LfSt Bayern, 11.2.2015, S 7168.1.1 - 7/9 St 33

 

I. Hintergrund

Angesichts der steigenden Zahl an Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern mietet die öffentliche Hand (meist durch die Landratsämter) vermehrt Unterkünfte an bzw. schaltet Privatunternehmen in die Beherbergung der Asylbewerber ein. Die Unterbringung erfolgt im Rahmen unterschiedlichster Vertragsvarianten (z.B. Mietverträge, Beherbergungsverträge, Belegungsvereinbarungen, Rahmenverträge usw.).

Diese Verfügung soll einen nicht abschließenden Überblick über die verschiedenen Sachverhaltsgestaltungen und deren umsatzsteuerrechtliche Behandlung geben.

 

II. Grundsätze

Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der einzelnen Leistungsbeziehungen sind neben dem Inhalt des jeweiligen Vertrags auch außervertragliche Umstände zu Grunde zu legen (BFH-Urteil vom 25.1.1996, V R 6/95, BFH/NV 1996 S. 583). Die Bezeichnung der Verträge als Miet-, Beherbergungs-, Belegungs- oder Rahmenverträge ist regelmäßig nicht ausschlaggebend.

Zunächst ist regelmäßig zu prüfen, ob die Räumlichkeiten an die öffentliche Hand im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG vermietet werden oder ob nur ein Rahmenvertrag bzw. eine Belegungsvereinbarung geschlossen wird, infolge der die öffentliche Hand zwar eine langfristige Rechtsbeziehung mit dem Privatunternehmen eingeht, aber nicht wie ein Mieter / Besitzer über die Räumlichkeiten verfügen kann. In letzterem Fall regelt der Vertrag meist lediglich die Modalitäten einer möglichen Belegung der Unterkunft durch Flüchtlinge/Asylbewerber, stellt aber keine Vermietung oder Verpachtung im Sinne des BGB (§§ 535, 581) dar (Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Die Unterbringung kann kurz- oder langfristig erfolgen. Von langfristigen Verträgen wird im Folgenden aus Vereinfachungsgründen bei einer Vertragsdauer von mehr als 6 Monaten gesprochen.

 

III. Unterbringung/Beherbergung in angemieteten Räumen

  1. Langfristige Mietverträge

    1. ausschließliche Wohnraumüberlassung

      Grundsätzlich greift hier die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Die Möglichkeit zur Option gemäß § 9 Abs. 1 UStG besteht regelmäßig nicht, da die Verwendung durch die öffentliche Hand als Flüchtlings-/Asylbewerberunterkünfte dem hoheitlichen (nichtunternehmerischen) Bereich zuzuordnen ist.

    2. Wohnraumüberlassung mit Erbringung weiterer Dienstleistungen

      Es ist zu prüfen, ob eventuelle zusätzlich erbrachte Dienstleistungen als Nebenleistungen zur Vermietungsleistung oder als eigenständige, gesondert zu beurteilende Leistungen (z.B. Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen, Abschnitt 4.12.1 Abs. 6 Satz 2 UStAE) anzusehen sind. Eine einfache Standardmöblierung (z.B. je Person 1 Bett, 1 Stuhl, 1 Schrank/Schrankfach, 1 Tisch je Zimmer, ggf. Gemeinschaftsküche) kann noch als Nebenleistung zur Vermietung angesehen werden. An die untergebrachten Personen erbrachte Verpflegungsleistungen unterliegen als eigenständige Leistung stets dem Regelsteuersatz.

      In Fällen, in denen in nicht unerheblichem Umfang Dienstleistungen zusätzlich zur Vermietung erbracht werden (z.B. Einteilung der Zimmer, Bereitstellung der Einrichtungsgegenstände sowie der Wäsche, Verpflegung der Flüchtlinge, Waschdienst, Raumpflege, ggf. Sicherheitsdienst / Anwesenheitskontrolle), ist außerdem das Vorliegen eines Vertrags besonderer Art (Abschnitt 4.12.6 UStAE) zu prüfen. Ein Vertrag besonderer Art, bei dem der gesamte Leistungsaustausch dem Regelsteuersatz unterliegt, ist gemäß Abschnitt 4.12.6 Abs. 1 Satz 1 UStAE anzunehmen, wenn die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen wesentlicheren Leistungen zurücktritt und das Vertragsverhältnis ein einheitliches, unteilbares Ganzes darstellt.

  2. Kurzfristige Mietverträge (Beherbergungsverträge)

    Werden Unterkünfte zur Beherbergung von Flüchtlingen und Asylbewerbern für eine Dauer von bis zu 6 Monaten an die öffentliche Hand vermietet, handelt es sich regelmäßig um eine ermäßigt zu besteuernde Beherbergungsleistung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG.

    Eventuell erbrachte zusätzliche Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, unterliegen dem Regelsteuersatz. Soweit diese zusätzlichen Dienstleistungen im pauschalen Entgelt enthalten sind, besteht ein Aufteilungsgebot. Die Grundsätze des Abschnitts 12.16 UStAE sind zu beachten. An die untergebrachten Personen erbrachte Verpflegungsleistungen unterliegen regelmäßig dem Regelsteuersatz.

 

IV. Sonderfall Rahmenverträge / Belegungsvereinbarungen

Anders als die unter Tz. III. aufgeführten Mietverhältnisse begründet ein Rahmenvertrag für sich genommen noch kein umsatzsteuerliches Leistungsverhältnis, sondern legt nur die einheitlichen Bedingungen für eine Vielzahl von noch abzuschließenden Einzelmietverhältnissen (zwischen Betreiber und KdöR) fest. Das jeweilige Einzelmietverhältnis wird erst begründet, wenn die unterzubringende Person durch Einweisung tatsächlich untergebracht wird. Der durch die jeweilige „Einweisung” möglicherweise nur mündlich oder konkludent geschlossene Einzelmietvertrag unter den Bed...

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