Schwerbehinderte Menschen haben - im Gegensatz zu Gleichgestellten - Anspruch auf Zusatzurlaub. Die Dauer des Zusatzurlaubs beträgt 5 Arbeitstage im Urlaubsjahr (§ 125 SGB IX). Der Zusatzurlaub stellt eine Verlängerung des Grundurlaubs dar, sodass im Zweifel die Bestimmungen und Grundsätze für den Grundurlaub, insbesondere über Wartezeit, Zwölftelung, Übertragbarkeit, Geltendmachung, Verfall und Abgeltung auch für den Zusatzurlaub gelten. Einzelvertragliche oder tarifvertragliche Abweichungen von den gesetzlichen Urlaubsvorschriften zum Nachteil des Schwerbehinderten sind allerdings unzulässig.[1]

Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des ganzen Jahres, besteht nach dem neu eingefügten Abs. 2 des § 125 SGB IX[2] auch nur ein anteiliger Anspruch auf Zusatzurlaub[3]:

  • Für jeden vollen Monat, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft besteht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs.
  • Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. Eine Abrundung findet nicht statt.
  • Der so ermittelte Zusatzurlaub muss dem Erholungsurlaub hinzugerechnet werden.

Der Anspruch auf Zusatzurlaub erlischt, wenn er nicht bis zum Ende des Jahres genommen wurde, oder aber - bei Vorliegen der tariflichen Übertragungsvoraussetzungen - nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums (§ 47 Abs. 7 BAT) genommen wird. Dabei ist allein die Ungewissheit über die Schwerbehinderung kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für eine Übertragung des Zusatzurlaubs.[4]

Bei rückwirkender Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft findet die Verfallvorschrift des § 47 Abs. 7 BAT Anwendung. Damit wird eine Kumulation von Ansprüchen auf Zusatzurlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren ausgeschlossen.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Schwerbehinderteneigenschaft erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses mitgeteilt hat.[5]

Grundsätzlich sind in einem BAT-Arbeitsverhältnis der Grundurlaub und der Zusatzurlaub jeweils getrennt zu berechnen. Eine Zusammenrechnung zum Zwecke der Rundung findet nicht statt (§ 48 Abs. 5a BAT).

Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend (§ 125 Abs. 1 SGB IX). Arbeitet also z.B. ein Teilzeitbeschäftigter regelmäßig nur 3 Tage pro Woche, so erhält er auch nur einen Zusatzurlaub von 3 Arbeitstagen. Ergeben sich insoweit bei der Berechnung des Zusatzurlaubes von Teilzeitbeschäftigten Bruchteile eines Urlaubstages, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind sie auf einen vollen Urlaubstag aufzurunden.

 
Praxis-Beispiel

Die schwerbehinderte A ist in einem BAT-Arbeitsverhältnis als teilzeitbeschäftigte Protokollführerin tätig. In den ersten 7 Monaten des Jahres war sie an 3 Arbeitstagen pro Woche tätig, in den folgenden 5 Monaten an 2 Arbeitstagen.

Zunächst ist der Grundurlaub nach BAT zu ermitteln. Nach § 48 Abs. 4 Unterabs. 3 BAT vermindert sich der Urlaubsanspruch der A für jeden zusätzlich arbeitsfreien Tag im Urlaubsjahr um 1/260 des Urlaubs nach § 48 Abs. 1 BAT (= 30 Urlaubstage). Hier sind 126 arbeitsfreie Tage anzusetzen (30 Wo. x 2 + 22 Wo. x 3 AT). Damit vermindert sich der Urlaubsanspruch von 30 Tagen um 126/260, also um 14,538 Tage. Dies ergibt einen Urlaubsanspruch von 15,46 Arbeitstage. Wegen der Auf- und Abrundungsregel in § 48 Abs. 4 Unterabs. 5 BAT hat die A damit einen tariflichen Urlaubsanspruch von 15 Arbeitstagen.

Der Anspruch der A auf Schwerbehindertenurlaub ist nach der in § 125 Abs. 1 SGB IX enthaltenen gesetzlichen Berechnungsregelung zu bestimmen. Danach vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend dem Anteil der arbeitsfreien Tage. Dies ergibt einen Anspruch auf Zusatzurlaub von 2,576 Arbeitstagen. Der über 2 Urlaubstage hinausgehenden Bruchteil von 0,576 Urlaubstagen ist auf einen Urlaubstag aufzurunden.

Der tarifliche Urlaub von 15 Arbeitstagen und der Zusatzurlaub von 3 Arbeitstagen sind anschließend zu addieren und ergeben insgesamt 18 Urlaubstage.

[1] BAG, Urteil v. 08.03.1994 – 9 AZR 49/93 betreffend die Zwölftelungsregelung nach BAT.
[2] Eingefügt mit dem am 01.05.2004 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen.
[3] Die anders lautenden Entscheidungen des BAG, Urt. v. 21.02.1995 – 9 AZR 675/93 - ungekürzter Zusatzurlaub - sind mit der Gesetzesänderung zum 01.05.2004 hinfällig geworden.

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