Tz. 1064

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Zahlt ein Gesellschafter ein Darlehen vorzeitig zurück, obwohl diese Möglichkeit im Darlehensvertrag nicht geregelt ist, hat auch dies auf die tats Durchführung des Darlehensvertrags keine Auswirkung. Auch unter fremden Dritten ist eine vorzeitige Darlehensrückzahlung durchaus denkbar und üblich, wenn ein Darlehensschuldner unverhofft "zu Geld kommt". Allerdings kann eine vGA insoweit vorliegen, als die Gesellschaft durch die vorzeitige Rückzahlung einen finanziellen Nachteil erleidet. Dies wird insbes dann der Fall sein, wenn sie die zurückgezahlte Darlehensvaluta nicht für eigene Zwecke (zB für Investitionen) benötigt und sie deshalb zu einem niedrigeren Zinssatz bei einer Bank (zB als Festgeld) anlegen muss. Anhaltspunkt für die Höhe der vGA kann in einem solchen Fall die von einem Kreditinstitut üblicherweise in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung sein.

Fraglich ist aber, ob eine vGA dann nicht anzunehmen ist, wenn auch die Gesellschaft ein Interesse an der vorzeitigen Rückzahlung hat, weil sie das Geld für eigene Investitionen benötigt und sie dafür ohne die Rückzahlung ein Darlehen zu einem höheren Zinssatz bei einem Kreditinstitut aufnehmen müsste. Gegen die Annahme einer vGA spricht in diesen Fällen, dass die vorzeitige Rückzahlung auch für die Darlehensgläubigerin von Vorteil ist, weil sie sich höheren eigenen Finanzierungsaufwand für die anstehenden Investitionen erspart. Andererseits könnte für eine vGA sprechen, dass ein fremder Darlehensgläubiger dem vorzeitig zurückzahlenden Schuldner eher nicht mitteilen wird, dass ihm die vorzeitige Rückzahlung wirtsch gelegen kommt und deshalb von einem fremden Darlehensschuldner versuchen würde, trotz des positiven wirtsch Effekts eine Vorfälligkeitsentschädigung zu erhalten. Entspr hat auch der BFH jedenfalls bei der Frage nach der Angemessenheit von Zinsen argumentiert; dazu s Urt des BFH v 18.05.2021 (DStR 2021, 2056, Rn 37): "… der gedachte ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter sich für seine Preisgestaltung gegenüber fremden Dritten auch dann am Marktpreis orientieren könnte und im Interesse seines Unternehmens auch würde, wenn der Marktpreis im betreffenden Fall zu einer ungewöhnlichen hohen Gewinnmarge führen würde". Oder kürzer und salopper ausgedrückt: "Der Kaufmann nimmt, was er bekommen kann".

 

Beispiel 1:

Die D-GmbH gewährte ihrem Gesellschafter D im Jahr 01 in einer Hochzinsphase ein Darlehen über 100 000 EUR. Die Verzinsung wurde mit (seinerzeit marktüblichen) 4 % fest für die gesamte Darlehenslaufzeit von zehn Jahren vereinbart (Fälligkeitsdarlehen). Als Sicherheit erhielt die GmbH eine Grundschuld eingetragen. Im Jahr 05 zahlte D das Darlehen aus zwischenzeitlich ererbten Mitteln vorzeitig an die GmbH zurück. Da die GmbH gerade keinen Kap-Bedarf hatte, legte sie das Geld in festverzinslichen Wertpapieren an. Auf Grund des zwischenzeitlich gesunkenen Zinsniveaus erhielt sie dafür jedoch nur Zinsen iHv 1 %.

Lösung:

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte gegenüber einem fremden Darlehensschuldner der vorzeitigen Rückzahlung nur zugestimmt, wenn dieser eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichtet hätte. Der Verzicht auf eine solche Vorfälligkeitsentschädigung muss deshalb (in banküblicher Höhe) als vGA angesehen werden.

Beispiel 2:

Der Sachverhalt entspricht Bsp 1; der marktübliche Darlehenszinssatz betrug jedoch für eine zehnjährige Zinsfestschreibung 2 %. Ohne vorzeitige Darlehensrückzahlung müsste die GmbH für eigene Investitionen selbst ein Darlehen bei einem Kreditinstitut zu einem Zinssatz von 2,5 % aufnehmen.

Lösung:

In diesem Fall hat die GmbH zwar ein eigenes wirtsch Interesse an der vorzeitigen Darlehensrückzahlung. Durchaus fraglich ist aber, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter auch gegenüber einem fremden Darlehensschuldner einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung unter Verzicht auf die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zugestimmt hätte. Es erscheint deshalb nicht ausgeschlossen, dass auch in diesem Fall eine vGA angenommen werden muss. Umgekehrt betrachtet kann aber jedenfalls nicht von einer verdeckten Einlage ausgegangen werden, wenn die vorzeitige Rückzahlung auch im Interesse der Gesellschaft erfolgt. Die frühe Rückzahlung wäre in diesem Fall mit einer zinslosen oder zinsverbilligten Darlehensgewährung durch den Gesellschafter vergleichbar, die nicht zu einer verdeckten Einlage führt (s H 8.9 "Nutzungsvorteile" KStH).

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