Abbruch der Vertragsverhandlung

Mit Aufnahme von Vertragsverhandlungen entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dem sich Verhaltenspflichten zu gegenseitiger Sorgfalt und Rücksichtnahme ergeben. Der Abbruch von Vertragsverhandlungen für sich allein begründet jedoch regelmäßig keine Schadensersatzpflichten, selbst dann nicht, wenn der die Verhandlungen Beendende weiß, dass der Verhandlungspartner in Erwartung des Vertrags Aufwendungen getätigt hat. Hat jedoch der Arbeitgeber die gerechtfertigte Annahme erweckt, es werde sicher zum Abschluss des Arbeitsvertrags kommen, ist er zum Ersatz eines etwaigen Vertrauensschadens des Bewerbers verpflichtet.[1]

 
Praxis-Beispiel

Der Bewerber fragt, nachdem im Wesentlichen die Vertragsverhandlungen abgeschlossen waren, telefonisch an, ob er anderweitige Angebote im Hinblick auf diese Stelle ablehnen könne. Der Arbeitgeber erklärt hierauf, er könne mit einer Anstellung sicher rechnen. Kommt es dann in der Folgezeit aufgrund eines Verhaltens des Arbeitgebers nicht zum endgültigen Vertragsabschluss, macht er sich schadensersatzpflichtig. Das Gleiche gilt, wenn ein Bewerber anfragt, ob er seine bisherige Arbeitsstelle im Hinblick auf die neue Stelle kündigen könne.[2]

Nichtantritt nach Abschluss eines Arbeitsvertrags

Tritt der Arbeitnehmer den Dienst schuldhaft nicht an, liegt ein Arbeitsvertragsbruch vor. Der Arbeitgeber kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§§ 280, 283 BGB). In Betracht kommen vor allem der Ausgleich des Nachteils durch das Fehlen der Arbeitskraft, der daraus resultierenden Mehrvergütungen an Arbeitnehmer, die durch Überstunden den Ausfall abdecken müssen, und zusätzliche Kosten für Aushilfen etc.

Inseratskosten können nur geltend gemacht werden, wenn diese Kosten bei ordnungsgemäßer Einhaltung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist durch den Arbeitnehmer vermeidbar gewesen wären.[3] Der Arbeitgeber kann sich dabei nicht auf die Möglichkeit berufen, dass der Arbeitnehmer sich bei Aufnahme der Arbeit bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist hätte umstimmen lassen. Er muss auch beweisen, dass Inseratskosten gerade dadurch entstanden sind, dass der Arbeitnehmer ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist den Arbeitsplatz verlassen hat.

Die Inseratskosten müssen auch in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Arbeitsplatzes stehen. Als Faustregel kann etwa ein Monatsgehalt gelten, das für die Stelle des Vertragsbrüchigen aufgewandt worden wäre. Falls der Arbeitgeber ständig Stellenanzeigen für vergleichbare Arbeitspositionen aufgibt, können die Kosten für das Inserat in keinem kausalen Zusammenhang mehr gesehen werden.

Vertragsstrafe

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeitsstelle hat eine doppelte Funktion. Sie ist Druck- und Sicherungsmittel zur Einhaltung des Arbeitsvertrags. Zugleich erleichtert sie die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, ohne einen Schaden konkret nachweisen zu müssen. Die Vertragsstrafenaberede ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig. Allerdings ist der Arbeitsvertrag in der Regel ein Formularvertrag. Seit 1.1.2002 unterliegen sie der für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Dies gilt seit 1.1.2003 auch für "Altverträge". Danach greift ein Transparenzgebot wie eine Angemessenheitskontrolle. Das Transparenzgebot ist bei den hier üblichen Klauseln gewahrt, da sie hinreichend klar und bestimmt sind. Das BAG hat die Klausel für den Fall der unberechtigten Lösung vom Vertrag auch grundsätzlich als angemessen erachtet.[4] Allerdings darf die Höhe der Vertragstrafe nicht unangemessen sein. Angemessen ist sie i. d. R., wenn sie den Betrag eines Bruttomonatsgehalts nicht übersteigt. Die Orientierung an einem Bruttomonatsgehalt kann unangemessen sein, wenn in das Monatseinkommen eine Aufwandsentschädigung bis zu 40 % des Monatseinkommens z. B. wegen eines Auslandaufenthalts eingerechnet ist.[5] Des Weiteren, wenn die Dauer der vereinbarten Kündigungsfrist dahinter zurückbleibt.[6] Im TVöD/TV-L beträgt die Kündigungsfrist bis zum Ende des sechsten Monats zwei Wochen zum Monatsende. Insofern wäre ein Bruttomonatsgehalt unangemessen hoch.

 
Praxis-Tipp

Vorsorglich sollte die Vertragsstrafe auf die Höhe des "Bruttoentgelts der Kündigungsfrist, höchstens ein Bruttomonatsgehalt" begrenzt werden.

Allerdings ist die Vereinbarung einer derartigen Vertragsstrafe nur wirksam, wenn im Arbeitsvertrag das Recht auf Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Dienstantritt ausdrücklich ausgeschlossen ist. Ansonsten hätte nämlich der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich auf ein hypothetisches rechtmäßiges Alternativverhalten zu berufen.

Rechtsfolge einer überhöhten Vertragsstrafe ist deren Unwirksamkeit. Eine geltungserhaltende Reduktion, also die Verringerung auf einen noch als angemessen beurteilten Betrag, findet nicht statt.[7]

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