Das bringt die neue Steuerberaterplattform

Die Bundessteuerberaterkammer arbeitet gemeinsam mit der DATEV eG an einer Steuerberaterplattform. Erster Anwendungsfall der Plattform soll das besondere elektronische Steuerberaterpostfach werden, das Berufsangehörige ab 2023 verpflichtend benutzen müssen. Wo die Vorteile dessen sowie der Plattform im Allgemeinen liegen und welche weiteren Anwendungsfälle geplant sind, weiß Claudia Kalina-Kerschbaum, Geschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer.

Frau Kalina-Kerschbaum, in welchem rechtlichen Kontext steht die Steuerberaterplattform?

Dass in puncto Digitalisierung bei der deutschen Verwaltung noch Luft nach oben ist, wissen wir nicht erst seit Corona – die papierbasierte Antragsflut oder stockende Online-Terminvergaben kennen viele nur zu gut. Eine reibungslose Digitalisierung aller Prozesse lässt sich aber nicht von jetzt auf gleich umsetzen. Bereits seit 2018 geht die Bundesregierung dieses Thema mit dem Onlinezugangsgesetz, kurz OZG, an und will die deutsche Verwaltung bis Ende 2022 flächendeckend digitalisieren. Das hat auch unmittelbaren Einfluss auf den Kanzleialltag der Steuerberater.

Damit Berufsträger auch in einer zunehmend digitalen Welt ihre Mandanten umfassend betreuen können, brauchen alle Steuerberater eine eigene autorisierte digitale Identität. Aktuell bestehende Postfächer wie das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach, kurz eBO, reichen nicht aus, um die Berufsträgereigenschaft in der elektronischen Kommunikation sicher nachzuweisen.

Claudia Kalina-Kerschbaum

Was wird dieses Defizit beheben?

Genau hier soll die Steuerberaterplattform mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach, kurz beSt, ansetzen und Abhilfe schaffen. Wir wollen eine einfache und sichere Kommunikation des Berufsstands mit Verwaltung und Finanzgerichten im digitalen Raum ermöglichen, bei der die Identität des Steuerberaters klar erkennbar ist. Auch der rechtliche Rahmen sieht die Nutzung des beSt vor: Laut Steuerberatungsgesetz sind alle Berufsträger ab dem 1. Januar 2023 verpflichtet, das Postfach für ihre digitale Kommunikation zu nutzen.

Wie verändert die Plattform den Kanzleialltag? Wie profitieren Mandant, Berater und Verwaltung?

Die Steuerberaterplattform bringt in Zukunft zahlreiche Vorteile für den Kanzleialltag mit sich: Mit ihr können Steuerberater über das beSt als sogenanntes elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach, kurz EGVP, medienbruchfrei und vor allem rechtssicher in der digitalen Welt kommunizieren. So steht der Berufsstand auf Augenhöhe mit den anderen rechtsberatenden Berufen im EGVP-Nachrichtenverkehr.

Für die Identifizierung des Berufsträgers auf der Steuerberaterplattform ist der Einsatz des neuen, hochsicheren Personalausweises mit eID vorgesehen. Die eindeutige Authentifizierung erfolgt durch einen Abgleich mit den von den regionalen Steuerberaterkammern geführten Berufsregistern. So geben Steuerberater auch im digitalen Raum den Selbstverwaltungsanspruch nicht aus der Hand. Dieses Verfahren schafft zudem Vertrauen bei allen Beteiligten. Mandantschaft, Gerichte und Verwaltung können sich sicher sein: hier agiert ein Berufsträger. Die besondere Stellung als Organ der Steuerrechtspflege wird somit für alle Partner erkennbar nachgewiesen.

Diese digitale Identität ist gleichzeitig Basis für die Nutzung der OZG-Dienste von Bund, Ländern und Behörden sowie perspektivisch auch von Diensten der Wirtschaft im Auftrag der Mandanten. Dabei können Berufsträger bei allen Services dasselbe Authentisierungsmedium verwenden. Hätte der Berufsstand derartige Kommunikationsstrukturen bereits bei der Beantragung der Corona-Hilfen zur Hand gehabt, wäre ihm viel Aufwand und Ärger erspart geblieben.

Welche weiteren Anwendungsgebiete gibt es?

Ein weiterer Vorteil: Die Anbindung an die Vollmachtsdatenbank. So können Steuerberater im Rahmen der Stellvertretung Vollmachten in digitalen Prozessen nachweisen und im Auftrag der Mandantschaft in Verwaltungsportalen handeln. Bisher ist dies nur gegenüber der Finanzverwaltung in bestimmten Prozessen des Besteuerungsverfahrens möglich und soll zukünftig mittels der Steuerberaterplattform insbesondere auf öffentliche Stellen ausgeweitet werden.

Da es sich bei der Kommunikation mit der Finanzverwaltung, aber auch mit den Gerichten meist um sensible Daten der Mandantschaft handelt, ist Sicherheit unser oberstes Gebot. Daher wird beim beSt der Nachrichtenverkehr mit einer durchgängigen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert. Somit liegen die übermittelten Nachrichten außerhalb der Verfügungsbereiche von Absender und Empfänger zu keinem Zeitpunkt unverschlüsselt vor. Darauf können sich alle Beteiligten verlassen.

Mit welcher Resonanz rechnen Sie bei Ihren Mitgliedern?

Klar bedeutet jede Neuerung immer eine gewisse Umstellung, vor allem wenn es um die tägliche Kanzleikommunikation geht. Aber wir sind überzeugt, dass die Vorteile der Steuerberaterplattform für sich sprechen.

Darüber hinaus wird den Berufsträgern der Einstieg in die Nutzung möglichst leicht gemacht: So wird bspw. die in der Steuerberaterkanzlei eingesetzte Fachsoftware über eine Schnittstelle mit der Plattform verbunden. Dies ermöglicht es Steuerberatern, weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung zu arbeiten.

Bis wann ist die finale Umsetzung vorgesehen?

Ein derartiges Projekt wie die Steuerberaterplattform lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Das ist klar. Als erster Anwendungsfall wird das beSt eingerichtet und danach die Plattform um verschiedene Funktionen erweitert. Ein fixes Enddatum für die Implementierung aller Funktionen lässt sich daher nicht nennen.

Die erste Stufe soll bis zum 31. Dezember 2022 abgeschlossen sein und neben einer EGVP-basierten Nachrichten-Infrastruktur wesentliche Elemente wie ein berufsständisches Identitäts- und Authentifizierungsmanagement umfassen. Parallel werden die Voraussetzungen für OZG-konforme Portalangebote durch die Bundes- und Regionalkammern geschaffen.

Welche Ausbaustufen sind schon geplant?

Nach Abschluss der ersten Stufe werden wir den Ausbau weiterer Plattformdienste in Angriff nehmen. Dank der eindeutigen Authentifizierung des Berufsstands soll auch ein Datenaustausch mit Rentenversicherungsträgern, Versicherungen u. a. perspektivisch möglich sein. Darüber hinaus sehen die Planungen bspw. eine Chat-Funktion für eine direkte, synchrone Kommunikation mit der Finanzverwaltung vor.