Führung und Digitalisierung bei MSW Partner Steuerberater

Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig die Digitalisierung für die Zukunft der Steuerberatung ist. Und sie verdeutlicht, welche Herausforderungen damit verbunden sind – auch in Bezug auf die Kanzleiführung.

Im Vorteil sind Kanzleien, die diese Erfahrungen bereits gesammelt haben. Taxulting spricht mit Jens Weinem, MSW Partner und Steuerberater, darüber, wie man eine Steuerkanzlei erfolgreich durch die Digitalisierung führt. 

Die Steuerberatungs- und Wirtschaftprüfungskanzlei MSW PARTNERS blickt auf eine 26jährige Geschichte zurück. Vieles hat sich seit den Anfangstagen verändert. Die Kanzlei ist heute mit fünf Partnern und 45 Mitarbeitern in München und Regensburg vertreten, hat sich konsequent digital aufgestellt und betreut bundesweit Mandanten. Von der DATEV wurde die Kanzlei auch in diesem Jahr wieder als „digitale Steuerkanzlei“ gelabelt.

Herr Weinem, Ihre Kanzlei hat sich schon frühzeitig digital aufgestellt. Warum?

Jens Weinem: In der Tat, wir haben innerbetrieblich sehr früh auf neue Technologien gesetzt. Unser Dokumentenmanagementsystem haben wir zum Beispiel bereits vor zwölf Jahren eingeführt.
Ein wesentlicher Grund dafür war, dass wir Finanz- und Lohnbuchhaltung, Jahresabschlüsse und Steuererklärungen als unser Pflichtprogramm ansehen. Darauf aufbauend bieten wir steuerliche, betriebswirtschaftliche und juristische Beratung sowie Wirtschaftsprüfung an. Für die Dienstleistungen, die wir als unser Pflichtprogramm betrachten, war aber schon frühzeitig absehbar, dass es neue Technologien geben wird, die einfache und sich wiederholende Abläufe automatisieren werden. Also mussten wir reagieren, indem wir uns der neuen Entwicklung nicht verschließen wollten, sondern sie aktiv vorantreiben. Intern und extern!

… das bedeutet?

Innerhalb der Kanzlei haben wir unsere Prozesse weitgehend digitalisiert. Wir nutzen eine umfassende Office-Management-Lösung, ein Dokumenten-Management und weitere Tools. Auch sind wir bestrebt, die Zusammenarbeit mit unseren Mandanten digital zu gestalten.

Wenn ein Mandant keine Einwilligung zur digitalen Datenverarbeitung erteilt hat, suche ich als Partner das Gespräch mit diesem Mandanten.


Zwar ist die Mandantschaft momentan noch gemischt – es gibt viele Altmandate, die sich nicht einfach digital umstellen lassen ­­– aber bei neuen Mandaten achten wir darauf, dass wir digital zusammenarbeiten können, insbesondere bei der Buchhaltung.
Wenn ein Mandant keine Einwilligung zur digitalen Datenverarbeitung erteilt hat, suche ich als Partner das Gespräch mit diesem Mandanten, um ihn zu beraten und zu überzeugen. Dabei sind wir in der glücklichen Lage, dass wir aus eigenen Erfahrungen berichten können und wissen, wie Dinge praktisch umgesetzt werden. Beispielsweise haben wir bereits am Anfang unserer Digitalisierung unsere eigene Buchhaltung umgestellt. Wir wissen also, wovon wir sprechen. Je mehr Prozesse wir extern digitalisieren können, desto effizienter werden unsere Abläufe insgesamt.

Welche Herausforderungen stellt die Digitalisierung an die Kanzlei-Führung?

Die größte Herausforderung war in den vergangenen Jahren, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Veränderungen zu überzeugen. Um den Transformationsprozess anzustoßen, hatten wir ein Event in den Bergen veranstaltet, alle Mitarbeiter eingeladen und Zukunftsprognosen, -perspektiven sowie die Chancen und Risiken der Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung dargestellt.

Eine hohe Anzahl an Aufträgen muss perfekt organisiert werden, insbesondere muss im Vertretungsfall die Arbeit nahtlos weiterlaufen. Mit digitalen Prozessen und Lösungen ist dies sehr gut möglich.


Uns war klar, dass die Digitalisierung unausweichlich ist und dass durch die Automatisierung von Prozessen die Bearbeitungszeiten deutlich sinken werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir die Stückzahl erhöhen müssen. Eine höhere Stückzahl wiederum bedeutet, dass wir uns anders organisieren müssen.
Es war allen Beteiligten klar, dass es zukünftig nicht mehr mit einem Post-It-Zettel am Computer-Monitor getan ist. Eine hohe Anzahl an Aufträgen muss perfekt organisiert werden, insbesondere muss im Vertretungsfall die Arbeit nahtlos weiterlaufen. Mit digitalen Prozessen und Lösungen ist dies sehr gut möglich. Wer digitalisiert, muss es auch kanzleiweit konsequent umsetzen. Dazu gehört im Weitern auch eine kanzleieigene Technikabteilung, die sich ausschließlich um interne und externe technische Lösungen kümmert.

Wie konnten Sie die Mitarbeiter überzeugen und mitnehmen?

Indem wir die Chancen und Risiken offen angesprochen haben. Und indem wir vor allem aufgezeigt haben, wie man die Risiken minimieren und die Chancen nutzen kann. Wir haben den Mitarbeitern verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich nicht nur fachlich, sondern auch technisch weiterzuentwickeln.

Die Zahl der Steuerberater wird in unserer Kanzlei ebenso steigen wie die Zahl der Steuerfachwirte.


Unser erklärtes Ziel war es, die durch die Automatisierung entstehenden freien Kapazitäten für eine höhere Stückzahl und eine intensivere Beratung zu nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir für die Mitarbeiter ein hohes Fortbildungsbudget bereitgestellt. Dieses Angebot wird sehr gut angenommen. So gibt es bei uns die Möglichkeit einer rein technischen Qualifizierung, einer Ausbildung zum Steuerfachwirt und eine Qualifizierung zum Steuerberater. Dadurch wird sich auch die Struktur unserer Kanzlei ändern.
Die Zahl der Steuerberater wird in unserer Kanzlei ebenso steigen wie die Zahl der Steuerfachwirte. In Kombination mit den digitalen Prozessen können wir auf diese Weise nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität unserer Dienstleistungen weiter erhöhen.

Digitalisierung ist schnelllebig. Wie sorgen Sie für den internen Know-how-Transfer?

Alle 14 Tage findet an jedem Standort ein internes Meeting statt. Standortübergreifende Teambesprechungen dienen dem Austausch zwischen unseren Standorten. Darüber hinaus bieten wir unseren Mitarbeitern technische Schulungen, Workshops, inhouse-Trainings und auch externe Weiterbildungen an.

Wie organisieren Sie die Zusammenarbeit innerhalb der Kanzlei?

Die meisten Prozesse haben wir digital aufgesetzt. So hat beispielsweise unser Dokumenten-Managementsystem die Zusammenarbeit radikal geändert. Jeder Mitarbeiter der Kanzlei hat von überall Zugriff auf ein Dokument. Ob die Mitarbeiterin im Nebenzimmer, am anderen Standort oder von zuhause arbeitet, spielt dabei keine Rolle mehr. Das bringt mehr Flexibilität in die Organisation.
Die interne Weitergabe von Aufträgen und ihre Bearbeitung erfolgt ebenfalls digital. Jeder Mitarbeiter ist dadurch zu jedem Zeitpunkt auf dem aktuellen Bearbeitungsstand. Dadurch werden Fehler in der Zusammenarbeit minimiert. Gesichert wird dies im Weiteren durch umfangreiche Checklisten, die zwingend pro Auftrag abzuarbeiten sind.

Es gibt hunderte Softwarelösungen und Tools. Wie stellen Sie sicher, dass Sie sich für die richtigen Technologien entscheiden?

Um neue technische Lösungen zu testen, versuchen wir dafür einen Testmandanten zu gewinnen. Erst dann rollen wir eine neue Software oder ein Tool in der Breite aus. Auch der externe Erfahrungsaustausch mit Branchenkollegen spielt eine große Rolle, beispielsweise auf Kongressen, Infoveranstaltungen oder in Diskussionsgruppen in sozialen Netzwerken. Nicht zuletzt engagieren wir uns stark in der Start-up-Szene. Seit vielen Jahren sind wir Kooperationspartner des LMU Entrepreneurship Center in München, am Standort Regensburg sind wir Partner der TechBase, ebenso einem Start-up-Center. Dadurch sind wir in der Start-up-Szene gut vernetzt und haben auch in Bezug auf neue technologische Entwicklungen das Ohr am Markt.

Mit der Digitalisierung eng verknüpft ist der Begriff „New Work“, der die neue Arbeitswelt, zeitgemäße Führung und eine agile Unternehmensorganisation beschreibt. Wie ist Ihre Kanzlei diesbezüglich aufgestellt?

Wir sehen uns hier auf einem Mittelweg. Die Mitarbeiter, die mit uns den Weg der Digitalisierung gehen, sind engagiert, ziehen mit uns an einem Strang und geben Anregungen und Tipps, wie wir etwas besser machen können. Auch bei den Arbeitszeiten gibt es heute eine gewisse Flexibilität und viele Mitarbeiter haben die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, was wiederum die Mitarbeiterzufriedenheit stark verbessert – vor allem bei Mitarbeitern mit kleinen Kindern.

Bei uns ist Digitalisierung Chefsache und alle Mitarbeiter sind herzlich eingeladen, mitzuwirken und sie auszugestalten.


Nichtsdestotrotz hat die Erfahrung gezeigt, dass Kernarbeitszeiten sehr wichtig sind. Prozessbrüche werden vermieden, wenn jeder zur gleichen Zeit erreichbar ist, beispielsweise wenn es Probleme oder Rückfragen gibt. Auch ist der Partner nach wie vor die treibende Kraft der Kanzlei-Entwicklung. Wichtige Entscheidungen müssen Top-Down umgesetzt werden. Wir beobachten, dass beispielsweise die digitale Transformation in manchen Unternehmen den Abteilungen selbst überlassen wird, weil die Führungsetage keine Zeit dafür hat. Das endet schnell im Chaos. Bei uns ist Digitalisierung Chefsache und alle Mitarbeiter sind herzlich eingeladen, mitzuwirken und sie auszugestalten.

Schlagworte zum Thema:  Leadership, Digitalisierung