Rn. 403

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Gemäß § 252 Abs 1 Nr 2 HGB ist bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit, nicht von Zerschlagung auszugehen (Going concern-Prämisse), sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Dies gilt gemäß § 5 Abs 1 S 1 EStG auch im Steuerrecht (BFH v 27.06.2001, I R 45/97, BStBl II 2003, 121; BFH v 16.12.1987, I R 68/87, BStBl II 1988, 338). Für die Teilwert-Definition ordnet § 6 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG die Going concern-Prämisse ausdrücklich an ("dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt"), sie spiegelt sich ebenso wider in der fehlenden Möglichkeit zur Teilwertabschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung (§ 6 Abs 1 Nr 1 S 2, Abs 2 S 2 EStG).

Die Going concern-Prämisse ist über die Bewertung hinaus auch für den Ansatz relevant (vgl Schulze-Osterloh, BB 2017, 429; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006; Kahle in HdJ, Abt VII/1, Rz 124 (Februar 2019); aA BFH v 05.04.2017, X R 30/15, BStBl II 2017, 900 Rz 32 mit Hinweis auf die Going concern-Prämisse Rückstellung für Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer ablehnend). So ist für die personelle Zurechnung von WG zum wirtschaftlichen Eigentümer nach § 39 Abs 2 Nr 1 AO, § 246 Abs 1 S 2 HGB ein dauerhafter Einwirkungsausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers erforderlich, für dessen Beurteilung auf den "Regelfall", dh den nach vertraglicher Gestaltung unter "normalen Umständen" zu erwartenden "typischen Geschehensverlauf" abzustellen, dh sowohl auf die gewöhnliche Nutzung(sdauer) der WG als auch auf Fortführung des Unternehmens. Untergang des WG ebenso wie (hypothetische) Insolvenz eines Vertragspartners haben außer Betracht zu bleiben (BFH v 26.01.1970, IV R 144/66, BStBl II 1970, 264 zum hypothetischen Konkurs eines Leasingnehmers; vgl auch FD Nds v 03.07.2013, 4 K 188/11, EFG 2013, 1724 rkr; FG Münster v 11.12.2014, 5 K 3068/13 F, EFG 2015, 694 rkr).

Tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten, die zum Ausschluss der Fortführungsprognose führen, müssen objektiver Natur sein (zB Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Überschuldung iS §§ 17 ff InsO). Hat das Unternehmen seine Tätigkeit eingestellt bzw ist bei objektiver Betrachtung hinreichend sicher, dass die Tätigkeit absehbar eingestellt wird, ist die Going concern-Prämisse nicht mehr erfüllt. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Going concern-Prämisse gilt eine Ausnahme vom Stichtagsprinzip (IDW PS 270, WPg 2003, 775: Prognosehorizont grds 12 Monate ab dem Abschlussstichtag; IDW v 25.03.2020, Auswirkungen der Ausbreitung des Corona-Virus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung, Teil 2, unter 3.1.1.; Naumann/Breker/Siebler/Weiser in HdJ, Abt I/7 Rz 142f (April 2013); Schiffers, GmbHR 2020, 522; Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht Rz 9.92 (24. Aufl 2021)), da zu vermeiden ist, dass ein JA unter Fortführungsprämisse erstellt wird, obschon bei Aufstellung des JA offenkundig ist, dass dem geänderte tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Der JA ist in bei fehlender positiver Fortführungsprognose unter Liquidationsgesichtspunkten aufzustellen; insoweit liegt ein begründeter Ausnahmefall iS § 252 Abs 2 HGB vor, der eine Abweichung von den Grundsätzen der Ansatz- und der Bewertungsstetigkeit (s Rn 400) rechtfertigt (IDW RS HFA 17 v 11.07.2018).

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