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BFH Urteil vom 26.10.1962 - II 68/59 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Treuhänder für den Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist wegen § 11 Ziff. 2 und 3 StAnpG nicht Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft.

 

Normenkette

StAnpG § 11 Ziff. 2; StAnpG § 11 Ziff. 3; KVStG § 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Treuhänder oder der Treugeber von Geschäftsanteilen im Sinne des Gesellschaftsteuerrechts als Gesellschafter einer GmbH anzusehen ist.

Die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH (Bfin.) waren der Kaufmann A. und der Kaufmann B. Sie übten sowohl ihre Gesellschafter- als auch ihre Geschäftsführertätigkeit im Innenverhältnis seit Gründung der Bfin. als Treuhänder der X.-Werke GmbH, der Muttergesellschaft der Bfin., aus.

Die Bfin. hat einen Bankkredit zur Mitfinanzierung eines zu errichtenden Erweiterungsbaues in Anlehnung an das bestehende Betriebsgebäude erhalten. Für diesen Kredit hat sich der Kaufmann B verbürgt. B. erhielt von der Muttergesellschaft zu seiner Sicherung eine Rückbürgschaft. Das Finanzamt zog die Bfin. wegen dieses Vorgangs zur Gesellschaftsteuer heran. Die Sprungberufung, zu der der Vorsteher des Finanzamts rechtzeitig seine Einwilligung erteilt hat, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht, das die Vorschrift des § 3 KVStG entgegen der Ansicht der Bfin. für verfassungsgemäß hielt, bejahte unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats den kapitalersetzenden Charakter des Darlehens, weil es für Investitionszwecke verwendet und nicht nur kurzfristig gegeben worden sei. Es ging im übrigen davon aus, daß der Kredit durch die Bürgschaft eines Gesellschafters gesichert sei, wobei es dahingestellt sein ließ, ob der Kaufmann B. oder die Muttergesellschaft als bürgender Gesellschafter anzusehen sei.

Mit der Rb. begehrt die Bfin., von der Gesellschaftsteuer freigestellt zu werden. Sie hält die Vorschrift des § 3 KVStG für verfassungswidrig und macht unter anderem geltend, daß der Kaufmann B., der die Bürgschaft geleistet habe, nur Treuhänder und daher nicht Gesellschafter im wirtschaftlichen Sinne sei; denn die Zurechnungsvorschriften des § 11 Ziff. 2 und 3 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - seien auch im Kapitalverkehrsteuerrecht anzuwenden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., deren Entscheidung mit Rücksicht auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängig gewesene Normenkontrollverfahren 2 BvL 1/59, das durch Beschluß vom 10. Oktober 1961 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 13 S. 153, BStBl 1961 I S. 716) abgeschlossen worden ist, zurückgestellt war, ist begründet.

Nach § 3 Abs. 1 KVStG 1934 unterliegt der Gesellschaftsteuer (auch) die Gewährung von Darlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter, wenn die Darlehnsgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt. Leistet ein Gesellschafter für das Darlehen eines Dritten Sicherheit, so gilt gemäß § 3 Abs. 2 KVStG 1934 dessen Darlehen als Darlehen eines Gesellschafters.

Eine Voraussetzung der Heranziehung zur Steuer nach § 3 KVStG 1934 ist somit im Streitfall, daß ein Gesellschafter sich für das Darlehen der Bank verbürgt hat.

übt der eingetragene Gesellschafter, wie im Streitfall, seine Rechte nur als Treuhänder eines Mitgesellschafters aus, so ist zunächst darüber zu befinden, wer gesellschaftsteuerrechtlich als Gesellschafter anzusehen ist, der Treuhänder oder der Treugeber. Im Außenverhältnis ist, was nicht bestritten werden kann, gesellschaftsrechtlich allein der Treuhänder verfügungsberechtigt; er stimmt auch in der Gesellschafterversammlung im eigenen Namen ab. Ein derartiges Treuhandverhältnis hat aber schon zivilrechtlich, obwohl es den Treuhänder dem Treugeber gegenüber nur schuldrechtlich bindet, die Wirkung daß der Treugeber als der eigentliche Berechtigte anzusehen ist, soweit es wenigstens die berechtigten Belange der Gesellschaft, der übrigen Gesellschafter oder sonstiger Dritter erfordern (Urteil des Reichsgerichts II 102/38 vom 23. Dezember 1938, Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 159 S. 272, 281/282). Für das Steuerrecht bestimmt darüber hinausgehend § 11 Ziff. 3 StAnpG, daß für die Zurechnung bei der Besteuerung, soweit nichts anderes bestimmt ist, Wirtschaftsgüter, die durch einen Treuhänder zu treuen Händen für einen Treugeber erworben worden sind, dem Treugeber zugerechnet werden. Das Gesellschaftsteuerrecht bezeichnet zwar in § 6 Abs. 2 KVStG 1934 die Personen, die als Gesellschafter im Sinne des Gesetzes gelten. Daß diese Aufzählung nicht vollständig ist, folgt schon aus den §§ 3 Abs. 2 und 4 KVStG 1934. Da das KVStG keine besondere Regelung für die Behandlung von Treuhandverhältnissen getroffen hat, gilt somit als weitere Ausnahme von der im § 6 Abs. 2 KVStG 1934 getroffenen Regelung der im StAnpG verankerte allgemeine Grundsatz, wonach die für einen Treugeber erworbenen Wirtschaftsgüter, worunter auch Geschäftsanteile fallen, diesem zuzurechnen sind (so auch Veiel, Kapitalverkehrsteuergesetz, S. 40; Egly, Gesellschaftsteuer-Kommentar, Abschn. 41 S. 96 zweiter Absatz; Kinnebrock, Kapitalverkehrsteuergesetz, 3. Aufl., § 2 Anm. I, 1; vgl. auch die Begründung des StAnpG zu § 11, RStBl 1934 S. 1398, 1405, 1406, wonach unter den beispielsweise aufgezählten Sondervorschriften zwar die §§ 1 und 4 GrEStG, nicht aber § 6 des am gleichen Tage wie das StAnpG erlassenen KVStG 1934 erwähnt werden; anderer Ansicht: Hartmann-Kluckhohn, Kapitalverkehrsteuer V, Abschn. A). Der Reichsfinanzhof hat diese Auffassung für den Treugeber stets vertreten. Soweit er für den Treuhänder in der Entscheidung II A 403/25 vom 27. Oktober 1925 (Mrozek-Kartei, Kapitalverkehrsteuergesetz, § 6 zu c, Rechtsspruch 24) von einer anderen Meinung ausgegangen ist, ist sie durch die später getroffene Regelung in § 11 Ziff. 3 StAnpG überholt. Auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 269/52 U vom 24. April 1953 (BStBl 1953 III S. 173, Slg. Bd. 57 S. 445) steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen, denn sie bezieht sich auf den Sonderfall eines Treuhandverhältnisses zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft, das im Rahmen des Gesellschaftsteuerrechts nicht anerkannt werden kann.

Im Streitfall besitzt der Kaufmann B. auf Grund des notariellen Vertrages vom 25. Januar 1922 die Geschäftsanteile nur als Treuhänder. Er ist somit im gesellschaftsteuerlichen Sinne nicht Gesellschafter der Bfin. Da hiernach für das Darlehen kein Gesellschafter Sicherheit geleistet hat, sind die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Darlehnsgewährung nicht erfüllt; denn mangels einer dem § 11 Ziff. 3 StAnpG entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift kann auch die Rückbürgschaft, die die Treugeberin dem Treuhänder gewährt hat, nicht als Sicherheitsleistung eines Gesellschafters für das Darlehen im Sinne von § 3 Abs. 2 KVStG 1934 gelten.

Nach alledem waren die Vorentscheidung und der Steuerbescheid aufzuheben und die Bfin. von der Gesellschaftsteuer freizustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410629

BStBl III 1963, 22

BFHE 1963, 59

BFHE 76, 59

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