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BSG Beschluss vom 31.01.1979 - 11 BA 129/78

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Beteiligte

Kläger und Beschwerdeführer

Beklagte und Beschwerdegegnerin

 

Tatbestand

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Mit der Rüge einer Verletzung der im Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) enthaltenen Vorschriften über die Mitwirkungspflicht (§§ 62, 66 Abs. 3) wird kein Verfahrensmangel bezeichnet, auf den die Beschwerde gestützt werden könnte. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorschriften überhaupt Bedeutung auch für das gerichtliche Verfahren haben. Selbst wenn man das annehmen wollte - obgleich im gerichtlichen Verfahren eine im Grundsatz freier gestaltete Hinweispflicht längst anerkannt war -, könnten sie allenfalls näher die Pflichten umschreiben, die für das Gericht und die Beteiligten bei der Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehen. Denn dessen Satz 1 bestimmt im 2. Halbsatz allgemein, daß die Beteiligten bei der Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen sind; auch die Hinweispflicht des Gerichts bei fehlender Mitwirkung (vgl. SozR Nr. 55 zu § 103 SGG) ist aus dem Gebot der Sachaufklärung abgeleitet worden (BVerwGE 8, 29, 30). Der Kläger rügt mit seinem Vorbringen daher in Wahrheit eine Verletzung des § 103 SGG. Nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG kann jedoch ein Verfahrensmangel, der für die Zulassung der Revision geltend gemacht wird, außer bei einem nicht befolgten Beweisantrag nicht auf eine Verletzung des § 103 SGG gestützt werden.

In diesem Zusammenhang gewinnt die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung durch die nach Ansicht des Klägers zu entscheidende Rechtsfrage, ob ein Gericht in einem solchen Falle eine Klage oder ein Rechtsmittel wegen angeblicher fehlender Verletzung der Mitwirkungspflicht abweisen darf, ohne gem. § 66 Abs. 3 SGB 1 gehandelt zu haben. Denn selbst wenn gerade oder wenigstens diese für das Verwaltungsverfahren geltende Vorschrift im gerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar wäre, wäre die bezeichnete Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich; das LSG hätte nämlich auch bei unterstellter grundsätzlicher Hinweispflicht hier dennoch nicht verfahrensrechtlich fehlerhaft gehandelt, wenn es angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles von einem ausdrücklichen schriftlichen Hinweis abgesehen hat. Der Kläger hat sich wiederholt den Untersuchungen entzogen, die Sozialgericht und LSG zur Klärung der Gesundheitsstörungen auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet für notwendig erachtet haben. Jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle ist er den angesetzten Untersuchungsterminen ohne stichhaltige Gründe ferngeblieben, wie das LSG festgestellt hat (§ 163 SGG). Schon das Sozialgericht hatte aber den Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 1974 (unter Fristsetzung) darauf hingewiesen, daß die Untersuchung unumgänglich erscheine, ohne sie Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht festgestellt werden könne und die Klage abgewiesen werden müsse. Im folgenden Berufungsverfahren war der Kläger durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Sonach konnte das LSG annehmen, daß der Kläger sich der Folgen seines Verhaltens bewußt war und daß auch ein schriftlicher Hinweis ihn nicht veranlassen würde, nun ernsthaft an der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Unter diesen Umständen wäre ein Hinweis des LSG die bloße Erfüllung einer Form ohne Sinn gewesen (zum Sinn des Hinweises vgl. BVerwG a.a.O.) und kommt die Berufung des Klägers hierauf einem Rechtsmißbrauch gleich.

Unbegründet ist weiter die Rüge einer Verletzung des § 411 (Abs. 3) ZPO, mit welcher der Kläger beanstandet, daß das LSG nicht entsprechend seinen Anträgen im Schriftsatz vom 8. Mai 1971 und in der Verhandlung vor dem LSG vom 9. Mai 1978 die Professoren Dr. P … und Dr. F … Erläuterung ihrer Äußerungen geladen habe, daß eine Begutachtung allein nach Lage der Akten nicht möglich sei. Soweit der Kläger hierbei ein Fragerecht i.S. der §§ 397, 402 ZPO ausüben wollte, waren seine Anträge verspätet, weil im Falle von Prof. Dr. P … bereits eine mündliche Verhandlung dazwischen lag und im Falle Prof. Dr. F … dem LSG die rechtzeitige Ladung zum Termin vom 9. August 1975 nicht mehr möglich war. Das LSG hat aber auch nicht sein Ermessen im Rahmen des § 411 Abs. 3 ZPO mißbraucht, wenn es die Sachverständigen nicht zur bloßen "Erläuterung" ihrer Äußerungen veranlaßt hat. Es handelte sich nicht um Gutachten im eigentlichen Sinne, weil die Sachverständigen damit nicht zu den von ihnen "zu begutachtenden Punkten" (§ 403 ZPO) Stellung nahmen; ihre Äußerungen waren zudem weder unklar noch widersprüchlich und stellten m übrigen keine allgemeine Aussage über die Unmöglichkeit eines Aktenlagegutachtens dar (besonders deutlich Prof. Dr. F … halte ich … für erforderlich"). Letztlich ist aber auch die zur Ablehnung mit angeführte Überzeugung des LSG, daß eine Aussage über die Leistungsfähigkeit des Klägers ohne längere Beobachtung des Klägers unmöglich sei, in diesem Rahmen der Nachprüfung durch das BSG entzogen (SozR 1500 § 160 Nr. 5).

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang außerdem eine Abweichung des LSG von der Entscheidung des BSG vom 9. Mai 1961 (NJW 1961, 2087) geltend macht, hat er die Abweichung bereits nicht hinreichend bezeichnet; sein Vorbringen läßt nicht erkennen, welche Rechtsfrage das LSG anders als das bezeichnete Revisionsurteil entschieden haben soll.

Der Kläger beanstandet schließlich, daß das LSG seinem Antrag auf Anhörung von Dr. R … als Gutachter nicht gefolgt sei. Seine Ausführungen machen nicht deutliche daß er dabei eine Verletzung der §§ 103, 106 SGG rügen will, zumal er nach diesen Vorschriften, insbesondere in ihrer Verbindung mit § 404 ZPO, kein Recht zur Auswahl des vom Gericht anzuhörenden Gutachters geltend machen könnte. Der Kläger sieht hier § 109 SGG als verletzt an. Nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG kann der für die Zulassung der Revision geltend gemachte Verfahrensmangel aber nicht auf eine Verletzung des § 109 SGG gestützt werden. Dieser Ausschluß gilt nach dem Gesetz uneingeschränkt und somit auch für den vom Kläger hier behaupteten, in Wahrheit aber nicht einmal vorliegenden Fall, daß das Gericht den nach § 109 SGG gestellten Antrag "aus offensichtlich nicht zutreffenden, dem Akteninhalt entgegenstehenden Gründet" abgelehnt habe. Auch in diesem Zusammenhang ist entgegen dem Vortrag des Klägers eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu erkennen.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen und das Armenrechtsgesuch wegen mangelnder Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 167 Abs. 2 SGG i.V.m. § 114 ZPO).11 BA 129/78

Bundessozialgericht

Beschluß

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518633

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