Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 24.10.1979 - VIII R 49/77

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Versicherungsvertreter im Rahmen der Beendigung seines Vertragsverhältnisses wegen der von der Versicherungsgesellschaft erhobenen Ansprüche eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet und fällt der Grund für die Bildung dieser Rückstellung später auf Grund eines Vergleichs ganz oder teilweise weg, führt dies zu einem nachträglichen Gewinn aus der ehemaligen Tätigkeit.

 

Normenkette

EStG §§ 4, 15

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als selbständiger Hauptvertreter mit Untervertretern für die A-Versicherungs AG (A) tätig gewesen. Er hatte für die von seinen Untervertretern abgeschlossenen Verträge eine Superprovision bezogen.

Ende Februar 1963 hatte die A die Geschäftsbeziehungen zu dem Kläger abgebrochen und ihm angedroht, 13 000 DM einzuklagen. Sie hatte ihre Forderung mit der Stornierung zahlreicher Verträge infolge unkorrekten Verhaltens von Untervertretern begründet. Wegen der drohenden Inanspruchnahme hatte der Kläger in seinen Bilanzen ab 31. Dezember 1963 entsprechende Rückstellungen gebildet, die bis zum 31. Dezember 1965 auf 138 772,58 DM aufgelaufen waren. Als Forderung gegenüber den Untervertretern hatte der Kläger ab dem 31. Dezember 1969 unverändert 51 909,60 DM aktiviert. Die Rückstellungen hatten bei ihm zu Gewinnminderungen, Verlusten, Verlustausgleichen und Verlustabzügen geführt. Spätestens ab dem Jahre 1965 war der Kläger nicht mehr als Versicherungsvertreter tätig. Er führte die beiden Bilanzposten in den Bilanzen seines 1965 eröffneten Einzelhandelsbetriebs mit Zäunen und ab dem Jahr 1967 in denen seines heute noch bestehenden Fuhrgeschäfts weiter.

Im Jahr 1967 hatte die A Klage erhoben und beantragt, den Kläger zur Zahlung von 148 171,21 DM zuzüglich 8 v. H. Zinsen seit dem 9. Januar 1967 zu verurteilen. Am 11. Oktober 1971 schlossen die A und der Kläger vor dem Landgericht B einen Vergleich. Danach trat der Kläger seine Forderungen gegen die Untervertreter an die A ab, und die Parteien verzichteten auf weitere gegenseitige Ansprüche. Damit war der Rechtsstreit beendet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erhöhte im Veranlagungszeitraum 1971 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach einer Betriebsprüfung wie folgt:

Verbindlichkeit A 138 772,58 DM

Forderung Vertreter 51 909,60 DM

Gewinn 86 862,98 DM

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat ausgeführt:

Der nachträgliche Gewinn ergebe sich aus dem Vermögensvergleich. Es sei nicht entscheidend, daß der Kläger die Bilanzposten nicht in der Bilanz seines Einzelhandelsgeschäfts hätte führen dürfen. Jedenfalls sei keine Handlung des Klägers seit 1965 festzustellen, die als Aufgabe der Versicherungsvertreter-Tätigkeit i. S. des § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter gleichzeitiger Veräußerung und Entnahme des Betriebsvermögens ins Privatvermögen in einem einheitlichen Vorgang angesehen werden könne. Der Zivilprozeß mit der A habe vielmehr zu einer längerfristigen Abwicklung dieses Gewerbezweigs gedient, so daß die Rückstellung als Betriebsvermögen gerechtfertigt gewesen sei. Zum 31. Dezember 1971 hätten die beiden Posten nicht mehr bilanziert werden dürfen, weil sie durch den Vergleich vor dem Landgericht B erloschen seien. Daraus ergebe sich der vom FG errechnete Gewinn, der der Höhe nach nicht streitig sei.

§ 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) sei nicht anwendbar. Eine sachliche Härte liege im Streitfall nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der sinngemäß die Aufhebung der Vorentscheidung und Herabsetzung der Einkommensteuer 1971 beantragt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

1. Soweit der Kläger Verfahrensfehler rügt, sind diese nicht begründet. Dazu bedarf es gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs keiner Ausführungen.

2. Ein Steuerpflichtiger, der seine gewerbliche Tätigkeit einstellt, kann wählen, ob er sein bisheriges Betriebsvermögen veräußern oder in sein Privatvermögen überführen will. Diese Wahl muß er eindeutig und klar zum Ausdruck bringen. Geschieht dies nicht, so ist in der Regel auch nach Einstellung der gewerblichen Tätigkeit das bisherige Betriebsvermögen so lange als Betriebsvermögen anzusehen, wie das rechtlich möglich ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. März 1964 IV 107/63 U, BFHE 79, 476, BStBl III 1964, 406; und vom 25. Juli 1972 VIII R 3/66, BFHE 106, 528, BStBl II 1972, 936).

Hat ein Versicherungsvertreter im Rahmen der Beendigung seines Vertretungsverhältnisses zu einer Versicherungsgesellschaft wegen der von dieser Versicherungsgesellschaft erhobenen Ansprüche eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet und fällt der Grund für die Bildung der Rückstellung später auf Grund eines Vergleichs ganz oder teilweise weg, führt dies zu einem nachträglichen Gewinn aus der ehemaligen Tätigkeit.

Zweifelhaft ist allerdings, ob der Gewinn nach Aufgabe des Betriebs durch Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln ist, wie das FG meint. Der erkennende Senat hat die Frage bejaht (BFHE 106, 528, BStBl II 1972, 936), der I. Senat des BFH hat sie verneint (Urteil vom 22. Februar 1978 I R 137/74, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430). Der Streitfall zwingt nicht zu abschließender Prüfung. Bei Ermittlung des Gewinns durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) ergibt sich der Gewinn von 86 862,98 DM dadurch, daß das Betriebsvermögen des Klägers zum 31. Dezember 1971 durch den Wegfall der Rückstellung um 138 772,58 DM höher und durch den Wegfall der Forderung um 51 909,60 DM niedriger war als am 31. Dezember 1970. Ist dagegen der Gewinn nach dem BFH-Urteil in BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430, "in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 4 Abs. 3 EStG" zu ermitteln, ist es - ähnlich wie beim Übergang vom Bestandsvergleich zur Einnahmeüberschußrechnung (vgl. Einkommensteuer-Richtlinien Abschn. 19) - zur vollständigen Erfassung des gesamten, während des Bestehens des Gewerbebetriebs erzielten Gewinns (Totalgewinn) erforderlich, den Wegfall bisher in der Bilanz ausgewiesener Verbindlichkeiten oder Rückstellungen als Entstehung oder Erhöhung eines nachträglichen Gewinns und den Wegfall bisher in der Bilanz ausgewiesener Forderungen als Minderung eines nachträglichen Gewinns oder Entstehung eines nachträglichen Verlustes zu behandeln.

Im vorliegenden Fall kann dabei dahingestellt bleiben, wann im einzelnen die Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvertreter geendet und die davon zu unterscheidenden gewerblichen Tätigkeiten als Einzelhändler und später als Inhaber eines Fuhrgeschäfts begonnen haben. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist jedenfalls vor dem Veranlagungszeitraum 1971 die Rückstellung für die Verbindlichkeiten gegenüber der Versicherungsgesellschaft weder erfolgswirksam aufgelöst noch durch Zahlung oder ein anderes Ereignis weggefallen.

Die Auffassung des FG, daß die Verbindlichkeiten gegenüber der Versicherungsgesellschaft und die Forderungen aus der Vertretung zum 31. Dezember 1971 durch den Vergleich erloschen seien und ihr Wegfall infolgedessen in diesem Veranlagungszeitraum erfolgswirksam zu behandeln gewesen sei, erweist sich somit jedenfalls im Ergebnis als richtig.

Der Wegfall der Rückstellungen und der Forderungen wirkt auf den Gewinn früherer Jahre nicht zurück, ein Fall des § 5 StAnpG liegt nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73416

BStBl II 1980, 186

BFHE 1980, 334

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 14b Verspätungszuschlag
    262
  • Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 109 Verlängerung von Fristen / 5.1 Allgemeines
    170
  • Grunderwerbsteuer bei Veränderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) (ErbStB 2022, Heft 8, S. 247)
    129
  • Stenger/Loose, Bewertungsrecht - Kommentar zum BewG, Erb ... / VI. Umrechnungsfaktoren zur Ermittlung der Brutto-Grundfläche bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken
    125
  • Bedarfsbewertung: Erklärung zur Feststellung des Bedarfs ... / 1 Erläuterungen zum Formular
    119
  • Grundsteuer für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ... / 5.1 Landwirtschaftliche Nutzung – § 237 Abs. 2 BewG
    113
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 28 Allgemeines / 3.5 Verlegung einer Betriebsstätte von einer in eine andere Gemeinde (§ 28 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GewStG)
    111
  • Weilbach, GrEStG § 1 Erwerbsvorgänge / 3 Tauschvertrag (Abs. 5)
    111
  • Kapitalgesellschaft: Liquidation / 3.3.4 Auswirkungen der Auskehrung des Vermögens
    109
  • Änderungsvorschriften / 5 Gegenrechnung materieller Fehler
    105
  • Praxisveräußerung, Praxisaufgabe und Praxisübertragung: ... / 2.1 Tod eines Freiberuflers
    105
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 29 Zerlegungsmaßstab / 3.2 Zerlegung nach Arbeitslöhnen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG)
    95
  • Erbschaftsteuererklärung: Anlage Erwerber vom 1.1.2009 b ... / 1.6 Erwerb durch Erbanfall (Zeilen 22 bis 31)
    93
  • Frotscher/Drüen, GewStG § 7 Gewerbeertrag / 4.2 Veräußerungs- und Aufgabegewinne bei Einzelunternehmen
    93
  • Grundstücksteile von untergeordneter Bedeutung (§ 8 EStDV) (estb 2022, Heft 12, S. 467)
    93
  • Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 173 Aufhebung oder Änderung von ... / 3.2.2 Maßstab des groben Verschuldens
    92
  • Frotscher/Drüen, UmwStG § 22 Besteuerung des Anteilseigners
    85
  • Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG § 13b Begünstigtes Vermögen
    73
  • Pflegekosten / 1.3 Unterbringung in einem Heim
    71
  • Schwarz/Pahlke/Keß, AO Vorbemerkungen zu §§ 172–177 / 3.1 Formelle Bestandskraft als Unanfechtbarkeit
    71
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Steuer Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Steuern
Garantierückstellung: Praxisfall: Bildung einer Rückstellung
Elevated view of man's hand turning combination lock of safe
Bild: Haufe Online Redaktion

Rückstellungen sind für ungewisse vertragliche oder gesetzliche Gewährleistungsansprüche zu passivieren, deren Verursachung durch Lieferung(en) im laufenden Geschäftsjahr liegt. Für Garantie- bzw. Gewährleistungsrückstellungen gelten die allgemeinen Grundsätze zur Zulässigkeit von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.


BFH: Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen
Stapel Euro Münzen auf Chart
Bild: mauritius images / Wolfgang Filser

Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen.


Haufe Shop: Gemeinnützigkeit im Ertragsteuerrecht
Gemeinnützigkeit im Ertragsteuerrecht
Bild: Haufe Shop

Der neue Kommentar beleuchtet die gemeinnützigkeitsrechtlichen und ertragsteuerlichen Aspekte von Non-Profit-Organisationen. Damit können Sie sicher und souverän mit den praktischen Fragen zum Gemeinnützigkeitsrecht umgehen und Steuerfallen erkennen und vermeiden.


BFH VIII R 1/69
BFH VIII R 1/69

  Leitsatz (amtlich) 1. Ein Schadenersatzanspruch ist erst aktivierungspflichtig, wenn er am Bilanztag hinreichend konkretisiert ist. 2. Die Grundsätze über die Berücksichtigung von Umständen, die nach dem Bilanztag eingetreten sind, für die Bilanzierung ...

4 Wochen testen


Newsletter Steuern
Bild: Adobe
Newsletter Steuern - BFH-Urteilsservice

Aktuelle Informationen zur neuesten BFH-Rechtsprechung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Kurzkommentierungen
  • Praxishinweise
  • wöchentlich
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Steuern Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Haufe Onlinetraining
Smartsteuer
Schäffer-Poeschel
Lexware
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Steuern Shop
Steuern Software
Komplettlösungen Steuern
Kanzleimanagement Lösungen
Steuern im Unternehmen
Lösungen für die Steuererklärung
Steuer-Kommentare
Alle Steuern Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren