wenigermiete.de: Mietpreisbremsen-Startup darf weitermachen

Die Plattform „wenigermiete.de“, die Mietern bei der Durchsetzung der Mietpreisbremse hilft, ist nicht rechtswidrig. Das hat der BGH entschieden und damit eine heftig umstrittene Frage geklärt.

„Wir helfen Mietern. Einfach. Online. Ohne Kostenrisiko“. So wirbt das Berliner Startup Lexfox GmbH (bis Februar 2019: Mietright GmbH) auf seiner Website wenigermiete.de um Mieter, die der Meinung sind, ihr Vermieter nehme es mit der Einhaltung der Mietpreisbremse nicht so genau. In einem Online-Formular können die Mieter Details zu ihrer Wohnung und zu ihrem Mietvertrag eingeben. Ein Programm errechnet dann, ob die Miethöhe gegen die Mietpreisbremse verstößt. Sofern dies der Fall ist, kann der Mieter das Unternehmen mit der Durchsetzung der Mietpreisbremse gegenüber dem Vermieter beauftragen. Ein Honorar fällt erst an, wenn eine Reduzierung der Miete tatsächlich durchgesetzt wird; die Ersparnis für vier Monate wird dann fällig. Falls es vor Gericht gehen sollte, übernimmt das Unternehmen die Prozesskosten.

Ob dieses Angebot eine zulässige Inkassodienstleistung oder eine unzulässige Rechtsdienstleistung darstellt, war bisher umstritten. In mehreren Verfahren, in denen die Mietright GmbH die Rechte von Mieten gerichtlich geltend gemacht hatte, hatten verschiedene Kammern des Berliner Landgerichts unterschiedlich geurteilt und waren zu gegenteiligen Ergebnissen gelangt.

BGH: wenigermiete.de ist legal

Nun hat in letzter Instanz der BGH geurteilt: Das Angebot von wenigermiete.de ist von der Zulassung des Unternehmens als Inkassodienstleister gedeckt und verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, so die Karlsruher Richter. Der Begriff der Inkassodienstleistung sei weit zu verstehen. Sowohl der Mietpreisrechner als auch die Erhebung der Rüge gemäß § 556g BGB und das Feststellungsbegehren bezüglich der nach der Mietpreisbremse höchstzulässigen Miete hingen mit der Einziehung der Forderung, die den Gegenstand des Inkassoauftrags (Rückforderung überzahlter Miete) bilde, eng zusammen und dienten dazu, die Forderung zu verwirklichen. Diese Maßnahmen seien daher insgesamt noch als Inkassodiensleistung zu betrachten und nicht als Rechtsdienstleistung, zu der ein Inkassodienstleister nicht berechtigt wäre.

Im konkreten Fall hatte die Lexfox GmbH für einen Mieter gegen eine Wohnungsgesellschaft auf Basis der Mietpreisbremse Ansprüche auf Rückzahlung von überhöhte Miete geltend gemacht. Der Mieter hatte seine Ansprüche an die Lexfox GmbH abgetreten. Die Vorinstanz hatte die Abtretung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdiensleistungsgesetz als unwirksam angesehen. Dem hat der BGH nun eine Absage erteilt.

(BGH, Urteil v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18)

Vorgeschichte: Unterschiedliche Urteile des LG Berlin zum Mietpreisbremsen-Angebot

Vor der Entscheidung des BGH hatte sich das Landgericht Berlin mehrfach mit dem Angebot von wenigermiete.de befasst:

Rückforderung überhöhter Miete als zulässige Inkassodienstleistung

Die 66. Zivilkammer des Landgerichts Berlin ( Urteil v. 13.8.2018, 66 S 18/18) hält das Angebot für unbedenklich und die Abtretung von Rückzahlungsansprüchen wegen überzahlter Miete für wirksam. Das Unternehmen erbringe lediglich Leistungen, die eng mit dem Schwerpunkt der erlaubten Tätigkeit, nämlich dem Einziehen von Forderungen aufgrund überhöhter Mieten, verbunden seien. Die Rüge eines Verstoßes gegen die Mietpreisbremse, die einen Rückzahlungsanspruch erst entstehen lasse, sei keine Hürde, die nur mit ausgeprägten Rechtskenntnissen zu bewegen sei. Zudem müsse ein Unternehmen zum Erhalt einer Inkassoerlaubnis zahlreiche Voraussetzungen erfüllen, um eine persönliche und sachliche Qualifikation nachzuweisen. Dann müsse nicht bei jeder einzelnen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Inkassotätigkeit überprüft werden, ob eine verbotene Rechtsdienstleistung vorliege. Der gleichen Meinung sind die 65. Zivilkammer des LG Berlin ( Urteil v. 20.6.2018, 65 S 70/18 und Urteil v. 22.8.2018, 65 S 83/18) sowie das Amtsgericht (AG) Lichtenberg ( Urteil v. 4.1.2018, 16 C 135/17).

Auch die für das Wettbewerbsrecht zuständige 15. Zivilkammer des LG Berlin hatte der Lexfox GmbH in einem Rechtsstreit mit der Rechtsanwaltskammer (RAK) Berlin Recht gegeben ( Urteil v. 15.1.2019, 15 O 60/18). Die RAK hält das Angebot für unzulässige Rechtsberatung, was zu Wettbewerbsnachteilen für Rechtsanwälte führe.

Rückforderung wegen Mietpreisbremse als unerlaubte Rechtsdienstleistung

Der Auffassung der 66. und 65. Zivilkammer und des AG Lichtenberg wenig abgewinnen können deren Kollegen von der 67. Zivilkammer des LG Berlin ( Beschluss v. 26.7.2018, 67 S 157/18). Diese meinen, wenigermiete.de verstoße gegen das gesetzliche Verbot, unerlaubt Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Bereits beim Angebot eines „Mietpreisrechners“ mit einer computerbasierten und standardisierten Analyse („Legal Tech“), ob ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliegt, handle es sich um eine Rechtsdienstleistung. Ob intensive und schwierige Rechtsfragen zu prüfen oder nur Daten mit dem Mietspiegel abzugleichen seien, sei unerheblich. Zudem bescheinigen die Richter dem Unternehmen in ihrem Beschluss ungenügende Rechtskenntnisse sowie eine „Häufung besonders grober und schwerwiegender Fehler … im Rahmen der Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung“. Mit Urteil vom 24.1.2019, 67 S 277/18, hat die 67. Zivilkammer ihre Auffassung bekräftigt.

Auch die 63. Zivilkammer des LG Berlin vertritt die Auffassung, es handle sich um eine unerlaubte Rechtsdienstleistung ( Urteil v. 28.8.2018, 63 S 1/18).


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Schlagworte zum Thema:  Mietpreisbremse, Legal Tech