn das Beschäftigungsverhältnis unbefristet ist oder nacheinander befristete Beschäftigungen ausgeübt wurden. Die durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz erfolgte Einfügung des Wortes "regelmäßig" bewirkte keine inhaltliche Änderung (BT-Drs. 16/3794 S. 32). Die Schutzbedürftigkeit der selbstständigen Lehrer oder Erzieher ergibt sich daraus, dass sie allein auf ihre Arbeitskraft angewiesen sind und deshalb regelmäßig nicht in der Lage sind, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass sie sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern können.

 

Rz. 49

 
Praxis-Beispiel

Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Golflehrer am 10.3.2019.

Einstellung eines angestellten Golflehrers am 1.9.2019.

Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 besteht vom 10.3.2019 bis zum 31.8.2019.

 

Rz. 50

Weitere Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit ist die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers (vgl. auch GRA der DRV zu § 2 SGB VI, Stand 7.12.2023, Anm. 3.3.3); soweit der Arbeitnehmer versicherungsfrei beschäftigt wird, reicht dies nicht aus und es tritt Versicherungspflicht ein. Nach dem insoweit eindeutig erscheinenden Gesetzeswortlaut führt die Beschäftigung allein eines versicherungsfreien Arbeitnehmers – anders als die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers – nicht zur Beendigung der Versicherungspflicht der selbstständig tätigen Lehrer/Erzieher. Der Fall hat nach der Einführung der Pflichtversicherung für die geringfügig Beschäftigten an praktischer Relevanz verloren. Sofern der Lehrer/Erzieher jedoch mehrere versicherungsfreie Arbeitnehmer beschäftigt, entfällt entgegen dem Wortlaut auch die Versicherungspflicht in analoger Anwendung unter Berücksichtigung der ratio legis der Norm. Es ist mit dem Sinn der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar,...

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