Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zum langfristigen Realkreditgeschäft der privaten Bausparkassen gehören nur solche Einkünfte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der planmäßigen Gewährung dinglich gesicherter Kredite stehen.

 

Normenkette

KStG § 19 Abs. 2 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, welche Einkünfte der Beschwerdegegnerin (Bgin.) zu den nach § 19 Abs. 2 Ziff. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der für 1951 und 1952 gültigen Fassung steuerlich begünstigten Einkünften aus dem langfristigen Realkreditgeschäft gehören. Die Bgin. ist eine private Bausparkasse, die in den Wirtschaftsjahren 1951 und 1952 u. a. folgende Einnahmen auf Grund der mit den Bausparern geschlossenen Verträgen erzielt hat:

Abschlußgebühren, die jeder Bausparer unverzüglich nach Abschluß des Bausparvertrags in Höhe eines Hundertsatzes der Vertragssumme zu zahlen hat.

Verwaltungskostenbeiträge, mit denen jeder Sparer in geschäftsplanmäßig bestimmter Höhe belastet wird.

Zuteilungsgebühren in Höhe eines Hundertsatzes des Unterschiedsbetrags zwischen den Sparguthaben und der Bausparsumme, die jeder Bausparer zu entrichten hat, der die Zuteilung der sich aus dem Sparguthaben und dem Darlehen zusammensetzenden Vertragssumme annimmt.

Eintrittsgelder, die in Höhe eines festen Betrages von jedem Bausparer erhoben werden, sobald er die Zuteilung der Vertragssumme annimmt.

Einnahmen aus Grundstückstaxen und Baukontrollen, die im Zusammenhang mit der dinglichen Sicherung der Darlehen anfallen.

Zinsen aus planmäßigen dinglich gesicherten Darlehen, aus Zwischenkrediten, aus Ausgleichsforderungen und aus der Anlage von Mitteln aus der sogenannten Trägheitsreserve.

Das Finanzamt ist der Auffassung, daß nur solche Einnahmen aus dem langfristigen Realkreditgeschäft stammten und deshalb steuerlich begünstigt seien, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den planmäßigen dinglich gesicherten Darlehen und den den Sparern gewährten Zwischenkrediten stünden. Deshalb seien von den oben bezeichneten Einnahmen nicht begünstigt die Abschlußgebühren, die Verwaltungskostenbeiträge, die Eintrittsgelder und die Zinsen aus der Ausleihung flüssiger insbesondere zur Trägheitsreserve gehörender Mittel an Banken oder andere dritte Personen. Demgegenüber legt die Bgin. entscheidendes Gewicht darauf, daß der Bausparvertrag ein einheitlicher auf eine Kreditgewährung gerichteter Vertrag sei. Deshalb gehörten alle oben bezeichneten Einnahmen, die mit der Durchführung des Bausparvertrags unmittelbar zusammenhingen, zu dem langfristigen Realkreditgeschäft.

Das Finanzgericht schloß sich der Auffassung der Bgin. an. Die Bgin. stelle auf Grund ihrer Vertragsbedingungen ihren Geschäftsbetrieb den Bausparern zur planmäßigen Ansparung von Eigenkapital zur Verfügung, gewähre ihnen eine unkündbare zweistellige Tilgungshypothek und verschaffte ihnen in manchen Fällen auf dem freien Markt eine erststellige Hypothek. Eines ohne das andere sei nicht denkbar. Der Abschluß eines Sparvertrages, der nicht auf die Finanzierung eines Bauvorhabens abziele, sei seinem Wesen nach von vornherein kein Bausparvertrag. Dieser Auffassung stehe nicht entgegen, daß nicht jeder Vertrag seinem ursprünglichen Zweck entsprechend durchgeführt werde, weil der Sparer jederzeit kündigen oder nach Zuteilung den Abschluß eines Darlehensvertrags ablehnen dürfe. Eine Aufteilung des Bausparvertrags in einen Spar- und einen Kreditvertrag sei nicht angängig, weil die kollektive Ansparung des Eigenkapitals Voraussetzung für die Kreditgewährung sei. Was die Zinsen aus der Anlage flüssiger Mittel insbesondere bei Banken anlange, so sei auch hier der notwendige unmittelbare Zusammenhang mit dem langfristigen Realkredit gegeben, weil die vertragsmäßige Bereitstellung der Kredite der Kreditgewährung gleichzuachten sei. Das gelte allerdings nur für die Zinsen aus den laufenden Bankguthaben, nicht jedoch für die Zinsen aus Festgeldanlagen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Nach § 19 Abs. 2 Ziff. 2 KStG beträgt die Körperschaftsteuer bei privaten Bausparkassen für Einkünfte aus dem langfristigen Realkreditgeschäft nur 30 v. H. des Einkommens. Kein Streit besteht darüber, daß das Einkommen der Bgin. zur Ermittlung des steuerlich begünstigten Teils nach dem Verhältnis der Gesamteinnahmen zu den Einnahmen aus dem langfristigen Realkreditgeschäft aufzuteilen ist (vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 3/31 vom 12. Januar 1932, Slg. Bd. 30 S. 218, Reichssteuerblatt - RStBl - S. 299). Dem Finanzgericht ist darin zuzustimmen, daß der Bausparvertrag rechtlich und wirtschaftlich als ein einheitlicher Vertrag angesehen werden muß, weil der Sparer als Gegenleistung für die Verpflichtung zur Einzahlung bestimmter Sparbeträge das Recht auf Gewährung eines Kredits erwirbt und der Vertrag planmäßig auf die Hingabe einer Hypothek aus den von allen Sparern angesammelten Mitteln gerichtet ist (vgl. dazu Beschluß des Kammergerichts vom 15. November 1934, Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherungen 1935 S. 38). Aus dieser rechtlichen Einheit des Bausparvertrags kann aber nicht die Folgerung gezogen werden, daß der Vertrag in seiner Gesamtheit ein langfristiges Realkreditgeschäft darstellt und daß deshalb alle mit der ordnungsmäßigen und betriebswirtschaftlich zweckmäßigen Abwicklung dieses Vertrags verbundenen Einnahmen dem langfristigen Realkreditgeschäft zuzurechnen sind. Auch wenn der Bausparvertrag in der Regel auf die Gewährung eines langfristigen Realkredits aus dem Zuteilungsstock hinzielt, so bildet doch die Verpflichtung der Sparer, durch eigene Leistungen diesen Zuteilungsstock zu bilden, ein so wesentliches Element des Vertrags, daß der Vertrag als Ganzes nicht nur als Realkreditgeschäft bezeichnet werden kann. Diese Würdigung der rechtlichen Natur des Bausparvertrags ist insbesondere auch deshalb geboten, weil im Einzelfall der Sparvorgang und der Kreditvorgang nur insoweit zusammenhängen, als ein Kredit ohne Ansparung nicht möglich ist. Dagegen führt die Ansparung später nicht notwendig zur Inanspruchnahme eines Kredits. Wenn auch die Zahl der Sparer, die von vornherein einen Kredit nicht in Anspruch nehmen wollen, nicht sehr erheblich sein mag und in den einzelnen Jahren weitgehend von der steuerlichen Behandlung der Sparbeträge abhängt, so ist sie doch sicher nicht ganz unbedeutend. Sie zeigt jedenfalls, daß die vertraglich vorgesehene Trennung des Sparvorgangs vom eigentlichen Kreditgeschäft - der Sparer ist wohl zum Ansparen, nicht aber zur Aufnahme eines Kredits verpflichtet - auch praktische Bedeutung hat.

Kann somit aus der rechtlichen Einheit des Bausparvertrags die Frage, welche Einnahmen dem langfristigen Realkreditgeschäft zuzurechnen sind, nicht beantwortet werden, so muß die Entscheidung aus dem Wortlaut des Gesetzes und aus seinem Sinn und Zweck getroffen werden. Die tarifliche Begünstigung der öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten und der privaten Bausparkassen dient dem Zweck, bestimmte von diesen Instituten hingegebene Kredite gleichmäßig zu behandeln, im Interesse der Kreditnehmer zu verbilligen und für die Kreditinstitute einen Anreiz zu schaffen, sich mit dem volkswirtschaftlich wichtigen aber weniger ertragreichen Kommunal-, Real- und Meliorationskreditgeschäft zu befassen. Von diesen überlegungen ausgehend erscheint es nicht gerechtfertigt, Einnahmen dieser Kreditinstitute zu begünstigen, die sie außerhalb des eigentlichen Realkreditgeschäfts in freien Wettbewerb mit anderen Geldgebern durch Kredite an Dritte erzielen oder die unabhängig von der Einräumung des Realkredits beim Spargeschäft anfallen. Aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach die Einkünfte aus dem Realkreditgeschäft nicht dagegen aus Realkrediten begünstigt sind, kann nicht der Schluß gezogen werden, daß auch die Einnahmen aus notwendigen Gegengeschäften zum langfristigen Realkreditgeschäft gehören. Richtig ist zwar, daß das Realkreditgeschäft einen Inbegriff von Forderungen und Verbindlichkeiten umfaßt und daß sich deshalb die Begünstigung nicht nur bei dem Aktivgeschäft, nämlich der eigentlichen Kreditgewährung, sondern auch bei dem Passivgeschäft, das der notwendigen Beschaffung des auszuleihenden Kapitals dient, auswirken muß. Das geschieht durch die grundsätzliche Aufteilung der Betriebsausgaben. Realkredite als Aktivgeschäft führen zunächst zu Einnahmen nicht aber zu Einkünften. Die Ermittlung der Einkünfte setzt die Berücksichtigung der zu den Einnahmen gehörenden Ausgaben voraus. Aus diesem Grunde konnte der Gesetzgeber nicht von Einkünften aus Realkrediten sprechen; er mußte vielmehr die Einkünfte aus dem Geschäftszweig begünstigen. Aus dem Wortlaut des Gesetzes kann also nicht der Schluß gezogen werden, daß nicht nur die mit dem Realkreditgeschäft unmittelbar zusammenhängenden Einnahmen sondern auch die Einnahmen begünstigt werden sollen, die sich aus notwendigen regelmäßig nur zu Betriebsausgaben führenden Gegengeschäften ergeben oder aus Verträgen erzielt werden, die mit der betriebswirtschaftlich zweckmäßigen Durchführung des Realkreditgeschäfts in Zusammenhang stehen.

Der Senat stimmt dem Reichsfinanzhof darin zu, daß nur diejenigen Einnahmen steuerlich begünstigt sind, die sich unmittelbar aus der Gewährung des Realkredits ergeben (Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 3/31 und Urteil des Reichsfinanzhofs I 341/40 vom 6. Mai 1941, RStBl S. 860). Hätte es in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, auch die mittelbar mit dem Realkredit zusammenhängenden Einnahmen zu begünstigen, um auch den Nettoertrag dieser Einnahmen zur Verbilligung des eigentlichen Realkredits verwenden zu lassen, so hätte er entweder bei privaten und öffentlich-rechtlichen Bausparkassen die Körperschaftsteuer allgemein ermäßigen oder, wie das z. B. bei Sparkassen in § 4 Abs. 1 Ziff. 4 KStG geschehen ist, die Abwicklung der Bausparverträge als Geschäftszweig begünstigen müssen.

Nach den vorstehenden Ausführungen sind die oben bezeichneten Einnahmen wie folgt zu behandeln.

Die Abschlußgebühren und die Verwaltungskostenbeiträge, die von jedem Sparer unabhängig davon, ob er später einen Kredit in Anspruch nehmen wird, gezahlt werden müssen, sind nicht begünstigt.

Die Zuteilungsgebühren, die einmaligen und laufenden Gebühren für die Bearbeitung der planmäßigen dinglich gesicherten Darlehen und der im Hinblick auf diese künftigen Darlehen gewährten Zwischenkredite sowie die Einnahmen aus Grundstücks- und Baukontrollen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Realkredit und gehören deshalb zu den begünstigten Einnahmen. Das gleiche gilt für die genossenschaftsrechtlichen Eintrittsgelder, wenn die Verpflichtung zur Zahlung erst durch die Annahme der Zuteilung und die Aufnahme eines Realkredits ausgelöst wird.

Soweit die Zwischenkredite das künftige Realkreditgeschäft vorbereiten und mit der Valuta des langfristigen Realkredits abgewickelt werden, bestehen keine Bedenken, sie zum langfristigen Realkreditgeschäft zu rechnen und die Zinsen ebenso zu begünstigen wie die Zinsen aus planmäßigen Darlehen. Das gilt indessen nicht für die dinglich nicht gesicherten Zwischenkredite, die der Bevorschussung der noch nicht fälligen Eigenleistung des Sparers dienen. Der Senat schließt sich damit der Auffassung des Finanzgerichts Karlsruhe, Urteil II 119/55 vom 5. August 1955, Entscheidungen der Finanzgerichte 1956 S. 16, an.

Die Bgin. gewährt aus Mitteln der sogenannten Trägheitsreserve, d. i. des jeweiligen Unterschieds zwischen den auf Grund von Zuteilungen vertragsmäßig bereitgestellten und den nach Erfüllung der Auszahlungsbedingungen bereits ausgezahlten Beträgen, nicht nur Zwischenkredite, sondern legt auch erhebliche Beträge aus dieser Reserve bis zur voraussichtlichen Fälligkeit ihrer Verpflichtungen verzinslich auf laufenden Bankkonten oder als Festgelder an. Die hierbei erzielten üblichen Zinsen können steuerlich nicht begünstigt werden, weil sie zwar mit der betriebswirtschaftlich gebotenen Abwicklung des Bausparvertrags nicht aber mit dem Realkreditgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die sich aus der vertragsmäßigen Kreditbereitschaft ergebenden Zinseinnahmen können hier deshalb den Zinsen des künftigen Realkreditgeschäfts nicht gleichgestellt werden, weil diese Kredite nicht den Bausparern gegeben und nicht durch den Realkredit abgelöst werden.

Der Senat hat im Urteil I 39/52 S vom 17. Mai 1952, Slg. Bd. 56 S. 484, Bundessteuerblatt (BStBl) 1952 III S. 187, die Auffassung vertreten, daß die Zinsen aus Ausgleichsforderungen der öffentlich-rechtlichen Bausparkassen zum langfristigen Kommunalkreditgeschäft gehören. Diese Auffassung beruht im wesentlichen auf der Erwägung, daß die den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen als öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten durch Gesetz gewährten Ausgleichsforderungen nicht anders behandelt werden können als die durch Rechtsgeschäft begründeten Darlehnsansprüche gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften, die nach der Rechtsprechung zum begünstigten Kommunalkreditgeschäft gehören. Bei den privaten Bausparkassen liegen die Verhältnisse deshalb anders, weil bei ihnen Einnahmen aus der Kreditgewährung an öffentlich-rechtliche Körperschaften nicht begünstigt sind. Da indessen die Ausgleichsforderungen, deren Höhe sich aus dem Saldo der Aktiv- und Passivseite der Umstellungsrechnung ergibt, nicht unmittelbar mit den bei den einzelnen Aktivposten durch die Währungsumstellung erlittenen Verlusten in Zusammenhang gebracht werden können und die Ausgleichsforderungen auch bei privaten Bausparkassen weitgehend auf dem Verlust von dinglich gesicherten Darlehen und auf der Anlage der für Realkredite bestimmten Mittel beruhen, hält es der Senat in übereinstimmung mit den Vorbehörden für vertretbar, die aus haushaltsmäßigen Gründen sehr niedrig bemessenen Zinsen dieser Ausgleichsforderungen in voller Höhe zu den begünstigten Einnahmen zu rechnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408761

BStBl III 1957, 239

BFHE 1958, 18

BFHE 65, 18

BB 1957, 668

DB 1957, 674

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