1. Allgemeines

Die Reichweite der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach deutschem Recht ist weiter als in vielen anderen Ländern, da nach deutschem Recht sowohl die Ansässigkeit des Erblassers (Schenkers) als auch die des Erwerbers (Beschenkten) im Inland zur unbeschränkten Steuerpflicht führt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. a) ErbStG). Die Anknüpfung an die Ansässigkeit des Erwerbers ist in Wegzugsfällen von großer Bedeutung, da der Wegzug nur des Erblassers (Schenkers) ggf. nicht ausreicht, um eine Besteuerung im Inland zu vermeiden. Der Umfang des von der inländischen Besteuerung erfassten Vermögensanfalls hängt allerdings davon ab, ob die Steuerpflicht beim Erblasser (Schenker) oder beim Erwerber anknüpft. Ist der Erblasser (Schenker) unbeschränkt steuerpflichtig, unterliegt der gesamte Nachlass (Schenkung) der deutschen Besteuerung. Ist hingegen nur der Erwerber unbeschränkt steuerpflichtig, wird nur der diesem Erwerber zugefallene Erwerb in Deutschland besteuert.

Im Rahmen der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt der weltweite Nachlass der deutschen Steuer unabhängig davon, ob sich das Vermögen im Inland oder Ausland befindet ("Weltvermögensprinzip"). Die von Deutschland abgeschlossenen Erbschaftsteuer-DBA sehen größtenteils die Anrechnungsmethode vor. Steuerbegünstigungen wie die §§ 13 a ff ErbStG laufen daher im grenzüberschreitenden Kontext häufig leer (siehe oben). Eine Reihe von Ländern erhebt keine Erbschaftsteuer, etwa Australien, Malta, Neuseeland, Österreich, Schweden sowie einige Kantone der Schweiz. In Kanada werden Erbfälle als fiktive Veräußerungen bei der Einkommensteuer erfasst, eine allgemeine Erbschaftsteuer gibt es nicht. In manchen Ländern existieren höhere Freibeträge als in Deutschland (z. B. USA), die Bewertung von Vermögensgegenständen ist günstiger (z. B. Italien) oder der Ehegattenerwerb ist weitgehend oder ganz freigestellt (z. B. USA, Frankreich sowie viele Kantone der Schweiz). Die bei Ansässigkeit verschiedener Erben in verschiedenen Ländern daraus herrührende Spreizung der jeweiligen Erbschaftsteuerbelastungen ist nicht selten Ursache von Zwist zwischen den Erben. Im Rahmen der Nachlassplanung sind hierdurch verursachte Differenzen zwischen den Netto-Erwerben einzelner Erben nach Möglichkeit zu berücksichtigen, um Streitigkeiten vorzubeugen.

2. "Erweiterte" unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht für Deutsche bei Wegzug (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b) ErbStG)

Deutsche Staatsangehörige unterliegen bei Aufgabe ihres Wohnsitzes (§ 8 AO) für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Wegzug weiter der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b) ErbStG). Diese sog. erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht soll einer steuerlich motivierten Wohnsitzverlegung entgegenwirken und gilt für den Erblasser (Schenker) wie für den Erwerber. Im Falle eines Wegzugs in die USA ist der Zeitraum der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht von fünf auf zehn Jahre verlängert.[13] Wird während der laufenden Frist wieder ein inländischer Wohnsitz begründet, beginnt die Frist bei einem zweiten Wegzug neu zu laufen.[14] Da die erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nur auf die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes abstellt, ist die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland (§ 9 AO) während der laufenden Frist unschädlich. Die Rechtsfolgen der erweiterten – besser: "verlängerten" – unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterscheiden sich nicht von der "einfachen" unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht, d. h. zu beachten sind u. a. die Zusammenrechnung von Erwerben innerhalb jeweils zehn Jahren (§ 14 ErbStG) sowie die Anzeigepflicht für Schenkungen, sofern diese nicht im Inland notariell beurkundet werden (§ 30 Abs. 2 ErbStG).

[13] Art. 3 des Zustimmungsgesetzes vom 15.9.2000 zum Ergänzungsprotokoll DBA-E USA v. 14.9.2000, BGBl. II 2000, 1170.
[14] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 2, Rn 21.

3. Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht für Inlandsvermögen (§ 121 BewG)

Ist weder der Erblasser (Schenker) noch der Erwerber unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig, tritt die Steuerpflicht nur für Erwerbsgegenstände ein, bei denen es sich um sog. Inlandsvermögen handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, beschränkte Erbschaftsteuerpflicht). Das Inlandsvermögen (§ 121 BewG) unterliegt selbst dann der deutschen Erbschaftsteuer, wenn keiner der am Erbfall (Schenkung) Beteiligten einen Bezug zu Deutschland hat. Das Gesetz zählt zum Inlandsvermögen insbesondere folgende Gegenstände:

Inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen;
Inländisches Grundvermögen sowie alle Rechte und Forderungen, die durch inländisches Grundvermögen gesichert sind;
Inländisches Betriebsvermögen mit inländischer Betriebstätte (§ 12 AO) oder einem inländischen ständigen Vertreter (§ 13 AO);
Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, wenn der Erblasser (Schenker) allein oder zusammen mit nahestehenden Personen (§ 1 Abs. 2 AStG) zu mindestens 10 % am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist.

Damit unterliegen etwa Guthaben bei deutschen Banken sowie Wertpapiere deutscher Emittenten nicht der deutschen Erbschaftsteuer, wenn die am Erbfall Beteiligten keine...

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