Aussperrung bezeichnet die vonseiten der Arbeitgeber planmäßig vorgenommene Arbeitsausschließung mehrerer Arbeitnehmer unter Verweigerung der Lohnfortzahlung zur Erreichung eines bestimmten Ziels, welches regelmäßig darin liegt, einen Streik durch Erhöhung des wirtschaftlichen Drucks auf die Gegenseite abzukürzen.[1]

Durch eine Aussperrung werden ebenso wie im Fall eines Streiks die Hauptleistungspflichten suspendiert, d. h. der Beschäftigungs- und der Vergütungsanspruch ruhen für diese Zeit. Dies gilt auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.[2] Die obigen Ausführungen zu den Folgen eines Streiks gelten für die Aussperrung entsprechend.

Eine Aussperrung im öffentlichen Dienst ist unüblich. Dies ergibt sich auch aus der besonderen Rücksicht der Arbeitgeber für die vom Arbeitskampf in erster Linie betroffenen Bürger.

 
Praxis-Tipp

Die Aussperrungserklärung muss nicht dem einzelnen Arbeitnehmer zugestellt werden, es genügt, wenn sie der Streikleitung zugeht. Sie ist an keine Frist gebunden.

Die Erklärung der Aussperrung muss eindeutig sein.[3]

Aussperrungen dürfen bei Auseinandersetzungen um Verbandstarifverträge allerdings nicht von einzelnen Arbeitgebern verhängt werden, ohne dass ein entsprechender Verbandsbeschluss vorliegt. Der Arbeitgeber muss daher stets die Entscheidung seines Verbands abwarten. Die Gegenseite muss über den Inhalt dieses Beschlusses informiert werden, damit sie erkennen kann, ob es sich um eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme handelt.[4]

Auch Warnstreiks dürfen mit Aussperrungen beantwortet werden.[5]

Die Rechtmäßigkeit einer Aussperrung ist vom Bundesarbeitsgericht seit der Grundsatzentscheidung vom 28.1.1955[6] nicht mehr infrage gestellt worden. Es handelt sich hierbei um einen eigenständigen Lösungsakt, und es liegt im Ermessen des Unternehmers, ob er nach dem Ende des Arbeitskampfs die mit lösender Wirkung ausgesperrten Arbeitnehmer wieder einstellen will. Seine Ermessensfreiheit darf er nicht offensichtlich missbrauchen.[7] Bei Beendigung eines Arbeitskampfs klären die streikbeteiligten Parteien diese Frage regelmäßig durch eine Wiedereinstellungsklausel gesondert. Mitglieder des Personal- bzw. Betriebsrats können jedoch nur mit suspendierender Wirkung ausgesperrt werden.[8]

Dem Schutz der Koalitionsfreiheit unterliegen insbesondere Aussperrungen mit suspendierender Wirkung, die in Abwehr von Teil- und Schwerpunktstreiks der Herstellung der Verhandlungsparität dienen.[9] Erst wenn sich der Arbeitskampf, etwa durch längere Dauer und durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen wegen schwerer Auftragsverluste, verschärft, soll es dem Arbeitgeber freistehen, zur lösenden Aussperrung überzugehen.

Arbeitgeber dürfen nicht gezielt nur Gewerkschaftsmitglieder aussperren und nicht organisierte Arbeitnehmer von der Aussperrung verschonen, dies verletzt die positive Koalitionsfreiheit und ist gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG rechtswidrig.[10]

Es ist grundsätzlich zulässig, nur die streikenden Arbeitnehmer auszusperren. Dies ist keine sog. Selektivaussperrung, da nicht gezielt nur die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer ausgesperrt werden. Auch stellt die Aussperrung nur der Streikenden keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB dar. Ferner liegt in der Aussperrung nur der streikenden Arbeitnehmer kein Verstoß gegen das tarifliche Maßregelungsverbot, das regelmäßig nach einem Arbeitskampf zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaften vereinbart wird, denn regelmäßig sollen Lohnausfälle, die durch ein rechtlich zulässiges Arbeitskampfmittel entstanden sind, nicht ausgeglichen werden. Mit Maßregelungen sind insbesondere Abmahnungen, Kündigungen oder sonst aktive Eingriffe in Rechtspositionen der am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer gemeint.[11]

 

Tipp

Es empfiehlt sich bei Vorlage eines Beschlusses des Arbeitgeberverbands zu Aussperrungen, die Aussperrung schon vor Beginn des (Warn-)Streiks zu verfügen und den Arbeitnehmern bekannt zu machen. Den Arbeitnehmern sollte z. B. durch Aushang mitgeteilt werden, dass diejenigen, die am Streik teilnehmen, anschließend ausgesperrt werden. Dabei ist es verhältnismäßig, dass die nachfolgende Aussperrung doppelt so lange dauert wie der (Warn-)Streik. Diese bereits vorab angekündigte Aussperrung verfolgt das grundsätzlich zulässige Ziel, die Streikfolgen für den Betrieb zu mindern und die Wirksamkeit des Arbeitskampfmittels der Gegenseite zu schwächen.[12]

Schwerbehinderte[13], arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer[14] und werdende Mütter können ebenfalls ausgesperrt werden.

Da nach der neueren Rechtsprechung Unterstützungsstreiks zulässig sind[15], wären in Ausnahmefällen auch Unterstützungsaussperrungen (Sympathieaussperrungen) denkbar – zumindest wenn diese notwendig werden sollten, um die Verhandlungsparität zu wahren.

[1] Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl., § 192 II 1, Rz. 12.

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