Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen des alleinschuldig geschiedenen Ehegatten für die Einrichtung des Haushalts seiner früheren Ehefrau nach der Scheidung gehören dem Vermögensbereich an und können deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Das gilt sowohl für die Anschaffung von Möbeln als auch für die mit der Trennung der Eheleute verbundenen Folgeaufwendungen für die Beschaffung und den Bezug einer neuen Wohnung.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Arzt. Er wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Juni 1965 von seiner ersten Ehefrau alleinschuldig geschieden; seit dem 17. September 1965 ist er wieder verheiratet. In seiner Einkommensteuererklärung für 1965 setzte der Kläger u. a. folgende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG an, zu denen er sich gegenüber seiner früheren Ehefrau durch notariellen Vergleich für den Fall der Scheidung aus seinem Alleinverschulden verpflichtet hatte:

Möbelanschaffung 5 244,- DM

Gardinen 1 106,44 DM

Hausrat 3 648,42 DM

Makler 600,- DM

Mietvorauszahlung 5 200,- DM

Instandsetzungsarbeiten 5 452,99 DM

Umzugskosten 1 261,70 DM

Telefonanschluß 120,- DM

22 633,55 DM

Anwaltskosten 4 170,77 DM

26 804,32 DM

Die geschiedene Ehefrau hatte nach der Scheidung eine neue Wohnung bezogen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte nur die Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung an. Sie blieben jedoch steuerlich ohne Auswirkung, weil sie die zumutbare Eigenbelastung des Klägers nicht überschritten. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das FG führte aus: Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen seien nicht zwangsläufig i. S. von § 33 EStG. Der Kläger sei weder aus rechtlichen noch aus sittlichen oder tatsächlichen Gründen verpflichtet gewesen, die streitigen Aufwendungen für seine geschiedene Ehefrau zu tragen. Zwar sei der Kläger als alleinschuldig geschiedener Teil zur Zahlung eines angemessenen Unterhalts gegenüber seiner früheren Ehefrau verpflichtet. Diese Verpflichtung habe der Kläger aber bereits durch monatliche Zahlungen von 1 600 DM großzügig erfüllt. Der Kläger habe sich menschlich zwar anerkennenswert verhalten. Dies allein genüge aber nicht, um auf dem Weg der Steuerermäßigung seine großzügigen Aufwendungen auf die Allgemeinheit zu verlagern. Dem Kläger hätte objektiv kein sittlicher Vorwurf gemacht werden können, wenn er sich auf die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung beschränkt hätte. Darüber hinaus seien die Aufwendungen als Unterhaltsleistungen im weiteren Sinn zu sehen, die nach dem Willen des Gesetzgebers durch die typisierende Regelung des § 33 a Abs. 1 und 4 EStG abgegolten seien. Zum Unterhalt gehörten die unmittelbar der Lebenshaltung dienenden normalen Aufwendungen für Ernährung, Wohnung, Kleidung usw. Dabei spiele die Höhe der Aufwendungen keine Rolle. Eine über § 33 a Abs. 1 EStG hinausgehende Berücksichtigung von Unterhaltskosten im weiteren Sinn würde dazu führen, daß geschiedene Ehegatten steuerlich besser behandelt würden als die Partner in einer bestehenden Ehe. In Ziff. 6 und 7 des Vergleichs sei die Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten geregelt worden. Danach habe der gesamte Hausrat der Ehefrau zustehen sollen. Auch wenn der Kläger seiner geschiedenen Ehefrau wegen der Wertlosigkeit der alten Wohnungseinrichtung eine neue gekauft habe, bleibe es ein Vorgang der Vermögensauseinandersetzung, der den Einkommensbereich und damit den § 33 EStG nicht berühre.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 33 EStG. Der BFH habe mit Urteil vom 9. Dezember 1966 VI R 101/66 (BFHE 87, 613, BStBl III 1967, 246) entschieden, daß Aufwendungen, die nicht zu den üblichen laufenden Unterhaltsleistungen rechneten, nicht unter § 33 a EStG fielen, sondern nach § 33 EStG zu behandeln seien. Auf dieses Urteil sei das FG nicht eingegangen, obwohl es entscheidungserhebliche Bedeutung habe. Dagegen würde das vom FG zitierte Urteil vom 2. Dezember 1960 VI 148/59 U (BFHE 72, 200, BStBl III 1961, 76) seinen Fall nicht treffen. Nach der Rechtsprechung des RFH und nach der herrschenden Meinung in der Literatur sei die Wiederbeschaffung von Hausrat nach der Ehescheidung ein Fall des § 33 EStG. Seine geschiedene Ehefrau habe außer ihrem Unterhaltsanspruch gegen ihn kein eigenes Einkommen oder Vermögen gehabt. Sie sei daher nicht in der Lage gewesen, selbst die anfallenden Kosten zu tragen. Er habe sich daher sittlich und moralisch verpflichtet gefühlt, seiner geschiedenen Ehefrau zu helfen, einen eigenen Haushalt einzurichten. Er hätte sie niemals in ein ungewisses Schicksal mit großen sozialen Spannungen und finanziellen Nöten entlassen können. Die Mehrzahl aller billig und gerecht denkenden Bürger würden seine sittliche Verpflichtung bejahen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Einkommensteuer 1965 von 37 462 DM auf 27 124 DM herabzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Auffassung des Klägers, seine Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft könnten nicht in die typisierende Regelung des § 33 a Abs. 1 EStG einbezogen werden, vermag der Senat nicht zu folgen. Der erkennende Senat hat schon mit Urteil vom 18. Juli 1958 VI 16/57 U (BFHE 67, 294, BStBl III 1958, 388) entschieden, daß Aufwendungen eines Ehegatten im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, die mit der vermögensmäßigen Auseinandersetzung zusammenhängen, systematisch keine außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) darstellen können. Auf diese Rechtsprechung, an der der Senat festhält, wurde erneut im Urteil vom 22. Januar 1971 VI R 47/69 (BFHE 101, 384, BStBl II 1971, 325 [327]) hingewiesen. Dabei ist es unerheblich, ob die Vermögensauseinandersetzung im Wege des Vergleichs oder durch richterliche Entscheidung nach der heute noch gültigen "Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats nach der Scheidung" vom 21. Oktober 1944 (RGBl I 1944, 256) durchgeführt wird. Soweit Vereinbarungen über die bisherige Wohnung, die Wohnungseinrichtung und den Hausrat Folgekosten auslösen, gehören diese wegen ihrer engen Verbindung mit der vermögensmäßigen Auseinandersetzung der Eheleute nicht dem Einkommensbereich an. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, daß der Ankauf neuer Möbel auf die steuerliche Zuordnung der Aufwendungen zum Vermögensbereich ohne Einfluß ist. Dabei ist es unerheblich, ob der Kläger sich sittlich verpflichtet fühlte, seiner früheren Ehefrau in großzügiger Weise die Einrichtung einer neuen Wohnung zu ermöglichen; denn auch dann können die Aufwendungen nur als eine Abfindung für vermögensmäßige Ansprüche der Ehefrau im weiteren Sinn gesehen werden.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil VI R 101/66 berufen. Dort hat der Senat allerdings den Abzug von Aufwendungen in einer den Höchstbetrag des § 33 a Abs. 1 EStG überschreitenden Höhe anerkannt. Das lag aber an den Besonderheiten des Falles, die hier nicht gegeben sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71402

BStBl II 1975, 538

BFHE 1976, 24

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