vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 29/20)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für die Strafverteidigung des Kindes als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwendungen für die Strafverteidigung eines Kindes sind nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG berücksichtigungsfähig.
  2. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG stellt eine abschließende Regelung für alle Prozesskosten, auch für die Kosten der Strafverteidigung eines Kindes, dar.
  3. Strafverteidigungskosten eines Kindes sind keine typischen Unterhaltsaufwendungen, die als Unterstützungsleistungen nach § 33a EStG steuerlich berücksichtigungsfähig sind.
 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 4, § 33a

 

Streitjahr(e)

2017

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.08.2022; Aktenzeichen VI R 29/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Kläger Aufwendungen für die Strafverteidigung ihres Sohnes als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EinkommensteuergesetzEStG - geltend machen können.

Die als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung 2017 Strafverteidigerkosten für Ihren Sohn A, geb. in 1999, i.H.v. 12.495 € als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG anzuerkennen (Bl. 74 Gerichtsakten).

Mit Einkommensteuerbescheid vom 13.05.2019 (Bl. 50 Einkommensteuerakten) lehnte das beklagte Finanzamt - Finanzamt – den Ansatz dieser Aufwendungen ab. Prozesskosten seien vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, weil es sich nicht um Aufwendungen handele, ohne die die Kläger Gefahr liefen, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Der Einspruch hiergegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 79 Einkommensteuerakten).

Hiergegen haben die Kläger, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgen.

Außergerichtlich und gerichtlich vertreten die Beteiligten folgende Rechtsansichten:

Die Kläger stützen ihre Auffassung im Wesentlichen auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.05.1990 III R 145/85 BStBl. II 1990, 895 und vom 30.10.2003 III R 23/02 BStBl. II 2004, 267. Der BFH, so die Kläger, gehe in beiden Urteilen davon aus, dass einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für die Strafverteidigung seines volljährigen Kindes aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und somit als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen seien, wenn es sich um „ein innerlich noch nicht gefestigtes, erst heranwachsendes Kind handelt, dessen Verfehlung strafrechtlich noch nach dem Jugendstrafrecht geahndet werden kann“. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Fall unstreitig vor. Zudem liege aufgrund der Unterhaltsverpflichtung der Kläger gegenüber Ihrem Sohn auch eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen vor. Dass es sich bei den genannten Urteilen um solche nach der Rechtslage vor dem 01.01.2013 handele, sei unerheblich. Die in den Urteilen aufgestellten Grundsätze seien weiterhin von Bedeutung, da der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG den Rechtszustand vor dem Urteil des BFH vom 12.05.2011 wiederherstellen wollte. Dass eine weitergehende Änderung der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung gewollt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Die Kläger nehmen insoweit auf die Kommentierung von Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 18. Aufl. § 33 Rn. 47c Bezug.

Die Kläger haben ihren Antrag der Höhe nach im gerichtlichen Verfahren auf 9.520,-€ reduziert, da nur dieser Betrag im Streitjahr gezahlt worden sei.

Die Kläger beantragen,

  1. die mit der Einkommensteuererklärung 2017 erklärten Strafverteidigerkosten in Höhe von 9.520,-€ als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 2017 unter Änderung des Steuerbescheides vom 13.05.2019 und der Einspruchsentscheidung vom 12.08.2019 entsprechend herabzusetzen,
  1. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen,
  1. für den Fall der vollen oder teilweisen Ablehnung des Klageantrags die Revision zuzulassen,
  1. die notwendigen Gebühren und Auslagen im Einspruchsverfahren für erstattungsfähig zu erklären.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen und

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beruft sich auf den seit dem Veranlagungszeitraum 2013 eingefügten § 33 Abs. 2 S. 4 EStG. Der Wortlaut dieser Norm setze nicht voraus, dass es sich um eigene Prozesskosten des Steuerpflichtigen handele, so dass auch Prozessaufwendungen für das Verfahren eines Dritten betroffen sein können. Eine Anerkennung sei nur in den im Gesetz genannten Ausnahmefällen möglich, was vorliegend nicht gegeben sei. Es könne auch nicht Intention des Gesetzgebers gewesen sein, Aufwendungen für die e i g e n e Prozessführung auszuschließen, solche für a n d e r e Personen jedoch zuzulassen.

Wegen Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die gewechs...

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