Rz. 7

Gem. § 43 Abs. 1 S. 1 WEG hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Klagen Dritter (Nichtwohnungseigentümer) gegen die Gemeinschaft sind also – abhängig vom Streitwert – am örtlichen Amts- oder Landgericht zu erheben. Das gilt gem. § 43 Abs. 1 S. 2 WEG auch im Fall des § 9a Abs. 4 S. 1 WEG, wenn also ein Gläubiger der Gemeinschaft einzelne Wohnungseigentümer auf Zahlung in Anspruch nehmen sollte (→ § 12 Rdn 30).

 

Rz. 8

Gem. §§ 43 Abs. 2 WEG, 23 Nr. 2c GVG ist das örtliche Amtsgericht ausschließlich zuständig für:

1. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander.
2. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern.
3. Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter. (Die im zweiten Halbsatz erwähnten "Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter" gibt es allerdings nicht → § 10 Rdn 332).
4. Beschlussklagen gemäß § 44 WEG.
 

Rz. 9

Die Zuständigkeitsbestimmungen sind weit auszulegen. Sie sind gegenstands-, nicht personenbezogen zu verstehen.[8] Es kommt nicht darauf an, ob als Anspruchsgrundlage eine wohnungseigentumsrechtliche Norm (z.B. § 14 WEG) geltend gemacht wird oder ob andere Anspruchsgrundlagen angeführt werden, indem z.B. Miteigentümer A von Miteigentümer B Schadensersatz gem. § 280 BGB verlangt[9] oder wenn gem. § 1004 BGB die Unterlassung von Beleidigungen verlangt wird, die in einer Wohnungseigentümerversammlung fielen.[10] Entscheidend ist der innere Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer. Daher bleibt die Zuständigkeit des Amtsgerichts auch dann bestehen, wenn ein im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnder Anspruch an einen Dritten abgetreten wird,[11] oder wenn es um Streitigkeiten mit einem ausgeschiedenen Wohnungseigentümer (egal ob auf Kläger- oder Beklagtenseite)[12] oder um die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Vergleich geht, der in einer WEG-Sache geschlossen wurde.[13] Sogar eine Vollstreckungsgegenklage[14] sowie Rechtsmittel in Zwangsvollstreckungssachen[15] sind Wohnungseigentumssachen, wenn der streitgegenständliche Titel in einer Wohnungseigentumssache erging. Die Aufzählung von Beispielsfällen für die Zuständigkeiten gem. § 43 Abs. 2 WEG erübrigt sich: Alle in diesem Buch behandelten Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern, zwischen der Gemeinschaft und Wohnungseigentümern oder zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter gehören vor das Amtsgericht. Das gilt – anders als nach dem alten Recht – auch beim Streit um die sachenrechtlichen Grundlagen (Gegenstand, Inhalt und Umfang von Sonder- oder Gemeinschaftseigentums oder von Sondernutzungsrechten).[16]

 

Rz. 10

Streitigkeiten wegen Baumängeln mit dem Bauträger (auch wenn dieser zugleich Wohnungseigentümer ist) oder mit anderen Unternehmern und Handwerkern sind demgegenüber keine WEG-Sachen, auch nicht Ansprüche von Wohnungseigentümern gegen den Verwalter im Zusammenhang mit der Sondereigentumsverwaltung (Mietverwaltung). Bei der Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern kann es dazu kommen, dass ausnahmsweise für eine WEG-Sache nicht das örtliche Amtsgericht zuständig ist, indem gem. § 36 ZPO ein abweichender Gerichtsstand bestimmt wird. Wenn z.B. die WEG sowohl ihren Ex-Verwalter als auch ihren Ex-Architekten wegen fehlerhafter Zahlungen an Baubeteiligte auf Schadensersatz in Höhe von mehr als 5.000 EUR verklagen will (wodurch die für das Amtsgericht gem. § 23 Nr. 1 GVG geltende Wertgrenze überschritten wird), kann gem. § 36 ZPO vom übergeordneten OLG das örtliche Landgericht als zuständiges Gericht bestimmt werden, obwohl für die Klage gegen den WEG-Verwalter das Amtsgericht zuständig wäre.[17]

 

Rz. 11

Obwohl das WEG-Recht eine schwierige Spezialmaterie darstellt, sieht das Gesetz hierfür keine besonderen "Spruchkörper" vor. Es gibt deshalb von Gesetzes wegen keine "Abteilung für Wohnungseigentumssachen", die funktional vom "Prozessgericht" (wie die allgemeine Abteilung des Amtsgerichts für Zivilprozesse genannt wird) abzugrenzen wäre.[18] Die Gerichte könn(t)en in ihren Geschäftsordnungsplänen besondere WEG-Abteilungen einrichten, wovon aber leider viel zu selten Gebrauch gemacht wird.[19] Geschieht dies nicht, werden die WEG-Sachen wie alle Zivilklagen nach dem allgemeinen Geschäftsordnungsplan verteilt.

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