Was ist Sucht?

Sucht im engeren Sinn lässt sich als ein zwanghaft gewordener Missbrauch von Rauschmitteln (Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Arzneimittelsucht) bezeichnen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zur Definition der vorliegenden Problematik Abstand vom englischen Begriff "addiction", also Sucht genommen und diesen durch "dependence", also Abhängigkeit ersetzt. Im deutschen Sprachgebrauch finden jedoch weiterhin beide Begriffe Verwendung. Mit "Abhängigkeit" werden dann oft eher die pharmakologischen Aspekte und mit "Sucht" die psychischen und sozialen Begleit- und Folgeerscheinungen beschrieben.

Anfangs steht oft das Erleben erwünschter psychischer Sonderzustände oder die Erleichterung bzw. Beseitigung von seelischen oder körperlichen Beanspruchung im Mittelpunkt. Im Stadium der Abhängigkeit führt der fehlende Konsum des Suchtmittels zu Entzugserscheinungen, die sich z. B. in Form von Angstzuständen, innerer Unruhe und einer Vielzahl körperlicher Symptome äußern können. So wird das Suchtmittel (z. B. Alkohol, Droge oder Medikament) zum absoluten Lebensmittelpunkt des Betroffenen. Das Tückische an der Suchtproblematik ist auch, dass zum einen der Missbrauch beispielsweise mancher Drogen oder Medikamente im Berufsleben für eine gewisse Zeit leistungssteigernd wirken kann. Zum anderen sind Übergänge zwischen Einstieg, Gewöhnung und Abhängigkeit oftmals fließend und werden von Außenstehenden und auch vom Betroffenen selbst nicht wahrgenommen oder nicht richtig eingeschätzt. Der fortschreitende körperliche, psychische und soziale Verfall der Betroffenen ist der Preis, den jedes Jahr Tausende von Menschen allein in Deutschland zu entrichten haben. Aktuelle Zahlen veröffentlicht die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) jährlich.

Fallbeispiel

Abbildung kann aus Gründen des Urheberrechts nicht dargestellt werden.

Früher war es für Hans M. (51 Jahre) selbstverständlich, Alkohol nur am Abend zu konsumieren. "Job ist Job und Schnaps ist Schnaps" hatte er gerne gesagt. Beliebt war er, gern gesehener Gast, der beim geselligen Zusammensein lustig und unterhaltsam war; immer lustiger und unterhaltsamer, je länger der Abend dauerte. Lange Jahre ging alles gut. Hans M. hatte alles im Griff. Merkte gar nicht so recht, wie er sich mehr und mehr verstrickte, dachte nicht groß darüber nach, dass der Alkohol nach und nach alle Lebensbereiche durchdrang. Es klappte doch alles. Heimliches Trinken auf der Kantinentoilette machte ihn locker – entspannt genug, jede Form von Stress zu bewältigen. Zwischenzeitlich hatte er zwar noch versucht, den Tag auch ohne Alkohol zu überstehen – nach einer solchen Phase "ohne" trank er dafür aber abends umso mehr – auch allein – und dann irgendwann auch morgens. Seine Frau hatte mehrfach versucht, ihn vom Trinken abzubringen. Sie wollte ihm helfen, ihn unterstützen, stand ihm zur Seite, zeigte Verständnis, hatte Geduld, entschuldigte, kaschierte. Er würde aufhören versprach er. Wieder und wieder ...

 

Welche Maßnahmen helfen?

Im Fallbeispiel von Hans M. ist angedeutet, dass Angehörige oft versuchen durch Entschuldigen, Verdecken oder Nachsichtigkeit dem Betroffenen zu helfen. Auch Vorgesetzte, Kolleginnen und Kollegen können in diese Falle geraten, die als "Co-Abhängigkeit" bezeichnet wird. Diese Versuche, dem Abhängigen zu helfen, führen eher zu einer Stabilisierung des Systems, und verhindern somit eine konstruktive Entwicklung. Folgende Maßnahmen sind daher sinnvoller:
Gestaltungsbereich Mögliche Schutzmaßnahmen
Arbeitsaufgabe
  • Arbeitsaufgabe hinsichtlich kritischer Belastungsfaktoren (z. B. emotionale Inanspruchnahme, fehlende Sinnhaftigkeit, zu hohe Verantwortung, unzureichende Qualifikation) beurteilen
Arbeitsorganisation
  • auf eine angemessene Arbeitsmenge achten
  • Arbeitszeit-/Schichtdienstregelungen überprüfen
  • Dienst- und Betriebsvereinbarungen zur Suchtproblematik, die Hilfs- und Präventionsmaßnahmen, aber auch entsprechende Sanktionen eindeutig festlegen
  • Suchtbeauftragte installieren und qualifizieren
  • Personal- bzw. Betriebsrat entsprechend schulen
  • Aufklärungs- und Sensibilisierungsprogramme, die bereits im Vorfeld ansetzen und somit präventiv die Suchtgefährdung eindämmen, aufsetzen
Soziale Beziehungen
  • Führungskräften ihre besondere Verantwortung bewußt machen und sensibilisieren, bei Auffälligkeiten – auch und gerade bei leistungsfähigen Beschäftigten – das Gespräch zu suchen
  • Vertrauen schaffen, signalisieren, dass man helfen will und nicht die Entlassung angestrebt wird
  • konkrete Hilfsangebote nennen, z. B. die Betriebsärztin bzw. den Betriebsarzt oder externe Beratungsstellen
  • mögliche Konsequenzen aufzeigen und diese dann stufenweise umsetzen, falls Vereinbarungen bzw. Auflagen durch die Abhängigen nicht eingehalten werden
  • schrittweiser Aufbau des sogenannten "konstruktiven Leidensdrucks", der den Abhängigen spürbar verdeutlicht, dass sie etwas ändern müssen

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