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BFH Urteil vom 28.06.2001 - IV R 40/00

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Objektverbrauch durch Sonderabschreibung nach § 15 BerlinFG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 15 BerlinFG führt zum Eintritt des Objektverbrauchs gemäß § 10e Abs. 4 Satz 3 EStG. Daran ändert nichts, dass ein bereits zuvor (im Bundesgebiet) eingetretener Objektverbrauch einer zusätzlichen Sonderabschreibung nach § 15 Abs. 5 BerlinFG nicht entgegengestanden hätte.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 4; BerlinFG § 15

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (EFG 2000, 562)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten, die im Streitjahr 1995 ein 1988 erworbenes Einfamilienhaus in A bewohnten. Der Kläger wurde in diesem Jahr zum Richter am … ernannt, weshalb die Kläger noch im gleichen Jahr ein Einfamilienhaus in X kauften, in das sie 1996 nach Besitzübergabe umzogen. Der Kläger bezog auch Einkünfte aus selbständiger (schriftstellerischer) Arbeit.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger die Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Haus in X und machten die Anschaffungsnebenkosten als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte den Antrag mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 17. April 1997 ab, weil das Grundstück erst 1996 übergeben worden sei.

Die Kläger erhoben Einspruch und machten nun einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG für das Haus in A geltend. Damit hatte es folgende Bewandtnis: Der Kläger hatte nach berufsbedingtem Zuzug nach Berlin im Jahr 1978 dort eine Eigentumswohnung erworben und dafür erhöhte Absetzungen nach § 15 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in Anspruch genommen. Nach zwischenzeitlicher Rückkehr ins Bundesgebiet zogen die Kläger später erneut nach Berlin. Im Zusammenhang damit schaffte die Klägerin 1985 eine Eigentumswohnung in der Kstraße an, für die sie ebenfalls erhöhte Absetzungen nach § 15 BerlinFG beanspruchte. Berufsbedingt zogen die Kläger 1988 nach A, wo sie das bis zum Streitjahr eigengenutzte Einfamilienhaus erwarben. Das seinerzeit zuständige FA hatte den Klägern in früheren Jahren die Steuervergünstigung nach § 10e EStG für dieses Einfamilienhaus als Folgeobjekt der Eigentumswohnung Kstraße gewährt.

Mit Schreiben vom 15. Juli 1997 betreffend "Einkommensteuererklärung 1995, Einspruchsverfahren" teilte der zuständige Veranlagungs-Sachbearbeiter den Klägern mit, die Begünstigungsfrist des § 10e EStG laufe 1995 aus, so dass den Klägern der Abzugsbetrag von 15 000 DM und die Kinderermäßigungen nach § 34f EStG für das Streitjahr letztmalig gewährt werden könnten. Es werde um Einreichung der Erklärung FW und die Abgabe der Erklärung gebeten, dass die Kläger mit der Erledigung des Rechtsstreits in der genannten Weise einverstanden seien.

Die Kläger werteten das Schreiben als "Anerkenntnis" hinsichtlich der Steuervergünstigung, das sie auch auf die damals im Klageverfahren streitigen Jahre 1992 bis 1994 bezogen. Unter Übersendung der Anlage FW nahmen sie das "Anerkenntnis" an. Daraufhin stellte der Sachbearbeiter klar, seine Ausführungen beträfen nur das Jahr 1995. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Sachbearbeiter hatte keinen Erfolg.

Nachdem bis dahin keine Einspruchsentscheidung ergangen war, erhoben die Kläger im Dezember 1997 Untätigkeitsklage, mit der sie vortrugen, die Steuervergünstigung nach § 10e EStG stehe ihnen für das Haus in A als Erstobjekt zu, weil die Eigentumswohnungen bei der Beurteilung des Objektverbrauchs gemäß § 15 Abs. 5 BerlinFG außer Betracht bleiben müssten. Jedenfalls müsse sich das FA an einer tatsächlichen Verständigung über die Gewährung der Vergünstigung festhalten lassen. Außerdem machten die Kläger geltend: Für PKW-Fahrten mit ihrer behinderten Tochter (Grad der Behinderung 90 v.H., Merkzeichen "H") in einem Umfang von 15 000 km seien außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 7 800 DM zu berücksichtigen. Für Richterdienstkleidung seien Werbungskosten in Höhe von 800 DM anstatt pauschal anerkannter 200 DM anzusetzen. Der Bescheid habe nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen dürfen. Außerdem sei der Bescheid im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Tarifermäßigung nach § 32c EStG (Beschluss vom 24. Februar 1999 X R 171/96, BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450) für vorläufig zu erklären.

Das zunächst ausgesetzte Klageverfahren wurde nach Ergehen der ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 1999 wieder aufgenommen; die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 562 abgedruckten Entscheidung im Wesentlichen aus: Die Steuervergünstigung nach § 10e EStG könne nicht gewährt werden, weil Objektverbrauch eingetreten sei. Die Durchbrechung der Objektbeschränkung nach § 15 Abs. 5 BerlinFG greife nur bei zuvor bereits eingetretenem Objektverbrauch. Das FA sei nicht an die Erklärung des damaligen Sachbearbeiters zur Gewährung der Steuervergünstigung gebunden. Fahrtkosten könnten mangels Glaubhaftmachung nicht in einer die zumutbare Belastung übersteigenden Höhe als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Neben den bereits anerkannten Anschaffungskosten der Richterrobe sowie weiterer anerkannter 200 DM für Reinigung seien keine weiteren Werbungskosten für Dienstbekleidung anzuerkennen. Der Nachprüfungsvorbehalt sei nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für einen Vorläufigkeitsvermerk wegen eines Musterverfahrens seien nicht erfüllt.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 7b Abs. 5 und 10e Abs. 4 EStG i.V.m. § 15 Abs. 5 BerlinFG, berufen sich auf die Grundsätze von Treu und Glauben und machen Verfahrensfehler geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

1. Die Kläger können im Streitjahr für das Einfamilienhaus in A keine Förderung nach § 10e EStG in Anspruch nehmen.

a) Nach § 10e Abs. 4 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nach Abs. 1 und 2 nur für ein Objekt in Anspruch nehmen. Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, können die Förderung für zwei Objekte erhalten (§ 10e Abs. 4 Satz 2 EStG). Den Abzugsbeträgen i.S. des § 10e Abs. 1 und 2 EStG stehen die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG und nach § 15 Abs. 1 bis 4 BerlinFG gleich (§ 10e Abs. 4 Satz 3 EStG).

b) Vorliegend hat jeder der Kläger in der Vergangenheit bereits einmal erhöhte Absetzungen nach § 15 Abs. 1 bis 4 BerlinFG für jeweils eine Eigentumswohnung in Anspruch genommen. Es ist danach Objektverbrauch eingetreten. Die Kläger können die Förderung des § 10e EStG nicht für ein weiteres eigenständiges Objekt erhalten.

c) Aus § 15 Abs. 5 BerlinFG ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift findet § 7b Abs. 5 EStG (mit seinen Regelungen zur Objektbegrenzung) keine Anwendung auf in Berlin (West) belegene und vom Steuerpflichtigen angeschaffte oder hergestellte Objekte, wenn der Steuerpflichtige oder im Fall des § 26 Abs. 1 EStG dessen Ehegatte im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Tätigkeit in Berlin (West) zugezogen ist und die Aufenthaltsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG erfüllt. Dies gilt nur für Veranlagungszeiträume, in denen der Steuerpflichtige oder sein Ehegatte das Objekt selbst bewohnt (§ 15 Abs. 5 Satz 3 BerlinFG). § 7b Abs. 5 EStG enthielt eine Objektbeschränkung, die derjenigen in § 10e Abs. 4 EStG im Wesentlichen entspricht.

Folge der Regelung in § 15 Abs. 5 BerlinFG war, dass Steuerpflichtige, für die nach § 7b Abs. 5 EStG bzw. § 15 Abs. 1 bis 4 BerlinFG bereits Objektverbrauch eingetreten war, gleichwohl erneut Sonderabschreibungen nach § 15 BerlinFG für die Anschaffung oder Herstellung eigengenutzter Ein- oder Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen erhalten konnten, wenn sie berufsbedingt (ggf. erneut) in Berlin zuzogen. Die zusätzliche Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigung stellte einen Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit in Berlin dar.

Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Regelung aber nicht zur Folge, dass Objekte, für die abgesehen vom Objektverbrauch nach § 7b Abs. 5 EStG alle Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 BerlinFG vorlagen, nicht als Objekte i.S. des § 7b EStG oder § 10e Abs. 4 EStG gelten. Vielmehr ergibt sich aus dem klaren Wortlaut von § 7b Abs. 5 Satz 3 EStG und § 10e Abs. 4 Satz 3 EStG, dass alle Abschreibungen für Objekte i.S. des § 15 Abs. 1 bis 4 BerlinFG zum Objektverbrauch nach den genannten Vorschriften des EStG führen. § 15 Abs. 5 BerlinFG findet in diesem Zusammenhang keine Erwähnung. Ob dessen Voraussetzungen bei einer früheren Inanspruchnahme der Abschreibung nach § 15 Abs. 1 bis 5 BerlinFG vorgelegen haben, ist mithin für den Eintritt des Objektverbrauchs ohne Bedeutung.

Diese Rechtsfolge macht § 15 Abs. 5 BerlinFG nicht als besondere Förderung des Umzugs nach Berlin wertlos. Denn der Anreiz zum Umzug durch erneute Möglichkeit zur Ausnutzung der Sonderabschreibung wird erreicht. Lediglich der von den Klägern vermutete weitergehende Anreiz, auch nach Rückkehr ins Bundesgebiet weitere Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen zu können, wird von der Regelung nicht umfasst. Mit diesem Regelungsgehalt verstößt die Vorschrift auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Denn Sachgesichtspunkt für die Begünstigung war der Zuzug in eine eigengenutzte und neu angeschaffte oder hergestellte Wohnung in Berlin. Dieser Zuzug sollte unabhängig von früheren Inanspruchnahmen erhöhter Absetzungen steuerlich begünstigt werden. Bei einer Rückkehr ins Bundesgebiet entsprach es aber dem Gleichheitssatz, für diese Steuerpflichtigen wie für alle anderen im Bundesgebiet Ansässigen Objektverbrauch bei Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung (auch) nach § 15 Abs. 1 bis 4 BerlinFG anzunehmen.

d) Ein Abzugsbetrag nach § 10e EStG kommt im Streitjahr auch nicht unter dem Aspekt des Folgeobjekts in Betracht. Unter den Voraussetzungen des § 10e Abs. 4 Satz 4 ff. EStG kann die Förderung auch für ein Folgeobjekt in Anspruch genommen werden, wenn die für ein Erstobjekt gewährte Förderung infolge Aufgabe der Eigennutzung nicht bis zum Ablauf des Abzugszeitraums ausgeschöpft werden kann. Sieht man die von der Klägerin 1985 erworbene Eigentumswohnung in Berlin, Kstraße, als Erstobjekt an, endete der Abzugszeitraum für das Haus in A als Folgeobjekt jedenfalls vor dem Streitjahr 1995.

2. Die Kläger können die Gewährung des Abzugsbetrags nach § 10e EStG und der Kinderermäßigung nach § 34f EStG nicht aufgrund des Schreibens des FA vom 15. Juli 1997 verlangen.

a) Das vom Sachbearbeiter verfasste Schreiben stellt keine das FA bindende Zusage dar. Unabhängig davon, welchen Rechtscharakter eine Zusage hat, die nicht im Anschluss an eine Außenprüfung und damit unter den Voraussetzungen des § 204 der Abgabenordnung (AO 1977) abgegeben wird, betrifft jede Form der Zusage ausschließlich die steuerrechtliche Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte.

b) Eine Bindungswirkung für das FA ist nicht nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zu einer tatsächlichen Verständigung eingetreten.

Der BFH hat die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1984 VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354; vom 5. Oktober 1990 III R 19/88, BFHE 162, 211, BStBl II 1991, 45; vom 6. Februar 1991 I R 13/86, BFHE 164, 168, BStBl II 1991, 673, und vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625). Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S. des § 88 AO 1977 einvernehmlich festzulegen. Vergleiche über Steueransprüche sind demgegenüber wegen der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich.

Vorliegend war die Frage streitig, ob für das Objekt in A eine Steuervergünstigung nach § 10e EStG in Anspruch genommen werden konnte. Die Klärung der tatsächlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des § 10e EStG für dieses Objekt war nicht der Gegenstand des Schreibens vom 15. Juli 1997. Ihr Vorliegen wurde vielmehr vorausgesetzt, wenn das FA mitteilte, die Steuervergünstigung könne letztmals für das Streitjahr 1995 beansprucht werden. Es hätte diesbezüglich auch keinen Anlass für eine tatsächliche Verständigung gegeben, denn die betreffenden Tatsachen waren leicht und eindeutig feststellbar. Selbst wenn formal die Beantwortung der Anfrage durch Schreiben der Kläger vom 6. August 1997 und vom 2. September 1997 zu einer Einigung geführt hätte, beträfe diese nicht Tatsachen, sondern eine Rechtsfrage, nämlich die Frage, ob die Objekte in Berlin zum Objektverbrauch nach § 10e Abs. 4 EStG geführt haben. Eine derartige Vereinbarung kann nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zur tatsächlichen Verständigung aber keine Bindungswirkung erzeugen.

c) Das FA ist nicht etwa nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG im Streitjahr zu gewähren. Der auch im Steuerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben gebietet, dass jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich nicht zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt, auf das der andere schutzwürdig vertraut und aufgrund dessen er unwiderrufbar disponiert hat (BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, inwieweit durch Erklärungen von Sachbearbeitern des FA ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden kann, auf den sich ein Steuerpflichtiger berufen darf. Es fehlt nämlich an Dispositionen der Kläger, die sie im Vertrauen auf die Äußerung des Sachbearbeiters gemacht haben. Die Annahme des Vorschlags ist keine solche Disposition. Sonstige Dispositionen werden von den Klägern nicht geltend gemacht.

3. Außergewöhnliche Belastungen für PKW-Fahrten der Kläger mit ihrem behinderten Kind sind nicht mit einem über die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG hinausgehenden Betrag anzuerkennen. Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dem Grunde nach entsprechende Aufwendungen entstanden sind. Das FA ist auch bereit, Kosten für Fahrten von insgesamt 3 000 km anzuerkennen. Daraus errechnet sich aber kein Betrag, der die zumutbare Belastung übersteigt, so dass sich eine Steuerminderung insoweit nicht ergibt.

Dass über 3 000 km hinausgehende Fahrten mit dem Kind durchgeführt worden sind, hat das FG nicht als glaubhaft gemacht angesehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden; der BFH ist an die Feststellung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die diesbezügliche Verfahrensrüge der Kläger ist nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Denn es wird nicht vorgetragen, welchen Beweis das FG hätte erheben sollen, welches Ergebnis das Beweismittel voraussichtlich erbracht hätte und warum nicht spätestens in der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden ist.

4. Keinen Erfolg haben die Kläger auch mit ihrem Vorbringen zu weiteren Werbungskosten für die Reinigung der Richterdienstkleidung. Das FG hat nicht festgestellt, dass höhere Kosten als die anerkannten 200 DM im Streitjahr entstanden sind. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge haben die Kläger dagegen nicht erhoben.

5. Der Vorbehalt der Nachprüfung des angefochtenen Bescheids ist nicht aufzuheben. Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 können Steuern unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist. Die Anordnung des Vorbehalts steht danach im Ermessen des FA, solange noch keine abschließende Prüfung stattgefunden hat. Mit der Verfügung der Nebenbestimmung bringt das FA in der Regel zugleich zum Ausdruck, dass noch keine abschließende Prüfung stattgefunden hat. Eine abschließende Prüfung i.S. des § 164 Abs. 1 AO 1977 enthält auch das Einspruchsverfahren nicht (Senatsurteil vom 12. Juni 1980 IV R 23/79, BFHE 130, 370, BStBl II 1980, 527).

Im Streitfall hat weder das FG festgestellt, dass eine abschließende Prüfung der angefochtenen Veranlagung vor Ergehen des Urteils stattgefunden hat, noch ergeben sich aus den Akten Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Der Nachprüfungsvorbehalt ist danach nicht zu beanstanden.

6. Die Kläger können nicht beanspruchen, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 in Bezug auf die Anwendung des § 32c EStG für vorläufig erklärt wird.

Keiner der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nur für Bezieher dieser Einkünfte sieht § 32c EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung eine Tarifermäßigung vor. Wie der Senat mit Urteil vom 4. November 1999 IV R 40/99 (BFHE 190, 408, BStBl II 2000, 186) entschieden hat, erscheint es schlechthin ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber nach einer die Tarifermäßigung für verfassungswidrig erklärenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlage des BFH in BFHE 188, 69, BStBl II 1999, 450 die Steuerpflichtigen in eine Neuregelung des § 32c EStG einbeziehen würde, die, wie u.a. auch der Kläger, Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogen haben. Nichts anderes gilt für die Bezieher anderer nichtgewerblicher Einkünfte. Selbst wenn als weit entfernte Möglichkeit einer verfassungskonformen Neuregelung auch eine allgemeine Senkung des Spitzensteuersatzes in Betracht kommen sollte, ist dies nur für die Zukunft, nicht aber für das Streitjahr 1995 in Betracht zu ziehen.

Dementsprechend ist im Streitfall nicht mit Rücksicht auf § 32c EStG ungewiss, ob die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind. Die Voraussetzungen für einen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 sind folglich nicht erfüllt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 613936

BFH/NV 2001, 1491

BStBl II 2001, 714

BFHE 196, 87

BFHE 2002, 87

BB 2001, 1941

DB 2001, 1971

DStRE 2001, 1222

DStZ 2001, 783

HFR 2001, 1075

StE 2001, 554

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