In diesem Kapitel wird das Thema ›VP-Strategie-Entwicklung‹ erläutert.

Abb. 5: Verrechnungspreiszyklus – VP-Strategieentwicklung

Bei diesem Arbeitsschritt ist eine ganzheitliche VP-Strategie zu entwickeln, die unter Berücksichtigung des operativen Geschäftsmodells, des Produktportfolios und der konzernindividuellen Wertschöpfungskette die Anforderungen aus steuerlicher und aus Controllingsicht möglichst gut erfüllt. Dabei wird man auch Kompromisse in Kauf nehmen müssen.

Zunächst ergeben sich folgende steuerliche Überlegungen:

Obwohl die ersten deutschen steuerlichen VP-Vorgaben vor fast 40 Jahren veröffentlicht worden sind und auch die gesetzliche Verpflichtung deutscher Unternehmen, die Angemessenheit ihrer konzerninternen VP zu dokumentieren, seit fast zwanzigJahren besteht, trifft man erstaunlicherweise immer noch auf Unternehmen, deren VP historisch gewachsen sind und aus heutiger Controlling- und vor allem aus steuerlicher Sicht keiner zielorientierten Systematik folgen.

Zahlreiche Firmengruppen bilden die VP noch aus reiner Steuerungs-Sicht, mit der Folge, dass die Allokation des Konzernergebnisses auf die Konzerngesellschaften nicht immer wertschöpfungsadäquat erfolgt. Dies führt dann bei steuerlichen Betriebsprüfungen in den unterschiedlichen Ländern i. d. R. zu unschönen und langwierigen Verhandlungen, Aufgriffen, Hinzurechnungen, Doppelbesteuerungen, Strafen etc.

Auch in Konzernen, die bereits seit Jahren eine klare VP-Strategie verfolgen, sollte diese regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden, um sich veränderten Rahmenbedingungen optimal anzupassen. Anlässe hierfür können sein: Akquisition von anderen Unternehmen/Teilkonzernen, die Nachfrage bzw. das Wachstum verlagert sich auf andere Märkte/Länder, starke Wettbewerber treten hinzu oder verschwinden vom Markt, veränderte Kundenanforderungen, betriebswirtschaftliche Optimierung von Wertschöpfungsketten/Logistik/Faktura-Flüssen, Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, positive oder negative Veränderungen der Sanktionen oder der Steuersätze oder der Zollsätze in einzelnen Staaten, BEPS[9]-Diskussionen/-Regelungen etc.

Mit Blick auf eine nachhaltige Unternehmensführung ist daher dringend zu empfehlen, auch im Bereich der VP eine Strategie zu entwickeln. Allein die Existenz einer weltweit konsistent umgesetzten VP-Struktur hilft in vielen Betriebsprüfungsfällen, die steuerliche Angemessenheit von konzerninternen Geschäftsvorfällen erfolgreich zu verteidigen. Das Gegenteil davon wäre, dass VP unsystematisch nach dem Verhandlungsprinzip, auf Zuruf oder aufgrund der Entscheidung durch ›den Stärkeren‹ festgelegt werden. Eine ›Strategie‹, die VP im Extremfall so festzulegen, dass die Gewinne – ohne Rücksicht auf lokale Substanz und Wertschöpfung – stets in einem Niedrigsteuerland entstehen und die Gesellschaften in den Hochsteuerländern Verluste erwirtschaften, ist sicherlich zu kurz gesprungen und hält heute keiner steuerlichen Prüfung mehr stand. Zudem drohen enorme Reputationsrisiken drohen.

Im Einzelnen sollten Sie sich mit folgenden Punkten auseinander setzen:

  • Existiert eine VP-Strategie? Wenn ja, welche? Beispielsweise:

    • Werden VP zur betriebswirtschaftlichen Steuerung des Geschäfts bzw. der Konzerngesellschaften verwendet?
    • Werden VP für steuerliche Zwecke genutzt? Zum Beispiel Optimierung der Konzernsteuerquote, Optimierung der Tax Cashflows oder des Ausschüttungspotenzials, Verlustnutzungen, Vermeidung von Doppelbesteuerungen?
    • Werden VP gleichermaßen für beide o. g. Zwecke verwendet? Falls ja: Wird versucht, diese Ziele mit Einpreis- oder Zwei-/Mehrpreissystemen zu erreichen? Wie erfolgt die Überleitung zwischen Legal Books (externes Rechnungswesen) und Management Books (konzerninternes Reporting), wenn die Trennung in diese beiden Buchwerke umgesetzt ist? Soll unterjährig nach global GAAP (z. B. IFRS oder US-GAAP) oder nach local GAAP gesteuert werden?
    • Es existiert keine spezielle VP-Strategie: Die operativen Einheiten bilden VP aus betriebswirtschaftlicher Sicht und/oder teilweise auf dem Verhandlungsweg. Ziel ist es, lediglich die weltweit gesetzlich verankerten VP-Dokumentationsvorschriften zeitnah zu erfüllen (Tax Compliance).
  • Sollen für alle Teilkonzerne/BUs (Business Units) einheitlich dieselben VP-Konzepte/VP-Methoden angewendet werden? Oder gibt letztlich das operative Geschäftsmodell eines jeden Teilkonzerns/einer BU das ideale VP-Konzept vor, sodass mehrere unterschiedliche VP-Konzepte konzernweit gelten? Wie argumentiert und dokumentiert man die Unterschiede?
  • Ist das operative Geschäftsmodell des Konzerns, der Teilkonzerne oder der Business Units eher mit einem zentralistischen oder einem dezentralen VP-Konzept abbildbar?
  • Können die Konzerngesellschaften funktional in sog. Routineunternehmen sowie Entrepreneure eingeteilt werden? Oder sind mehr oder weniger alle Gesellschaften als Entrepreneure zu charakterisieren?
  • Soll das konzernweite Know-how (z. B. Produktions-, Produkt-, Marketing-Know-how, Marken, Kundenstamm, Patente, Geschmacksmuster, V...

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