Zusammenfassung

 
Überblick

Der Mieter kann vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen der Mietsache verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Nach dieser gesetzlichen Neuregelung (der ähnliche, aber nicht identische frühere § 554a BGB wurde aufgehoben) findet auch eine Abwägung mit den Interessen des Vermieters statt[1] und es kann eine Verpflichtung zur Stellung von Sicherheiten bestehen.[2]

1 Voraussetzungen des Anspruchs

1.1 Zustimmung

Der Mieter ist nicht kraft Gesetzes berechtigt, die Mietsache nach seinen Bedürfnissen umzugestalten. Vielmehr bedarf er hierzu einer Erlaubnis, die vor Durchführung der Maßnahmen einzuholen ist.[1] Wenn der Mieter diese nicht vorher einholt, ist von einer Pflichtverletzung des Mieters auszugehen.[2]

 
Praxis-Tipp

Form der Erlaubnis

Eine bestimmte Form sieht das Gesetz nicht vor. Aus Beweisgründen und um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten aber Antrag und Zustimmung schriftlich erfolgen.

 
Wichtig

WEG-Reform

Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung muss bei Wohnungseigentum auch ein Duldungsanspruch gegen die Miteigentümer bestehen.[3]

[1] BT-Drs 19/18791 S. 87.
[2] Weidenkaff, in Palandt, 80. Aufl. 2021, § 554 Rz. 3.

1.2 Herstellung eines behindertengerechten Zustands

Nach der gesetzlichen Regelung muss die bauliche Veränderung oder die Einrichtung für eine behindertengerechte Nutzung der Räume oder des Zugangs zu den Räumen dienlich sein. Dienlich im Sinne des Gesetzes ist eine Einrichtung, wenn sie eine erhebliche Erleichterung für den Behinderten mit sich bringen. Eine Unterscheidung zwischen notwendigen, nützlichen und solchen Maßnahmen, die nur der Bequemlichkeit dienen, ist nicht angebracht.[1]

 
Praxis-Beispiel

Behindertengerechter Zugang

  • Schaffung eines ebenerdigen Hauseingangs oder einer Auffahrtrampe
  • Beseitigung von Türschwellen bei Nutzung der Wohnung durch einen Rollstuhlfahrer
  • Verbreiterung der Türen auf Rollstuhlbreite
  • Umbau eines Badezimmers
  • ein rutschsicherer Bodenbelag
  • Montage von Stützstangen oder Gehhilfen entlang der Wände
  • Montage beiderseitiger Handläufe im Treppenhaus und der Einbau eines Treppenliftes im Treppenhaus oder innerhalb einer Maisonettewohnung
  • Sicherung von Fenstern zum Schutz geistig behinderter Mieter, etc.

Die Art der Behinderung ist gleichgültig. In der Regel wird es sich um Umbaumaßnahmen im Interesse körperlich behinderter, alter oder gebrechlicher Mieter handeln. Es kommen aber auch Maßnahmen zugunsten oder zum Schutz geistig Behinderter in Betracht. Das Ausmaß der Behinderung ist im Rahmen der nach § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Es ist nicht erforderlich, dass der Mieter selbst zum Kreis der Behinderten gehört. Es genügt, wenn eine behinderte Person mit dem Mieter einen gemeinsamen Hausstand führt. Der gelegentliche Besuch durch Behinderte wird von § 554 BGB nicht erfasst, weil der Besucher die Mietsache nicht nutzt.

[1] Rips, Die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Mietverhältnissen – Barrierefreiheit gem. § 554a BGB, Berlin 2003, S. 84; enger: Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, § 554a BGB Rn. 34; Staudinger/Rolfs, § 554a BGB Rn. 10; Mersson, in NZM 2002, S. 313 f..

1.3 Interessenabwägung

Der Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis setzt ein berechtigtes Interesse des Mieters voraus. Hierunter ist – wie allgemein – jedes vernünftige und nachvollziehbare Interesse zu verstehen. Es genügt, wenn die Wohnung infolge der baulichen Veränderung für den Mieter oder dessen Angehörigen bequemer zu nutzen ist, wenn die Funktionsabläufe verbessert werden oder wenn die Wohnung sicherer, gesünder oder pflegeleichter wird. Stets muss ein Bezug zwischen der Behinderung und der Verbesserung bestehen.

Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erteilung der Erlaubnis muss der Mieter gegenüber dem Vermieter darlegen. Hierzu ist eine Mitteilung über Art und Umfang der Maßnahmen erforderlich. Bei umfangreichen Arbeiten müssen detaillierte Pläne vorgelegt werden, damit der Vermieter das Ausmaß einer möglichen Beeinträchtigung anderer Mieter oder der Bausubstanz beurteilen kann.

Soweit der Mieter dafür Informationen, also die Mitwirkung des Vermieters benötigt (z. B. Stromversorgung, Kabelverlauf), besteht darauf ein Anspruch aus § 241 Abs. 2 BGB.[1]

Die Interessen des Mieters an der baulichen Veränderung und die Interessen des Vermieters an der Beibehaltung des gegenwärtigen Zustands sind gegeneinander abzuwägen.

 
Praxis-Beispiel

Vermieterinteressen sind z. B.

  • Bestandsinteressen
  • Haftungsrisiken
  • öffentlich-rechtliche Vorschriften
  • Rechtsbeziehungen zu Dritten (z. B. Mitbewohner, Nachbarn)
  • Rückbaurisiko

Die Interessen anderer Mieter in dem Gebäude sind dabei zu berücksichtigen. Diese Interessen können sich zugunsten des Vermieters (wenn die Beibehaltung des gegebenen Zustands im Interesse der Mieter liegt), aber auch zugunsten des Mieters auswirken (z. B. wenn ein Teil der übrigen Mieter ebenfalls zum Kreis der Behinderten zählt oder eine Behinderung etwa infolge eine...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge