Kurzbeschreibung:

Die VP werden aus Controllingsicht gebildet und gebucht (›Legal Books‹). Das heißt, die VP-Bildung erfolgt z. B. auf Basis der C+-Methode und der Standardgrenzkosten. Die Incentivierung und Performance-Messung erfolgt anhand des EBIT der lokalen Routinevertriebsgesellschaft. Vgl. Teil D, Kapitel 21 für ausführliche Erläuterungen zu Konflikten bei der Vertriebssteuerung in 1-Preis-Systemen.

Beurteilung aus Controllingsicht:

  • Vergleichsweise geringer Administrations-/Implementierungsaufwand, da die Anforderungen an die Umsetzung der C+-Methode im ERP-System vergleichsweise gering sind. Auch bei heterogener ERP-Landschaft umsetzbar.
  • Die Steuerung über das EBIT der lokalen Gesellschaft kann zu ›Silo-Optimierungen‹ durch verfälschte Anreize bei Entscheidungen führen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob und, wenn ja, um wie viel der aggregierte Deckungsbeitrag eines Konzerns, der mit ›silo-optimierten‹ Einzelgesellschaften agiert, größer oder kleiner ist als der Deckungsbeitrag eines Konzerns, der z. B. nach konsolidierter Ergebnisrechnung steuert. Sofern die Einzelgesellschaften (›Silos‹) nach Grenzkosten (ohne anteilige Fixkosten und ohne Margen) steuern, sollte theoretisch der maximale Konzerndeckungsbeitrag am Ende stehen. Experimentelle Untersuchungen stützen diese Vermutung.[883] Das muss aber jeder Konzern für sich prüfen und entscheiden.
  • Bei einzelnen Konzernen werden sämtliche Artikel zu demselben C+-Preis an alle Vertriebsgesellschaften fakturiert ("Konzerneinheitliche VP-Liste"). Die Begründung ist oft, dass dadurch die Vertriebsgesellschaft "gerecht" und einfach ermittelt und verglichen werden kann. Die Autoren sind hier skeptisch. Zwar ist vordergründig die Vergleichbarkeit einfach, weil jede Vertriebsgesellschaft zu demselben VP einkauft. Andererseits ignoriert dieser Ansatz erhebliche Ergebnis-Faktoren, die nicht von dem lokalen Vertrieb beeinflusst werden können. Beispielsweise: lokal sehr unterschiedliches Endkunden-Preisniveau, lokal sehr unterschiedliche Höhe der Vertriebs-/Verwaltungskosten, lokale Zölle bei Drittlands-Vertrieb vs. EU-Vertrieb, höhere Frachtkosten da weiter von der Produktion entfernt etc. Letzlich könnte man überspitzt formulieren, dass sich bei Konzern-Einheits-Preislisten der Vertrieb in Hoch-Endkunden-Preis-Ländern abzappelt und dennoch nicht auf eine "angemessene Marge" kommt und vielleicht noch mangels Erfolg geschlossen wird.
  • Letztlich besitzt hier die Vertriebsgesellschaft die größere Transparenz hinsichtlich der Profitabilität und des Erfolgs der einzelnen Produkte. Sie kann auf Basis der eigenen Daten entscheiden, welches Produkt sich lohnt und wie sich das Produktportfolio zusammensetzen sollte, um einen maximalen Konzerndeckungsbeitrag zu erzielen.
  • Der Erfolg wird ausschließlich beim Profitcenter (hier: Vertrieb) ausgewiesen. Die Kosten- und Ergebnisrechnung ist somit konsistent zur übrigen Kostenrechnung des Unternehmens.
  • Es ist klar erkennbar, wo Liquidität für das Gesamtunternehmen erzeugt wird.
  • Für den Konzern nicht realisierte Zwischengewinne werden für die Legaleinheiten und Betriebsstätten nicht ausgewiesen.

Beurteilung aus steuerlicher Sicht:

  • Man kann zwar hierbei nicht ausschließen, dass die aus Controllingsicht gewählten VP (zufällig) zu einer steuerlich angemessenen wertschöpfungsadäquaten Ergebnisverteilung führen. In der Praxis scheint dies zumindest nicht häufig vorzukommen.
  • Häufig werden in solchen Modellen die Produkte z. B. zu Standardgrenzkosten, zu Herstellungskosten oder zu Herstellungskosten zzgl. Gewinnzuschlag an den Vertrieb veräußert. Dies führt dazu, dass der Produzent einen Verlust in Höhe der Fixkosten, ein Nullergebnis oder einen sicheren Gewinn erzielt und die Vertriebsgesellschaft das Residualergebnis (von hohen Verlusten bis zu hohen Gewinnen) erzielt. Soweit die VP bei dem vorliegenden Fall anhand der Standardgrenzkosten oder gemäß einer klassischen C+-Methode mit fixiertem Routinegewinnaufschlag gebildet werden, ist dies steuerlich i. d. R. nicht akzeptabel.
  • Da das Management nach dem EBIT der lokalen Gesellschaft incentiviert wird, ist jede Art von steuerlich notwendiger VP-Anpassung (zumindest eine Anpassung, die zu einer Reduzierung des EBIT führen würde) aus politischen Gründen kaum oder nicht durchsetzbar, da sie unmittelbar den Bonus des Managements beeinflussen würde.
  • Im Ergebnis bestehen sehr große steuerliche Hinzurechnungsrisiken in folgenden zwei Fällen: (a) bei dem Produzenten im Falle von unangemessen hohen Margen der Vertriebsgesellschaften und (b) bei den Vertriebsgesellschaften im Falle von unangemessen niedrigen Margen oder Verlusten.

    Um diese hohen steuerlichen Risiken zu reduzieren, versuchen manche Konzerne, das LE-EBIT anhand von sog. Jahresendanpassungen oder ›FY end true ups‹ kurz vor Ende des Wirtschaftsjahres zu korrigieren. Die Schlussgutschrift oder -rechnung wird dabei so kalkuliert, dass die dann erreichte tatsächliche LE-EBIT-Marge in die steuerliche Zielbandbreite von fremdüblichen EBIT-M...

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