Arbeiten mit Kennzahlen in einer Jahresabschlussanalyse

In diesem Kapitel wollen wir klären, wie die Forderungen nach kontextbezogenen und erläuterungsbedürftigen Kennzahlen erfüllt werden können. Damit ist zugleich ein entsprechendes Berichtswesen strukturell vorgezeichnet.

Anforderungen an eine Jahresabschlussanalyse

Im Rahmen der Jahresabschlussanalyse sind einige Anforderungen zu erfüllen. So sind

  • möglichst gültige (valide), zuverlässige (reliable) und (intersubjektiv) nachprüfbare (objektive) Informationen zu liefern, die
  • wesentlich sind (Wirtschaftlichkeit), praktikabel sind und akzeptiert werden sowie
  • Datenschutz- und Persönlichkeitsschutzrechte nicht verletzen dürfen.

Das erfordert ein hohes Maß an Verantwortlichkeit und Transparenz der Informationspolitik. Daraus resultiert die Forderung, zunächst die Zielrichtung einer Kennzahl zu bestimmen.

Welche Datengrundlagen werden verwendet?

Deshalb muss bereits die Berechnungsgrundlage mit Angabe der Informationsquellen deutlich gemacht werden. Daraus kann sich ein formelhafter Ausdruck (Formel) entwickeln. So sollte z. B. die Formel für die Berechnung einer Bilanzkennzahl die einzelnen Bilanzposten benennen. Dies ermöglicht eine Beurteilung der Sinnhaftigkeit und Aussagekraft eines Formelergebnisses, da es auch Bilanzposten gibt, die nicht eindeutig zugeordnet werden können bzw. von verschiedenen Bundesländern unterschiedlich zugeordnet werden (z. B. die Sonderposten). Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann sich die Berechnung anschließen, was dann im Ergebnis zur Kennzahl mit Angabe der Dimension führt.

Wodurch werden Kennzahlen wesentlich beeinflusst?

Die Abgrenzungen der Informationsbasis schlägt unmittelbar auf das Formelergebnis (und damit die Kennzahl) durch. Besonders beeinflussen dabei konkrete Ansatz-, Zuordnungs- und Bewertungsregelungen das Formelergebnis – und das nicht nur, wenn z. B. Wahlrechtsentscheidungen zu treffen waren.

So werden zum Beispiel die Vermarktungsgrundstücke in etlichen Bundesländern im Umlaufvermögen (unter Vorräten) geführt, in wenigen Bundesländern im Anlagevermögen, was ganz wesentlich v. a. den Anlagendeckungsgrad beeinflusst. Auch die unterschiedliche Behandlung der Pensionsrückstellungen beeinflusst die Bilanzkennzahlen in erheblichem Maße: In einigen Bundesländern dürfen sie nicht angesetzt werden, weil die Kommunen Zwangsmitglied im Kommunalen Versorgungsverband sind (z. B. Sachsen-Anhalt), in anderen müssen sie dennoch gebildet werden (z. B. Thüringen); auch die angesetzten Zinssätze zur Ermittlung des Barwertes von Pensionsrückstellungen unterscheiden sich.

Hinweise zur Berechnung einer Formel geben

Wer Vergleiche transparent anstellen will, muss solche Unterschiede durch Hinweise zur Berechnungsgrundlage und zur Formel aufdecken. Darüber hinaus können Schwierigkeiten bei der Informationsgewinnung und / oder ein großer Informationsaufwand zu großen Vereinfachungen „zwingen“, die nicht verschwiegen werden sollten (z. B. bei der Erfassung und Bewertung von Straßen). Manchmal sind auch Hinweise zur Berechnung selbst erforderlich. Das ist beispielsweise der Fall, wenn alternative Berechnungsverfahren einsetzbar sind. Hinweise zur Berechnung sind auch erforderlich, wenn das Ergebnis nur Näherungscharakter hat, weil formal-mathematisch eine Eindeutigkeit nicht erzielbar ist oder aus informationsökonomischen Gründen nicht benötigt wird (z. B. bei Zinsberechnungen, Barwertberechnungen usw.).

Interpretation und Vergleich von Kennzahlen

Die Interpretation von Kennzahlen liefert den eigentlichen Erkenntnisgewinn. Hier wird eine Kennzahl nicht nur in einen konkreten Kontext gestellt, sondern auch mit einer Norm in Beziehung gesetzt; denn nur so sind Beurteilungen möglich. Normen lassen sich vor allem aus Ziel-, Plan- bzw. Sollwerten, aus Erfahrungswerten, aus wissenschaftlichen Untersuchungen, aus Rechtsvorschriften (Rechtsnormen), aus Zeitvergleichen und aus Organisationsvergleichen (Betriebsvergleich, Verwaltungsvergleich) gewinnen. Aber Achtung: Bei reinen Zeitvergleichen etwa ist es regelmäßig nur möglich zu sagen, ob etwas besser oder schlechter geworden ist, aber nicht unbedingt, ob es auch gut oder schlecht war. Und bei reinen Organisationsvergleichen besteht immer die Gefahr, „Schlendrian mit Schlendrian“ zu vergleichen.

Anforderungen an die Präsentation der Jahresabschlussanalyse

Jahresabschlussanalysen werden zweckmäßigerweise im Rahmen von Berichten präsentiert. Diese müssen aber bestimmten Anforderungen genügen, um ihre „volle Informationskraft“ entfalten zu können. Das Berichtswesen zum Jahresabschluss hat u. a. die Aufgabe, die Kennzahlen der Jahresabschlussanalyse in Entwicklung, Ermittlung und Interpretation so zu präsentieren, dass die Stakeholder optimal mit beurteilungs-, entscheidungs- und steuerungsrelevanten Informationen versorgt werden. Das Berichtswesen ist insofern auch ein Kernelement des Controllings.

Dazu muss der Bericht anschaulich und klar strukturiert aufgebaut sowie visuell unterstützt sein. Er sollte ansprechend in der Form, systematisch im Aufbau, klar und verständlich in der Sprache sowie knapp, aber richtig in der Sache sein.

Jahresberichte sinnvoll strukturieren: vom Allgemeinen zum Konkreten

Derzeit ist zu beobachten, dass viele Jahresberichte sich an die Reihenfolge in der Haushaltsverordnung halten: Ergebnisrechnung – Finanzrechnung – Bilanz - … - und zum Abschluss der Rechenschaftsbericht (Lagebericht). Das ist kein lesefreundlicher und verständlicher Aufbau eines Jahresberichts (Geschäftsbericht): Er sollte vielmehr zunächst im Rahmen eines allgemeinen Lageberichts einen grundlegenden Überblick über die wirtschaftliche Lage der Kommune mit Anschluss an Vergangenheitsentwicklungen geben, worin Kerninformationen der Jahresabschlussanalyse mit aggregierten (groben, allgemeinen) Kennzahlen integriert sind. Erst dann sollten die zahlreichen desaggregierten Daten mit den Tabellen der DKR und entsprechenden Erläuterungen präsentiert werden. Der Grundsatz muss lauten: Vom Allgemeinen zum Konkreten – unterstützt von Kennzahlen und Visualisierungen.

Schlagworte zum Thema:  Jahresabschluss, Kommunen, Doppik