Zweitwohnungssteuer: Rechtsprechung zu unwirksamen Satzungen

Nach Urteilen vor einigen Jahren mussten einige Kommunen im Norden neue Satzungen für die Erhebung von Zweitwohnungssteuern erlassen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein hat jetzt die von Timmendorfer Strand und Hohwacht für unwirksam erklärt. Was heißt das für Eigentümer vor Ort?

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat am 24.4.2024 die Satzungen über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in den Gemeinden Timmendorfer Strand und Hohwacht im Rahmen von Normenkontrollanträgen für unwirksam erklärt (Az. 6 KN 1/24 und 6 KN 2/24), wie das OVG am 25. April mitteilte. Der 6. Senat schloss sich mit der Entscheidung der vom Verwaltungsgericht (VG) Schleswig vertretenen Auffassung an. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Nach Gerichtsentscheidungen vor einigen Jahren mussten einige Kommunen im Norden neue Satzungen für die Erhebung von Zweitwohnungssteuern erlassen.

Timmendorfer Strand und Hohwacht: Zweitsteuersatzung gekippt

Die Satzungen aus den Jahren 2020 (Timmendorfer Strand) beziehungsweise 2021 (Hohwacht) hatten einen neuen Steuermaßstab aufgenommen, nachdem das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30.1.2019 den bis dahin verwendeten Steuermaßstab für verfassungswidrig erklärt hatte. Der neue Steuermaßstab orientiert sich maßgeblich am Lagewert, ergänzt um weitere Faktoren wie Größe und Alter der Zweitwohnung. Der Lagewert entspricht wiederum dem Bodenrichtwert des Grundstücks, auf dem sich die Zweitwohnung befindet. Auch dieser Maßstab verstößt nach Auffassung des OVG gegen das aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) resultierende Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit.  

"Bodenrichtwerte sind für die Zweitwohnungssteuer ein genauso ungeeigneter Maßstab wie für die Grundsteuer. Dieser Maßstab führt zu unverhältnismäßigen Ergebnissen", sagte der Vorstandsvorsitzende des Eigentümerverbands Haus & Grund Schleswig-Holstein, Alexander Blažek, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er hält die Gerichtsentscheidung für eine gute Nachricht: "Eigentümer von Zweitwohnungen sollten – nicht nur in den betroffenen Gemeinden – Widerspruch gegen aktuelle Bescheide innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat erheben." Die entsprechenden Satzungen in Schleswig-Holstein seien vergleichbar und voraussichtlich allesamt anfechtbar, so der Verbandschef.

Blažek ist der Meinung, dass Kommunen von der Zweitwohnungssteuer absehen sollten. Für eine angebliche Gerechtigkeit werde ein hoher bürokratischer Aufwand betrieben, der in keinem Verhältnis zum Nutzen stehe. Eigentümer von Zweitwohnungen zahlten bereits Grundsteuer und trügen unter anderem durch Konsum und durch Instandsetzung der Immobilien zur Wertschöpfung vor Ort bei.

VG Schleswig: Zweitsteuersatzung von Fehmarn rechtswidrig

Auch die von der Stadt Feh­marn (Schleswig-Holstein) für die Jahre 2019 und 2020 er­ho­be­ne Zweit­woh­nungs­steu­er war rechts­wid­rig. Die zu­grun­de lie­gen­de Sat­zung ver­sto­ße gegen das Grundgesetz, entschied das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Schles­wig im März 2022.

Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer als örtliche Aufwandssteuer durch die Kommunen sei zwar grundsätzlich zulässig, die Richter bemängelten jedoch, dass die Stadt bei der Ausgestaltung der Steuer den reinen Bodenrichtwert zugrunde gelegt hatte, ohne die Lage des Grundstücks im Ortsgebiet zu berücksichtigen. Dies verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG.

Die von der Stadt Tönning erhobene Zweitwohnungssteuer für 2019 bis 2021 wiederum war nach Angaben des VG Schleswig rechtmäßig. Hier habe die Stadt in der Satzung bei dem Lagewert die Bodenrichtwerte ins Verhältnis gesetzt und dadurch einen Wertfaktor gebildet, der die Wertigkeit der Wirtschaftsgüter proportional zueinander abbilde, so das Gericht.

(Urteil v. 23.3.2022, Az. 4 A 154/21; 4 A 178/21)

Zweitwohnungssteuer: Viele Satzungen verfassungswidrig?

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) von Juli 2019 mussten bereits mehrere Kommunen in Deutschland neue Satzungen zur Erhebung der Zweitwohnungssteuer erlassen.

Der Hamburger Steuerrechtsexperte Prof. Dr. Dennis Klein wies etwa in einem Gutachten für den Eigentümerverband Haus & Grund Schleswig-Holstein darauf hin, dass einige der neuen Satzungen in dem Bundesland vor den Gerichten keinen Bestand haben dürften – wo insbesondere der Bodenrichtwert zur Ermittlung des Lagewertes herangezogen wurde. Der sei als Bezugsgröße genauso ungeeignet wie die vormaligen Einheitswerte, aufgrund derer das Bundesverfassungsgericht die Satzungen aufgehoben hatte.

"Sofern bei Bezugnahme auf Bodenrichtwerte keine Mitberücksichtigung der Kriterien Mietaufwand beziehungsweise ortsübliche Vergleichsmiete erfolgt, entspricht eine Zweitwohnungsteuer nicht mehr den Maßstäben von Art. 105 Abs. 2a GG an eine Aufwandsteuer", heißt es in dem Gutachten. Die ortsübliche Vergleichsmiete könnte hinreichend realitätsnah den mit der Zweitwohnung verbundenen Aufwand typisiert abbilden – in zahlreichen Satzungen im Bundesland werde die Zweitwohnungssteuer aber quasi mit der Grundsteuer gleichgestellt.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Berechnungsmethode für die Zweitwohnungssteuer im Jahr 2019 auf Basis des sogenannten Grundsteuer-Urteils von April 2018 gekippt – damals hatte der Erste Senat die zugrundeliegenden Vorschriften zur Einheitsbewertung von Grundstücken nach den Verhältnissen von 1964 für verfassungswidrig erklärt.

Der Landesverband wies auch auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Schleswig hin, die zu unterschiedlichen Bewertungen der Wirksamkeit der Zweitwohnungsteuer kommen. So hielt das Gerichts den Satzungsmaßstab in einem der Beschlüsse (29.3.2021; Az. 4 B 2/21) für unwirksam, in einem anderen Beschluss (21.4.2021; Az. 4 B 7/21) sprach sich das Gericht für die Wirksamkeit der Satzung an sich aus.


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Schlagworte zum Thema:  Satzung, Zweitwohnungsteuer