Entschädigungen sowie Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit können als außerordentliche Einkünfte ermäßigt unter Anwendung der Fünftelregelung zu besteuern sein.[1] Grundvoraussetzung für die Annahme außerordentlicher Einkünfte ist ein zusammengeballter Zufluss von Einnahmen in einem Kalenderjahr, der sich normalerweise auf mehrere Jahre verteilt hätte. Die Anwendung der Fünftelregelung gleicht einen steuerlichen Progressionsnachteil aus. Außerordentlich sind die Einkünfte im Übrigen aber nur dann, wenn sie auf für die Einkunftsart ungewöhnlichen Umständen beruhen und es deshalb zu einer atypischen Zusammenballung von Einkünften kommt.[2]

Teil- oder Einmalkapitalzahlungen der bAV sind regelmäßig keine außerordentlichen Einkünfte.[3] Die Fünftelregelung darf daher grundsätzlich nicht angewendet werden.

Kapitalisierung von laufenden Ansprüchen ist keine Entschädigung

Die Kapitalisierung eines Anspruchs auf laufende Zahlungen stellt regelmäßig keine "Entschädigung" dar.[4] Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kapitalisierungsmöglichkeit von vornherein vertraglich vereinbart ist. Auch die Zahlung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Vertragsauflösung ist keine Entschädigung. Der Rückkaufswert dient weder dem unmittelbaren Ausgleich von entfallenden Rentenzahlungen in der Zukunft noch beruht er auf einer neu geschaffenen Rechtsgrundlage.[5]

Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit

Die Kapitalabfindung eines Anspruchs auf laufende Altersbezüge oder die Auszahlung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Auflösung der Versicherung erfüllen regelmäßig den Begriff einer "Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit".[6] Die "Tätigkeit" besteht bei Alterseinkünften in der früheren Leistung von Beiträgen. Entscheidend ist, dass sich die früheren Beitragsleistungen über mindestens 2 Kalenderjahre erstreckt haben und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfassen.[7]

Außerordentlichkeit

Die Anwendung der Fünftelregelung erfordert jedoch auch bei Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit stets die Außerordentlichkeit dieser Einkünfte. Solche liegen nur vor, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entspricht.[8] Bei den in § 22 Nr. 5 EStG genannten Auszahlungsformen ist neben der Auszahlung einer lebenslangen Altersleistung auch die Auszahlung einer (Teil-)Kapitalzahlung zulässig (Ausnahme: Basisversorgung). Die Kapitalzahlung stellt daher keine atypische, sondern eine dem normalen Vertragsablauf entsprechende vertraglich vorgesehene Auszahlungsform dar. Der BFH hat die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt und die ermäßigte Besteuerung einer Kapitalleistung aus einer Pensionskasse abgelehnt, die auf der Basis eines dem Versicherten eingeräumten Wahlrechts vertragsgemäß zur Auszahlung kam. Die Kapitalisierung von Ansprüchen ist der betrieblichen Altersversorgung nicht wesensfremd und damit nicht atypisch.[9]

Nichts anderes gilt, wenn die betriebliche Altersversorgung vorzeitig durch Kündigung oder andere Vertragsauflösung beendet wird und deshalb der Rückkaufswert noch vor Beginn der Rentenphase als Einmalzahlung zur Auszahlung kommt. Dieser Vorgang ist selbst dann nicht als atypisch zu beurteilen, wenn die Versorgungsanwartschaft bereits unverfallbar nach dem BetrAVG war.[10]

Nachträgliche Vereinbarung der Kapitalisierung

Ergänzend kann der Rechtsprechung entnommen werden, dass es für die Frage der Atypik nicht allein darauf ankommt, ob in einem Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht. Dies stellt zwar ein gewichtiges Indiz dafür dar, ob eine Kapitalabfindung im betreffenden Lebens- und Wirtschaftsbereich typisch oder atypisch ist, ist aber nicht von allein entscheidender Bedeutung.[11]

Auch dann, wenn die Kapitalisierung von laufenden Ansprüchen erst nachträglich vereinbart wird, im ursprünglichen Vertrag nicht vorgesehen war und die Initiative zur Kapitalisierung vom Anbieter des Vertrags ausgeht, begründet dies nicht zwingend einen atypischen Vorgang, der zur Annahme von außerordentlichen Einkünften führt. Entscheidend ist, ob es nur in Einzelfällen und deshalb atypisch zu einer auf eine Kapitalisierung gerichteten Vertragsänderung kommt oder nicht.[12]

Persönliche Beweggründe

Auch persönliche Beweggründe (z. B. dauerhafte Erkrankung), die zu einer Ausübung eines Kapitalwahlrechts bzw. zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses führen, bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Umstände, die zu der Einmalzahlung geführt haben, vermeidbar gewesen wären.[13]

Bewertung anhand empirisch-statistischer Daten

Die Frage der Atypik ist sowohl für Kapitalabfindungen bei Rentenbeginn als auch für die Auszahlung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Vertragsbeendigung allein auf der Grundlage empirisch-statistischer Daten wertend zu beantworten. Abzustellen ist auf sämtliche Versicherungen in Pensionsfonds und Pensionskassen sowie Direktversicherungen. Nicht einzubeziehen sind zerti...

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