Ein Haustier muss nicht unpfändbar sein

Grundsätzlich sind Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden, der Pfändung nicht unterworfen, § 811c Abs. 1 ZPO. Hat das Haustier jedoch einen hohen Wert und bedeutet die Unpfändbarkeit für den Gläubiger eine Härte, die auch unter Würdigung der Belange des Tierschutzes und der berechtigten Interessen des Schuldners nicht zu rechtfertigen ist, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die Pfändung zulassen.

Das Tatbestandsmerkmal des häuslichen Bereichs wird sehr weit verstanden. Erforderlich ist eine gewisse räumliche Nähe zum Schuldner. Darüber hinaus ist die unbeschränkte Pfändbarkeit gegeben, wenn der Schuldner das Tier zu Erwerbszwecken nutzt. Hierzu genügt es bereits, dass es dem Schuldner einen regelmäßigen Nebenerwerb ermöglicht (Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl. 2011, § 811c Rn 3).

Abwägung ist erforderlich

Als Belange des Schuldners und des Tierschutzes werden die gefühlsmäßige Bindung und die besondere Lage des Schuldners, etwa die Beziehung des Tieres zu den Kindern des Schuldners, zu berücksichtigen sein. Andererseits werden auf Seiten des Gläubigers die Höhe der Forderung, die Art der Forderung, die Unterhaltslage des Gläubigers und seine Verwertungsmöglichkeiten zu betrachten sein.

Das sagt die Rechtsprechung

Die hartnäckige Zahlungsverweigerung des Mieters kann es so nach Ansicht des LG Berlin (GE 2007, 721) gebieten, die Pfändung seiner wertvollen Haustiere (im konkreten Fall Koi-Karpfen und Papageien), die das einzige pfändbare Vermögen des Schuldners darstellten, gemäß § 811c Abs. 2 ZPO zuzulassen. Für ein 20-jähriges Pferd, das bei dem Schuldner sein "Gnadenbrot" erhält, ist eine Genehmigung der Pfändung im Sinne des § 811c Abs. 2 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Tierschutzes demgegenüber nach Ansicht des AG Paderborn (DGVZ 1996, 44) nicht gerechtfertigt. Ein hoher Wert des Tieres im Sinne des § 811c Abs. 2 ZPO sei aufgrund seines Alters nicht ersichtlich und die Unpfändbarkeit dieses Tieres bedeute für den Gläubiger keine Härte, die nicht zu rechtfertigen wäre. Zwischen diesen beiden Polen scheint aber noch sehr viel Gestaltungsspielraum zu liegen.

 

Hinweis

Nach § 802c Abs. 2 S. 3 ZPO in der ab dem 1.1.2013 geltenden Fassung der Reform der Sachaufklärung dürfen im Vermögensverzeichnis nur Sachen, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, nicht mehr angegeben werden. Mithin wird der Schuldner künftig vermehrt auch über die Existenz von Haustieren Angaben machen müssen.

 

Muster: Antrag auf Pfändung eines Tieres

An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – in …

In der Zwangsvollstreckungssache

des … (Gläubiger und Antragsteller),

Verfahrensbevollmächtigte: RAe …

gegen den … (Schuldner)

beantrage ich im Namen und in Vollmacht des Gläubigers, die Pfändung des im häuslichen Bereich des Schuldners gehaltenen und nicht Erwerbszwecken dienenden … nach § 811c Abs. 2 ZPO zuzulassen.

Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt:

1. Aufgrund der beigefügten vollstreckbaren Ausfertigung des … vom …, Az: …, sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom … kann der Gläubiger den aus der anliegenden Forderungsaufstellung ersichtlichen Gesamtbetrag von … EUR sowie die Kosten dieses Antrags nach Ablauf des … (§ 751 Abs. 1 ZPO) beanspruchen:

 
Forderung gem. beigefügter Forderungsaufstellung … EUR
0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus … EUR … EUR
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG … EUR
Mehrwertsteuer für dieses Verfahren nach Nr. 7008 VV RVG … EUR
Summe … EUR

Teilzahlungen des Gläubigers sind in der Forderungsaufstellung berücksichtigt. Der Gläubiger ist zum Abzug der Vorsteuer – nicht – berechtigt. Die Kosten dieses Verfahrens sowie weitere tägliche Zinsen in Höhe von … EUR sind hinzuzusetzen.

Die bisherige Vollstreckung des Gläubigers verlief fruchtlos (Beweis: … ).

2. Außer dem im Antrag bezeichneten Tier von erheblichem Wert besitzt der Schuldner keinerlei pfändbare Habe (Beweis: Pfändungsprotokoll des Gerichtsvollziehers … vom … ).

Das bezeichnete Tier hat

nach den Angaben des Gerichtsvollziehers
nach einer Nachfrage bei …

einen Wert von … EUR (Beweis: Pfändungsprotokoll des Gerichtsvollziehers … vom … ).

Der Wert übersteigt damit deutlich den nach § 811 Nr. 14 ZPO a.F. als Vorläufer von § 811c ZPO festgesetzten Wert von 255,65 EUR (500,00 DM), so dass von einem hohen Wert des Tieres im Sinne von § 811c Abs. 2 ZPO auszugehen ist (MüKo/ZPO-Schilken, § 811c Rn 5).

3. Für den Gläubiger bedeutet die Unpfändbarkeit des Tieres eine ungerechtfertigte Härte.

Der Gläubiger ist selbst in einer wirtschaftlich schwierigen Lage und bedarf der Befriedigung der Vollstreckungsforderung, um …

Die Vollstreckungsforderung ist auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners zurückzuführen. Insoweit ist es dem Gläubiger, der selbst in äußerst bescheidenen Verhältnissen lebt, nicht zumutbar, die Befriedigung der Vollstreckungsforderung zurückz...

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