Rz. 4

Aus § 811 ZPO ergibt sich eine Vielzahl von Sachen, die nicht gepfändet werden dürfen. Hierbei handelt es sich zumeist um solche Sachen, die als unentbehrlich für eine angemessene Lebensführung des Vollstreckungsschuldners sowie seiner Angehörigen oder den Erhalt der Erwerbstätigkeit angesehen werden.[1] Durch das Gerichtsvollzieherschutzgesetz (GvSchuG) wurde die Regelung überarbeitet und teilweise an moderne Lebensgewohnheiten angepasst. Viele der bisher geltenden Pfändungsschutzbestimmungen finden sich aber auch in der Neufassung des Gesetzes wieder.

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz. 3b.

2.1.1 Haushaltsgegenstände etc. (§ 811 Abs. 1 Nr. 1a ZPO)

 

Rz. 5

Unpfändbar sind nach § 811 Abs. 1 Nr. 1a ZPO die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen, die der Schuldner zur angemessenen, bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung benötigt.[1] Zum Haushalt zählen alle Familienmitglieder, die mit dem Vollstreckungsschuldner zusammenleben.[2] Dies gilt auch für Lebenspartner i. S. d. LPartG. Als Beispiele für Haushaltsgegenstände wurden in der alten Fassung der Norm genannt Kleidungsstücke, Wäsche, Betten sowie Haus- und Küchengeräte. Diese explizite Aufführung findet sich in der Neufassung nicht mehr. Der Grundgedanke ist jedoch unverändert. Mit der Bestimmung soll die Fortführung eines bescheidenen, aber nicht ärmlichen Haushalts gesichert werden.[3] Es ist für die Anwendung der Bestimmung nicht erforderlich, dass diese Sachen unentbehrlich sind. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausstattung sind die Höhe der Schulden sowie fremde Sachen, die benutzt werden dürfen, zu berücksichtigen. Die Frage der Angemessenheit hängt somit vom Einzelfall ab und wird auch einem ständigen Wandel in der Verkehrsanschauung unterliegen. Kleinlich soll hierbei nicht verfahren werden.[4]

 

Rz. 6

Neben den ausdrücklich in der Altfassung der Bestimmung aufgeführten Gegenständen fallen hierunter auch Kochgelegenheiten, Heizgeräte, Radiogeräte, Kühlschränke, Waschmaschinen, erforderliche Möbel sowie die erforderliche Mindestausstattung an Haushaltsgegenständen und Geschirr.[5] Unpfändbar ist nach der Rechtsprechung insbesondere das Fernsehgerät, da es das wesentliche Medium zur Information ist. Ein Radio ist damit nicht vergleichbar.[6] In Betracht kommt hier aber u. U. eine Austauschpfändung gegen ein weniger teures Gerät.[7] Ob sich diese Rechtsprechung angesichts der Änderung in den Informationsgewohnheiten durch das Internet noch vollständig aufrechterhalten lässt, erscheint fraglich. Gepfändet werden können solche Gegenstände, die einen höheren Lebensstandard repräsentieren. Dies können etwa sein Geschirrspüler, Tiefkühler, Platten- und CD-Spieler, Fotoapparate, Film- und Videokameras, DVD- und Videorecorder, Computer, Mobiltelefone usw., wenn ihre Pfändung nicht nach anderen Bestimmungen ausgeschlossen ist.[8] Zu beachten ist vor allem § 811 Abs. 4 ZPO.[9] Zu § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Einzelnen Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 811 ZPO Rz. 11ff.; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz. 29.

[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 295 AO Rz. 12.
[3] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz. 25 zu gewissen vorzunehmenden Abstufungen.
[4] BFH v. 30.9.1997, VII B 67/97, BFH/NV 1998, 421; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz. 26.
[5] Flockenhaus, in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 811 ZPO Rz. 11; Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 811 ZPO Rz. 11ff.
[9] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz. 31ff.

2.1.2 Erwerbsgegenstände (§ 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)

 

Rz. 7

Unpfändbar sind die für den Schuldner und seine Familie sowie Hausangehörigen nach § 811 Abs. 1 Nr. 1b ZPO für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder einer damit im Zusammenhang stehenden Aus- oder Fortbildung stehende Sachen. Die Vorgängerbestimmung hierzu fand sich in § 811 Abs. 1 Nr. 5 und 6 ZPO a. F. Die Regelung dürfte die größte praktische Bedeutung zukommen. Es sind pfändungsfrei die Gegenstände, die für die Fortsetzung einer körperlichen oder geistigen Erwerbstätigkeit erforderlich sind. Geschützt wird hierbei nur der persönliche Einsatz, nicht der Einsatz von Kapital. Kapitalgesellschaften können deshalb nicht zu der Anwendung der Norm führen[1], wohl aber Personengesellschaften, soweit die Gegenstände der eigenen Mitarbeit des Gesellschafters in der Gesellschaft dienen.[2] Pfändbar sind nach der Norm danach alle Anlagegegenstände, deren Wert den Wert der auf sie bezogenen Arbeitskraft des Gesellschafters erheblich übersteigt, da dann der Kapitaleinsatz den Arbeitseinsatz übersteigt. Unter die Bestimmung fallen etwa Handwerker oder Freiberufler. Beispiele sind etwa der Pkw des Handelsvertreters, Kühlvorrichtungen eines Lebensmittelgeschäfts oder Laden- und Büroeinrichtung oder ein Fotokopierer bei einem Steuerberater.[3] Zu Einzelheiten s. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 295 AO Rz....

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