Beschäftigte auf abwassertechnischen Anlagen müssen wissen, in welchen Bereichen der Anlagen explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann und wie sie sich bei Arbeiten in diesen Bereichen zu verhalten haben. Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.

Bild 16.1

Aus Unfallanzeigen:

  • Bei Wartungsarbeiten kam es zur Verpuffung ausströmenden Faulgases. Der Mitarbeiter zog sich Verbrennungen an beiden Händen zu.
  • In einem abgedeckten Behälter mit ausgefaultem Schlamm kam es zur Explosion.
  • Im Betriebsgebäude einer Kläranlage ist durch Kabelhüllrohre Faulgas in einen Schaltschrank eingeströmt. Dieses wurde durch einen Schaltvorgang gezündet. Herbei wurde das Gebäude schwer beschädigt.

Bild 16.2

Gefährdungen:

  • Bei Explosionen treten Flammen, hohe Temperaturen, vielfach auch hohe Drücke bzw. Druckanstiegsgeschwindigkeiten auf.
  • Es können Personen verletzt, Gebäude oder Anlagenteile zerstört und weitere brennbare Stoffe in Form von Folgebränden entzündet werden.
  • Gefährdungen bestehen insbesondere durch Gase und Dämpfe in gefahrdrohender Menge und Konzentration, z. B.:

    • durch Stoffe, die von außen in abwassertechnische Anlagen eingebracht werden, z. B.

      • durch unerlaubtes Einleiten brennbarer Flüssigkeiten,
      • durch Eindringen von brennbaren Flüssigkeiten, Dämpfen und Gasen nach Störungen oder Unfällen,
    • durch Stoffe, die durch biologische Vorgänge entstehen, z. B. durch den Faulprozess entstehendes Methan,
    • durch chemische Reaktion entstehende Gase und Dämpfe, z. B. beim Vermischen von Abwässern.
  • Explosionen mit gefährlichen Auswirkungen können auftreten, wenn folgende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

    • feinste Verteilung brennbarer Stoffe,
    • Konzentration brennbarer Stoffe in Luft innerhalb ihrer Explosionsgrenzen,
    • gefahrdrohende Menge explosionsfähiger Atmosphäre,
    • wirksame Zündquelle.

Bild 16.3

Zündgefahren:

  • Zündquellen werden in ihrer Wirkung häufig unterschätzt oder nicht erkannt, z. B.:

    • Rauchen, Handy,
    • offene Flamme, heiße Oberflächen,
    • Funken durch elektrische Ströme,
    • Funken infolge elektrostatischer Entladung,
    • Schlag- und Reibungsfunken.

Schutzziel:

Verhinderung von Explosionen durch folgende Maßnahmen:

1. Die Bildung einer gefährlichen Menge explosionsfähiger Atmosphäre vermeiden.
2. Die Zündung einer explosionsfähigen Atmosphäre vermeiden.

Weitere Informationen:

  • Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
  • Regel "Explosionsschutz-Regeln" (EX-RL) (BGR/GUV-R 104)
  • Unfallverhütungsvorschrift "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz" (BGV/GUV-V A8)
  • Technische Regel für Arbeitsstätten "Sicherheits- und Gesundheitskennzeichnung" (ASR A1.3)
  • Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
  • Betriebssicherheitsverordnung und die dazugehörigen technischen Regeln
  • Information "Beispielsammlung Explosionsschutzmaßnahmen bei der Arbeit im Bereich von abwassertechnischen Anlagen" (BGI 5033 bzw. GUV-I 8594)

Explosionsgefährdete Bereiche

Anforderungen an bauliche Anlagen:

  • Abwassertechnischen Anlagen müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass Gefahren durch gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vermieden sind.
  • Für die Beurteilung, ob gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann, sowie für die Auswahl und Durchführung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Gefahren sind die Regel "Explosionsschutz-Regeln" (EX-RL) (BGR/GUV-R 104) und die Information "Beispielsammlung Explosionsschutzmaßnahmen bei der Arbeit im Bereich von abwassertechnischen Anlagen" (BGI 5033 bzw. GUV-I 8594) heranzuziehen.
  • Durch bauliche Maßnahmen sowie durch natürliche oder technische Lüftung kann eine Einschränkung der explosionsgefährdeten Bereiche erreicht werden.
  • Bauliche Maßnahmen sind z. B.

    • räumliche Trennung der Ex-Bereiche von anderen Bereichen, die nicht explosionsgefährdet sind,
    • genügend gasdichte Wände aus nicht brennbarem Material. Um die Ausbreitung explosionsfähiger Atmosphäre zu verhindern, gelten als genügend gasdicht z. B. Ziegelsteinwände, die beidseitig verputzt sind oder Stahlbetonwände.
  • Gasführende Anlagenteile müssen technisch dicht sein. Durch Instandhaltung und Überwachung muss dieses ständig gewährleistet sein.
  • Räume über Erdgleiche, die der Zone 2 zugeordnet werden, können von angrenzenden Räumen durch selbstschließende Türen abgetrennt sein. Der Selbstschließmechanismus muss immer wirksam bleiben.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen:

  • Bei der Festlegung der Explosionsschutzmaßnahmen sind Maßnahmen des primären Explosionsschutzes vorrangig durchzuführen. Dies gilt z. B. für Einlaufbauwerke.
  • Kann in abwassertechnischen Anlagen die Bildung von explosionsfähiger Atmosphäre nicht sicher verhindert werden, muss durch zusätzliche Schutzmaßnahmen die Zündung der explosionsfähigen Atmosphäre vermieden sein.
  • Zusätzliche Schutzmaßnahmen können z. B. durch ortsfeste Gaswarngeräte (Bild 16.4) bei Erreichen festgelegter Konzentrationen ausgelöst werden, z. B.:

    • bei 10 % UEG Voralarm, Einschaltung der technis...

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