Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 3
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
§ 22 UmwStG regelt die Besteuerung des AE. Gegenstand der Bestimmungen ist die rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns im Wj der Einbringung, wenn innerhalb eines Sieben-Jahres-Zeitraums die aus der Einbringung erhaltenen bzw die iRd Einbringung übertragenen Anteile veräußert werden oder wenn andere Vorgänge realisiert werden, die der Ges-Geber als der Veräußerung vergleichbar erachtet. Die Rechtsfolgen des § 22 UmwStG erschöpfen sich in der Bestimmung, Ermittlung und weiterer Auswirkungen des nachträglichen Einbringungsgewinns. Keine Aussagen enthält § 22 UmwStG zur Entstehung, Versteuerung (mit Ausnahme der Sonderfälle des § 22 Abs 4 UmwStG, s Tz 93ff) und Ermittlung der Eink aus dem Veräußerungsvorgang selbst bzw zu der stlichen Behandlung der gleichgestellten Vorgänge.
Hinsichtlich der Anteile aus einer Betriebseinbringung zum Bw oder Zwischenwert iSd § 20 UmwStG bestimmt § 22 Abs 1 UmwStG im Fall der Veräußerung der erhaltenen Anteile (oder Realisierung vergleichbarer Vorgänge) einen nachträglichen Einbringungsgewinn. Dies gilt auch für Anteile an der "Übernehmerin" aus dem Formwechsel einer Pers-Ges in eine Kap-Ges/Gen gem § 25 UmwStG und aus der Option einer Pers-Ges nach § 1a KStG (s § 25 UmwStG Tz 81–82). Insoweit hat § 22 UmwStG die Besteuerung des AE von aus einer Einbringung erworbenen Anteilen zum Gegenstand und ist somit die Nachfolgeregelung des § 21 UmwStG aF zu den einbringungsgeborenen Anteilen (beide Vorschriften sind mit "Besteuerung des AE" überschrieben). Unter Änderung des bisherigen Besteuerungssystems werden jedoch nicht die stillen Reserven in den Anteilen zum Realisierungszeitpunkt versteuert; vielmehr erfolgt eine Rückprojektion auf den Einbringungsstichtag und den dort vorhandenen stillen Reserven, allerdings zeitlich begrenzt auf sieben Jahre ab der Einbringung. Damit löst § 22 Abs 1 UmwStG auch die Missbrauchsverhinderungsnormen der §§ 3 Nr 40 S 3 und 4 EStG aF, § 8b Abs 4 KStG aF (s Tz 1d) ab, welche darauf abzielten, eine unter Ausnutzung der st-begünstigten Einbringung erzielte stliche Statusverbesserung bei der Besteuerung des Einbringenden zu unterbinden (zust s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 24 und 27).
Hinsichtlich der Anteile aus einem Anteilstausch zum Bw oder Zwischenwert iSd § 21 UmwStG und in Bezug auf die in einer Betriebseinbringung iSd §§ 20 Abs 1, 25 UmwStG enthaltenen Anteile an Kap-Ges bestimmt § 22 Abs 2 UmwStG im Fall der Veräußerung der erhaltenen Anteile einen nachträglichen Einbringungsgewinn, wenn und soweit bei der einbringenden Person ein (gedachter) VG aus den eingebrachten Kap-Anteilen nicht nach § 8b Abs 2 KStG begünstigt gewesen wäre. Diese Regelung führt insoweit die (weggefallenen) Bestimmungen der Missbrauchsverhinderungsvorschriften der §§ 8b Abs 4 S 1 Nr 2 KStG aF und § 26 Abs 2 S 1 UmwStG aF (Sperrung der Möglichkeiten, durch Einbringung tw st-verhaftete stille Reserven in nach § 8b Abs 2 KStG vollständig st-befreite Reserven "umzuwandeln" und diese "Statusverbesserung" innerhalb einer bestimmten Sperrfrist nach der Einbringung zu nutzen, bzw durch grenzüberschreitenden Anteilstausch eine Besteuerung im Inl zu verhindern) fort (s Tz 69).
Tz. 3a
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
- Suspendierung von § 22 UmwStG für bestimmte Entflechtungen von Energieunternehmen
Durch die EU-Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG werden die vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, den Geschäftsbereich des Netzbetriebs stärker als bisher von den anderen Bereichen zu trennen. Diese Separierung kann zB durch Ausgliederung des Netzbereichs im Wege der Sacheinlage iSd § 20 Abs 1 UmwStG erfolgen. Der Ges-Geber sieht die Verhinderung von Erschwernissen der notwendigen Entflechtungsmaßnahmen – insbes im Hinblick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU – als höherrangiger an als die restriktiven Anforderungen an den stlichen Teilbetrieb iSd § 20 Abs 1 UmwStG und die aus einer Einbringung folgenden Sperrfristen des § 22 UmwStG (s BT-Drs. 17/6358, 15). Aus diesen Gründen enthält § 6 Abs 2 S 1 und 2 EnWG eine Teilbetriebsfiktion für Zwecke der Einbringung (s § 20 UmwStG Tz 105; s § 24 UmwStG Tz 91 aE). Weiterhin wird gem § 6 Abs 2 S 4 und 5 EnWG die Norm des § 22 UmwStG für nicht anwendbar erklärt, wenn und soweit bei einer rechtlichen oder operationellen Entflechtung des Netzes, die nicht auf freiwilliger Grundlage erfolgt, vorhandene sperrfristverhaftete Anteile iSd § 22 UmwStG entgeltlich übertragen werden (sei es durch Veräußerung gegen Kaufpreis oder durch Umwandlung/Einbringung gegen Gesellschaftsrechte). Von der Suspendierung des § 22 UmwStG betroffen sind gem § 6 Abs 2 S 5 EnWG nur solche sperrfristverhafteten Anteile, "die zum Zeitpunkt der Entflechtung bereits bestanden haben, dh die bereits in der Vergangenheit (also vor Beginn der Entflechtung) durch vorausgehende Einbringungsvorgänge entstanden sind" (s BT-Drs. 17/6358, 15). Weitere Voraussetzung ist, dass die Entflechtungsmaßnahme ...