Zusammenfassung

 
Überblick

Bei öffentlichen Lasten handelt es sich um Abgaben und Leistungen, die auf dem Grundstück lasten und nicht auf einer privatrechtlichen Verpflichtung beruhen, etwa Erschließungskosten und Baulasten. Jeder Grundstückserwerber sollte sie aus Kosten- und Haftungsgründen im Blick haben – was allerdings dadurch erschwert wird, dass sie meist nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind.

1 Worum geht es?

Rechte der ­öffentlichen Hand

Auch der Staat, die Gemeinden und manche öffentlichen Körperschaften und Verbände sind häufig Inhaber von Rechten, die auf einem (Privat-)Grundstück dinglich lasten. Die Verpflichtung trifft den jeweiligen Grundeigentümer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme – mitunter auch überraschend:

 
Praxis-Beispiel

Neuer Eigentümer haftet für rückständige Grundsteuern

Eine Grundstückserwerberin wurde mit einem Duldungsbescheid der Kommune im Dezember 2005 auf Zahlung wegen rückständiger Grundsteuern für die Erhebungszeiträume 2000 bis 2003 in Anspruch genommen. Ihre hiergegen gerichtete Klage blieb auch vor dem OVG Bautzen[1] erfolglos:

Ein neuer Grundstückseigentümer muss die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück auch dann wegen rückständiger Grundsteuern dulden, wenn die Erhebungszeiträume mehr als 2 Jahre vor dem Grundstückserwerb liegen. Diese älteren Grundsteuerschulden ruhen auf dem Grundstück als öffentliche Last, sodass der Eigentümer durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden darf.

Öffentliche Lasten können zum einen Ansprüche auf finanzielle Leistungen, insbesondere Abgaben, sein (dazu Abschn. 2). Es kann sich aber auch um Rechte handeln, die auf ein bestimmtes (tatsächliches) Verhalten des Grundstückseigentümers gerichtet sind. Hier ist vor allem die in verschiedenen landesrechtlichen Bauordnungen geregelte Baulast zu nennen, die als dingliche Duldungs- und Unterlassungspflicht auf einem Grundstück ruhen kann (dazu Abschn. 3).

Wer haftet?

Diese öffentlichen Lasten können beim Grundstückserwerb einen erheblichen – leider oft unterschätzten – Kostenfaktor darstellen. Deshalb sind Haftungsfragen zu beantworten (dazu Abschn. 4).

[1] OVG Bautzen, Beschluss v. 8.1.2009, 5 A 168/08, NZM 2009 S. 447.

2 Abgaberechtliche Grundstückslasten

2.1 Begriff und Inhalt

2.1.1 Abgabenpflicht

Was sind ­öffentliche Lasten?

Wenn von "öffentlichen Lasten" die Rede ist, sind damit in der Regel nur die abgaberechtlichen Belastungen gemeint. Sie sind im Gesetz zwar verschiedentlich erwähnt (z. B. §§ 436, 1047 BGB, §§ 10 Abs. 1 Nr. 3, 156 Abs. 1 ZVG), jedoch nur vereinzelt[1] definiert. Nach allgemeiner Auffassung versteht man unter einer öffentlichen Grundstückslast eine Abgabenverpflichtung, die

  • auf öffentlichem Recht beruht,
  • durch wiederkehrende oder einmalige Geldleistung zu erfüllen ist und
  • die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt (neben einer persönlichen Zahlungsverpflichtung des Schuldners).[2]

Die öffentliche Last verpflichtet den jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks, wegen der dinglich gesicherten Abgabenforderung die Zwangsvollstreckung in dieses zu dulden.[3]

[1] Vgl. etwa § 60 Justizgesetz Nordrhein-Westfalen (v. 31.8.2011, in Kraft seit 1.1.2011): Abgaben und Leistungen, die auf dem Grundstück lasten und nicht auf einer privatrechtlichen Verpflichtung beruhen.
[3] OVG Bautzen, Beschluss v. 16.11.2010, 5 B 207/10, NJOZ 2011 S. 1469.

2.1.2 Abgrenzung

Verschiedene Arten

Bei den öffentlichen Abgaben sind zu unterscheiden[1]:

  • Steuern: Sie können auch ohne eine besondere Leistung erhoben werden.
  • Beiträge: Sie dienen in der Regel dem Ausgleich für den einmaligen Aufwand der öffentlichen Hand.
  • Gebühren: Sie haben Entgeltcharakter und werden nach dem Kostendeckungs- und dem Äquivalenzprinzip für eine dem Pflichtigen individuell zurechenbare Leistung gefordert (als Benutzungsgebühr wiederkehrend und als Verwaltungsgebühr einmalig).
[1] Vgl. Wilhelms, NJW 2003, S. 1420.

2.1.3 Öffentliche Last

Wann sind Abgaben ­"öffentlich"?

Ob eine Abgabenverpflichtung "öffentlich" ist, beurteilt sich nach der gesetzlichen Regelung, auf der die Verpflichtung beruht. Grundlage dafür kann das öffentliche Recht des Bundes, aber auch – wie sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ZVG ergibt – öffentliches Landesrecht sein. Diese gesetzlichen Grundlagen (Gesetz, Satzung) müssen aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit eindeutig zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine Last handelt, die auf öffentlichem Recht beruht.[1] Anderenfalls sind es nur persönliche Abgaben.

Kommunal­abgaben

Bei Kommunalabgaben (Straßenreinigungsgebühren, Kosten für Gas, Wasser, Strom) hängt die Einordnung zum einen wesentlich davon ab, ob das entsprechende Versorgungsunternehmen in öffentlich-rechtlicher Organisationsform – dann öffentliche Last – oder auf privatrechtlicher Grundlage – dann privatrechtliches Entgelt – geführt wird.[2]

Zum anderen ist der Inhalt der zugrunde liegenden kommunalen Satzung von Bedeutung: Kommunale Abgaben, etwa für die Wasserversorgung, ruhen nur dann als öffentliche Last auf dem Grundstück, wenn die Satzung sie als grundstücksbezogene Benutzungsgebühren ausgestaltet hat. Daran fehlt es...

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