Corona, Nachhaltigkeit und Steuerkanzleien

Während wir auf ein Abklingen der Corona-Pandemie hoffen dürfen, verändern unsere jüngsten Erfahrungen auch den Blick in die Zukunft. Es sind fraglos Lehren zu ziehen, aber taugen Pläne, die quasi im Schockzustand entstehen? Und was wäre eine konstruktivere Alternative?

Im März kam der Tritt auf die Notbremse. Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, werden soziale Kontakte eingeschränkt. Es ist eine merkwürdige Stimmung. Einige preisen die Ruhe und Entschleunigung, andere erscheint sie als unheimliche Totenstille. Und über alldem die Furcht, der Virus könnte seine hohen Todeszahlen einfordern.

In den Kanzleien hingegen ist Mehrarbeit unter erschwerten Bedingungen gefordert. Zum üblichen Termingeschäft kommen sorgenvolle Gespräche mit Unternehmern und Unternehmerinnen, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Hilfen, Stundungen und Kurzarbeitergeld werden beantragt, Notfallpläne entworfen.

Mit dem Silberstreif kommen die Interpretationsmuster

Im Mai zeigt sich ein erster Silberstreif. Die Ausbreitungs-Kurve scheint erfolgreich geglättet. Das Risiko bleibt bestehen, erscheint nach Wochen aber erstmals kleiner, vielleicht sogar beherrschbar. Gleichzeitig werden die Kollateralschäden dieser Anstrengung deutlich. Und sofort setzen Interpretationsmuster ein. Als ob die Krise zu etwas gut gewesen sein musste.

Den Freunden der Entschleunigung ist sofort klar: Die Krise hat scheinbar Unverzichtbares als durchaus verzichtbar enttarnt und alte Abläufe als bloßen Unwillen, es besser zu machen. Schließlich profitiere sogar das Klima vom wirtschaftlichen Herunterfahren: Weltweit 17 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zum April im vergangenen Jahr. Ihnen scheint der Weg klar. Es sollten nur solche Tätigkeiten wieder aufgenommen werden, die den neuen Anforderungen gerecht werden: zukunftsträchtig und klimaneutral, überschaubares Wachstum anstelle von empfundener Maßlosigkeit. Nur die einsichtige und geradezu reuige Fortsetzung der durch Corona erzwungenen Einschränkungen könne uns in die Zukunft tragen.

Dabei übersehen sie die Schäden, die andere härter und direkter trafen. Diverse Geschäftsleute haben mit dem Zusammenbruch ihres Betriebs bezahlt und mit ihnen viele Arbeitnehmer. Ihr wirtschaftliches Überleben, ihre wirtschaftliche Gesundung ist noch nicht ausgemacht. Die Freunde der Entschleunigung schlagen menschliche Innovationskraft in den Wind und setzen aufs Verbot und Sterbenlassen. Der ehemalige Grünen-Politiker Ralf Fücks vom Zentrum Liberale Moderne benennt ihren Denkfehler: „Klimaschutz ist Aufbruch, nicht Abbruch. Wer Ökologie, Freiheit und Wohlstand gegeneinander ausspielt, wird alles verlieren.“

Krise in Kanzleien beweist: Digital gewinnt

Dennoch hat die Krise in den Kanzleien zwei Nachweise ganz praktisch geführt: Erstens, digital arbeitende Kanzleien blieben handlungsfähig, selbst wenn die Angestellten im Homeoffice arbeiten mussten. Zweitens, Vorbereitung ist alles. Wer von den Gegenmaßnahmen auf dem falschen Fuß erwischt wurde, kann entschuldigend auf die Unvorhersehbarkeit dieser Entwicklung verweisen. Wer von der möglichen Wiederholung dieses ganzen Schlamassels auf dem falschen Fuß erwischt wird, kann diese Entschuldigung nicht mehr anführen.

Konstruktive Verbindung neuer Konzepte: Nachhaltigkeit

Mit der „Agenda 2030“ der Vereinten Nationen liegt ein Konzept vor, das die konstruktiven Elemente der bisher genannten Konzepte aufnimmt: Nachhaltigkeit. Seinen Ursprung hat der Begriff in der Forstwirtschaft und besagt, dass nicht mehr abgeholzt werden darf, als nachwachsen kann. Diese Prinizip wurde gedanklich ausgeweitet und auf weitere menschliche Tätigkeiten angewendet: Die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen unseres Tuns sollten die Regenerationsfähigkeit der genutzten Systeme nicht überstrapazieren. 

Diese Perspektive der Nachhaltigkeit denkt eben auch die sozialen und wirtschaftlichen Folgen mit. Und anders als der nachweisliche Gewinner Digitalisierung, beschränkt sich die Nachhaltigkeit nicht auf eine rein technologiebezogenen Perspektive.

Was können Steuerkanzleien für ihre Zukunft daraus ableiten? Die Vereinten Nationen haben in der Agenda 2030 17 globale Ziele benannt. In Bayern münzt die Initiative Nachhaltige Kanzlei des LSBW die Ziele auf die Steuerberatung um. „Nachhaltigkeit = Vorsprung“ heißt es auf der Internetseite dazu. Wie der Trend zur Nachhaltigkeit die Tätigkeiten der Steuerberatung sozusagen in ihren wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen abrunden kann und wie Steuerkanzleien davon profitieren können, darum soll es in weiteren Artikeln hier auf Taxulting gehen.