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BGH Urteil vom 22.04.1991 - II ZR 151/90

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Leitsatz (amtlich)

Auch ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich, um die unbefangene Wahrung der Gesellschaftsbelange sicherzustellen; dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Belange tatsächlich gefährdet sind, es reicht vielmehr aus, daß aufgrund typisierender Betrachtung die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung besteht.

 

Orientierungssatz

Zitierungen: Fortführung BGH, 1981-05-11, II ZR 126/80, WM IV 1981, 759; BGH, 1986-10-09, II ZR 284/85, WM IV 1986, 1411; BGH, 1988-02-08, II ZR 159/87, BGHZ 103, 213; BGH, 1989-02-13, II ZR 209/88, WM IV 1989, 637 und BGH, 1990-03-05, II ZR 86/89, WM IV 1990, 630.

 

Tatbestand

Der Kläger war lange Jahre bei der beklagten Bank beschäftigt. In den letzten Jahren bis zu seinem vorzeitigen Ausscheiden am 31. Dezember 1982 gehörte er dem Vorstand der Beklagten an. Das Anstellungsverhältnis lief erst zum 31. März 1986 aus, seit dem 1. April 1987 bezieht der Kläger Altersruhegeld. Dieses berechnet und zahlt die Beklagte auf der Grundlage von zwölf tariflichen Monatsgehältern, während der Kläger dreizehn Tarifgehälter zugrundegelegt wissen will.

Seine gegen die Beklagte, vertreten durch den Vorstand, unter anderem auf Zahlung eines entsprechend errechneten Ruhegehalts gerichtete Klage hatte in den beiden ersten Instanzen Erfolg. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiter die Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung bzw. Abänderung der in den Vorinstanzen ergangenen Urteile zur Abweisung der Klage.

Dabei kommt es auf den Streit der Parteien darüber, ob das Ruhegehalt des Klägers auf der Grundlage von zwölf oder dreizehn Monatsgehältern zu berechnen ist, nicht an. Das Urteil kann schon aus prozessualen Gründen keinen Bestand haben.

Die Beklagte ist in dem Rechtsstreit nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten (§ 551 Nr. 5 ZPO). Der Kläger ist ehemaliges Vorstandsmitglied der Beklagten. Seine Klage richtet sich gegen die beklagte Aktiengesellschaft „vertreten durch den Vorstand”. Dies steht nicht in Einklang mit § 112 AktG, nach dem der Aufsichtsrat Vorstandsmitgliedern gegenüber die Gesellschaft gerichtlich vertritt. Auch wenn der Wortlaut dieser Vorschrift die Auslegung zuläßt, daß die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrates beschränkt ist auf die Rechtsstreitigkeiten mit noch im Amt befindlichen Vorstandsmitgliedern (so teilweise die frühere Literatur: Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl., § 112 Rdn. 3; Geßler/Hefermehl, AktG, § 112 Rdn. 7; GroßKomm. zum AktG Meyer-Landrut, 3. Aufl., § 112 Anm. 1), wäre ein solches Verständnis der Vorschrift zu eng. Gesetzlicher Zweck des § 112 AktG ist es nämlich, eine unbefangene Vertretung der Gesellschaft sicherzustellen, welche von sachfremden Erwägungen unbeeinflußt ist und sachdienliche Gesellschaftsbelange wahrt (ständige Rechtsprechung des Senats, Urt. v. 11. Mai 1981 – II ZR 126/80, WM 1981, 759; v. 9. Oktober 1986 – II ZR 284/85, WM 1986, 1411ff. = ZIP 1986, 1381 mit zustimmenden Anmerkungen von Meyer-Landrut, EWIR 1986, 1165 und Sonnenhol, WUB II A, § 112 AktG 1.87; v. 8. Februar 1988 – II ZR 159/87, BGHZ 103, 213 = WM 1988, 413f. mit Anmerkung von Kleindiek, WUB II A, § 112 AktG 1.88; v. 13. Februar 1989 – II ZR 209/88, WM 1989, 637, 638f. mit zustimmender Anmerkung von Ebenroth, EWIR 1989 S. 429; v. 5. März 1990 – II ZR 86/89, WM 1990, 630f. mit zustimmender Anmerkung von Meyer-Landrut, EWIR 1990, 909). Dieser Zweck erfordert, wie der Senat in den angeführten Entscheidungen wiederholt ausgesprochen hat, eine Anwendung des § 112 AktG auch in den Fällen, in denen Rechtsstreitigkeiten der Gesellschaft mit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern geführt werden. Das gilt insbesondere auch dann, wenn mit der Rückkehr dieses Vorstandsmitgliedes in den Vorstand nicht mehr gerechnet werden muß oder wenn wegen Ablaufs der Amtsperiode persönliche Kontakte des ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedes zu dem jetzt berufenen Vorstand weniger große Bedeutung haben können. Auch dann kann nämlich, wie der Senat mehrfach betont hat, die Gefahr bestehen, daß bei einer Vertretung der Gesellschaft im Rechtsstreit durch den Vorstand Gesellschaftsbelange nicht hinreichend gewahrt sind. Dabei kommt es nach dem Gesetzeszweck des § 112 AktG nicht darauf an, ob diese Gefahr tatsächlich vorhanden ist. Ausreichend ist vielmehr, daß nur die abstrakte Gefahr fehlender Unabhängigkeit der Vertretungsorgane besteht (SenUrt. v. 5. März 1990 aaO.), was im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufgrund typisierender Betrachtung festzustellen ist.

Im vorliegenden Fall liegt eine solche abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der beklagten Gesellschaft auf der Hand: Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten werden die von ihr gezahlten Ruhegehälter in allen Fällen in der vom Kläger beanstandeten Weise ermittelt. Derselbe Berechnungsmodus gilt also unter anderem auch für alle anderen Vorstandsmitglieder. Von einer die Ruhegehaltszahlung aufbessernden Änderung im Sinne des Klagebegehrens wären daher auch sie betroffen.

Der danach zur Vertretung der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit allein berufene Aufsichtsrat hat die Genehmigung der Prozeßführung des Vorstandes verweigert. Dies ist nicht rechtsmißbräuchlich (SenUrt. v. 5. März 1990 aaO.; RG JW 1938, 2366).

Daß der Aufsichtsrat den Vorstand ausdrücklich mit der Prozeßführung betraut hätte, wie der Kläger geltend macht, ist nicht hinreichend vorgetragen. Selbst wenn der Aufsichtsrat der Beklagten „regelmäßig” die Führung derartiger Rechtsstreitigkeiten dem Vorstand überlassen sollte, kann daraus nicht gefolgert werden, daß auch im vorliegenden Fall ein entsprechender Beschluß des hierzu berufenen Organs der Gesellschaft gefaßt worden ist. Ebensowenig läßt sich aus etwaigen allein von dem Aufsichtsratsvorsitzenden von S. abgegebenen Äußerungen etwas über eine Bevollmächtigung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat herleiten. Denn allein dieser und nicht der Vorsitzende ist zu einer solchen Entscheidung berufen (§ 108 Abs. 1 AktG). Schließlich besagt auch die Tatsache nichts über die Vertretungsbefugnis des Vorstandes in dem vorliegenden Rechtsstreit, daß das an den Aufsichtsratsvorsitzenden gerichtete vorprozessuale Schreiben des Klägers von der zentralen Rechtsabteilung der Beklagten beantwortet worden ist.

Das Verbot der reformatio in peius steht der Abweisung der Klage als unzulässig in dritter Instanz nicht entgegen (SenUrt. v. 5. März 1990 aaO.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 647973

ZIP 1991, 796

GmbHR 1991, 324

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