Die Fiktion der Vertragsverlängerung tritt nicht ein, wenn der Vermieter oder der Mieter seinen entgegenstehenden Willen dem anderen Teil erklärt. Die Erklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, bedingungsfeindliche Willenserklärung, auf die die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB anwendbar sind.[1] Die Widerspruchserklärung muss vom Vermieter gegenüber dem Mieter (oder umgekehrt) ausgesprochen werden. Dies gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift ("dem anderen Teil") auch dann, wenn der Mieter ausgezogen ist und die Räume von einem Nichtmieter (etwa dem Ehegatten oder dem Lebensgefährten) weiter genutzt werden.

 
Hinweis

Widerspruch bei Vermieter- oder Mietermehrheit

Bei einer Mehrheit von Vermietern genügt es, wenn einer der Vermieter der Vertragsfortsetzung widerspricht.[2] Will der Mieter der Vertragsfortsetzung widersprechen, so muss die Erklärung aber allen Vermietern zugehen, weil die Fiktion der Vertragsverlängerung gegenüber allen Vermietern wirkt. Bei einer Mehrheit von Mietern gilt Entsprechendes: Es genügt, wenn einer der Mieter der Vertragsfortsetzung widerspricht. Will der Vermieter der Vertragsfortsetzung widersprechen, muss die Erklärung allen Mietern zugehen.

In der Erklärung muss zum Ausdruck kommen, dass der Erklärende mit der Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nicht einverstanden ist.

 
Hinweis

Eindeutig und formlos

Der Widerspruch muss eindeutig sein und er darf keine Bedingung oder Auflage enthalten.[3] Die Erklärung bedarf keiner besonderen Form und keiner Begründung. Sie kann auch durch schlüssige Handlung erklärt werden.

Der Wille des Erklärenden, die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen, muss allerdings hinreichend deutlich zutage treten.[4]

In dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung liegt nicht in jedem Fall zugleich eine Widerspruchserklärung.[5] Die Entscheidung, ob eine außerordentliche Kündigung des Vermieters bereits die Erklärung beinhaltet, die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sind das Gewicht der Kündigungsgründe und die Bedeutung, welche der Vermieter ihnen nach dem Inhalt der Erklärung beigemessen hat.[6]

 
Praxis-Beispiel

Konkludente Widerspruchserklärung

So kann die Kündigung zugleich als Widerspruchserklärung gelten, wenn die Kündigung wegen einer besonders schweren Vertragsverletzung erklärt wird und sich aus der Kündigungserklärung ergibt, dass der Kündigende die Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar ansieht.[7]

Ebenso wird es als Widerspruch zu bewerten sein, wenn der Vermieter fristlos kündigt, dem Mieter aber zugleich eine Räumungsfrist gewährt[8]; in diesem Fall beruht die Gebrauchsfortsetzung auf einer Stundung des Herausgabeanspruchs. In der Erhebung einer Räumungsklage kommt immer zum Ausdruck, dass der Vermieter keine Vertragsverlängerung wünscht.

In dem Verlangen nach Räumung der Mietsache liegt i. d. R. ein Widerspruch gegen die Vertragsfortsetzung.[9]

Gleiches gilt für den Klageabweisungsantrag des Vermieters, wenn der Mieter Klage auf Feststellung des Fortbestands des Mietverhältnisses erhoben hat.[10]

Erst recht ist für die Anwendung des § 545 BGB kein Raum, wenn während eines anhängigen Räumungsrechtsstreits eine Kündigung erklärt wird und das Mietverhältnis aufgrund dieser Kündigung endet.

Außerdem kann in der Bitte um Mitteilung des Räumungstermins, in einem Schreiben mit dem Verlangen um Bestätigung der Beendigung des Mietverhältnisses[11], in der Aufforderung zur Durchführung einer Schlussrenovierung oder in der Gewährung einer Räumungsfrist eine konkludente Widerspruchserklärung liegen.

Gleiches gilt, wenn der Mieter zum Ausdruck bringt, dass er auszugsbereit sei und nur noch auf die Fertigstellung der Ersatzwohnung warte[12] oder wenn der Vermieter mitteilt, dass er bei unterlassener Räumung "gerichtliche Hilfe" in Anspruch nehme[13] oder anlässlich der Mietzahlungen erklärt, dass er die Leistungen des Mieters als Nutzungsentschädigung betrachte.

Schließlich kann ein konkludent erklärter Widerspruch vorliegen, wenn der Vermieter eine höhere Miete fordert[14], weil hierin zum Ausdruck kommt, dass das Mietverhältnis jedenfalls nicht zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werden soll.[15]

[1] Staudinger/Emmerich, § 568 BGB (a. F.), Rn. 18; Sternel, Rn. IV, 83; Franke, in Fischer-Dieskau u. a., Wohnungsbaurecht, § 568 BGB (a. F.), Anm. 6.
[3] BayObLG, RE v. 1.9.1981, NJW 1981 S. 2759 = WuM 1981 S. 253.
[4] BGH, WuM 1988 S. 59 f..
[5] OLG Köln, ZMR 1996 S. 24; a. A. LG Itzehoe, WuM 1982 S. 298.
[7] BGH, NJW-RR 1988 S. 76 = WuM 1988 S. 59 f. = ZMR 1988 S. 18.
[8] OLG Schleswig, RE v. 23.11.1981, NJW 1982 S. 449 = WuM 1982 S. 65 = DWW 1982 S. 119.
[10] BGHZ 113 S. 290 = NJW 1991 S. 1348 = WuM 1991 S. 276 = ZMR 1991 S. 213.
[11] OLG München, OLG-Rp München 1994 S. 63.
[12] OLG Hamm, OLG-Rp Hamm 1993 S. 221.
[13] LG Bonn, WuM 1992 S. 617.
[14] BGH, WPM 1969 S. 298.
[15]...

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