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BFH Urteil vom 21.04.1971 - I R 76/70

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Leitsatz (amtlich)

Hat eine GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin einer GmbH & Co. KG ist, ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer und Kommanditisten der KG eine Pensionszusage erteilt, so ist allein im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG zu entscheiden, ob eine in der Bilanz der GmbH auf Grund der Pensionszusage ausgewiesene Pensionsrückstellung zulässig ist.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Nr. 2; AO §§ 215, 218

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) ist eine Transportgesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter H. mit 51 % und seine minderjährige Tochter mit 49 % Eigentümer der Gesellschaftsanteile sind. Alleiniger Geschäftsführer der Steuerpflichtigen ist der Gesellschafter H. Die Steuerpflichtige ist Komplementärin der H.-KG, deren Kommanditist H. ist. Die Geschäftsführung der H.-KG liegt in Händen der Steuerpflichtigen.

Am 2. Mai 1958 schloß die Steuerpflichtige mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer H. einen Pensionsvertrag, durch den sie sich verpflichtete, im Falle des Todes des Herrn H. an dessen Witwe eine Rente zu zahlen.

Die in der Bilanz auf den 31. Dezember 1958 im Hinblick auf diesen Vertrag ausgewiesene Pensionsrückstellung in Höhe von 16 484 DM erkannte der Revisionsbeklagte (FA) nicht an.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Auf die Klage hin hob das FG im ersten Rechtsgang den Körperschaftsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf, da die Pensionsrückstellung zulässig sei.

Gegen dieses Urteil legte das FA Revision ein. Der Senat hob durch (nicht veröffentlichtes) Urteil I R 8/67 vom 24. September 1969 die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, weil das FG außer acht gelassen habe, daß die Steuerpflichtige in einer GmbH & Co. KG geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafterin sei.

Das FG hat nach erneuter Verhandlung die Klage für unbegründet erklärt und die Körperschaftsteuer auf 50 947 DM festgesetzt. Zur Begründung hat das FG ausgeführt, nach dem Urteil des BFH I R 8/67 vom 24. September 1969 könne die streitige Pensionsrückstellung von 16 484 DM nicht im gegenwärtigen Verfahren, sondern nur im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der H-KG geltend gemacht werden. Das FG hat demnach bei der Berechnung der Körperschaftsteuer der Steuerpflichtigen für das Streitjahr 1958 in der Gewinn- und Verlustrechnung der Steuerpflichtigen, auf der die Berechnung beruht, den festgestellten Gewinnanteil der Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an der H-KG in Höhe von 118 759,34 DM unverändert übernommen und die Pensionsrückstellung von 16 484 DM nicht als Aufwendung anerkannt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen.

Die Steuerpflichtige rügt Verletzung der §§ 126 Abs. 5 FGO, 218 Abs. 2 AO, 215 Abs. 1 AO sowie der Grundsätze von Treu und Glauben. Im einzelnen führt sie aus:

Der BFH habe im Urteil I R 8/67 die Hinzurechnung der Pensionsrückstellung von 16 484 DM im Veranlagungsverfahren der Steuerpflichtigen davon abhängig gemacht, daß dieser Betrag bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der H-KG als Unternehmerlohn dem Kommanditisten H. zugerechnet worden sei. Das sei nicht geschehen. Daher habe das FG entgegen den Weisungen des BFH den Betrag von 16 484 DM dem Einkommen der Steuerpflichtigen zugerechnet.

Im Streitfall seien alle Beteiligten von der bis dahin bestehenden Rechtsauffassung ausgegangen, daß zivilrechtliche Ansprüche eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH für seine Geschäftsführertätigkeit, auch wenn er gleichzeitig Kommanditist sei, nicht bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG geltend zu machen seien. Diese Rechtslage sei inzwischen durch die Rechtsprechung geändert worden. Wenn nun - nach Rechtskraft des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids - das Richterrecht das gesetzte Recht ändere, so könne der Steuerpflichtigen nicht ein Betrag von 16 484 DM zugerechnet werden, den sie bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gar nicht mehr geltend machen könnte (BFH-Urteile VI 202/60 U vom 25. August 1961, BFH 73, 619, BStBl III 1961, 491; VI R 72/67 vom 18. August 1967, BFH 90, 67, BStBl III 1967, 760).

Abschließend bemerkt die Steuerpflichtige: Die Folgewirkung des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids 1958 der H-KG sei positiv und negativ. Positiv sei festgestellt worden, daß aus der KG auf die Steuerpflichtige ein Gewinnanteil von 118 759,34 DM entfalle. Negativ sei festgestellt worden, daß die Pensionsrückstellung von 16 484 DM im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren von keinem der Beteiligten geltend gemacht worden sei, daß es sich auch um keine Sonderbetriebsausgabe der KG handele. Infolgedessen sei im gegenwärtigen Verfahren lediglich zu prüfen, ob der Betrag von 16 484 DM eine Betriebsausgabe darstelle. Das sei der Fall. Die Witwenpension sei Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit des H. bei der Steuerpflichtigen.

Die Steuerpflichtige beantragt, die verbleibende Körperschaftsteuerschuld 1958 auf 42 873 DM festzusetzen und das Urteil des FG aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet. Nach der rechtlichen Beurteilung des Streitstoffes durch das Urteil des Senats I R 8/67, an die der Senat gebunden ist (§ 126 Abs. 5, § 118 Abs. 1 FGO; BFH-Beschluß V B 4/66 vom 18. Januar 1968, BFH 91, 509, BStBl II 1968, 382), darf die Pensionsrückstellung von 16 484 DM, die in der Handelsbilanz der Steuerpflichtigen zum 31. Dezember 1958 ausgewiesen ist, bei der Veranlagung der Steuerpflichtigen zur Körperschaftsteuer nicht als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet werden.

Die rechtlichen Ausführungen des Senats im Urteil I R 8/67 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Da der Kommanditist H. als Geschäftsführer der Steuerpflichtigen für die H-KG tätig werde, beziehe er dafür keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern Unternehmerlohn in Form eines Anteils am Gewinn der H-KG (BFH-Urteile I 221/59 S vom 2. August 1960, BFH 71, 425, BStBl III 1960, 408; IV R 139/67 vom 15. November 1967, BFH 90, 399, BStBl II 1968, 152; IV R 166/67 vom 21. März 1968, BFH 92, 328, BStBl II 1968, 579).

2. Im Streitfall gehe es um die Frage, ob die Steuerpflichtige an H. durch Zusage einer Pension für die Ehefrau verdeckt Gewinn ausgeschüttet habe. Mit dieser Frage sei untrennbar die Höhe der Gewinnanteile der Steuerpflichtigen und des H. aus der H-KG verbunden. Über die Höhe der Gewinnanteile der an der H-KG beteiligten Gesellschafter werde im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der H-KG mit bindender Wirkung für die Einzelveranlagung entschieden (§§ 215, 218 AO; BFH-Urteil I 231, 232/62 U vom 30. September 1964, BFH 81, 151, BStBl III 1965, 54).

3. Da die Pensionsrückstellung von 16 484 DM den Unternehmerlohn des H. (in Form eines Anteils am Gewinn der H-KG) betreffe, könne sie ohne Feststellung im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der H-KG nicht dem Gewinn der Steuerpflichtigen zugerechnet werden.

Das FG hat diese rechtlichen Ausführungen auf den Streitfall nicht richtig angewandt.

Wenn die Pensionszusage mit der Höhe der Gewinnanteile der Steuerpflichtigen und des H. aus der H-KG untrennbar verbunden ist, wenn sie, wie das BFH-Urteil IV R 47/68 vom 22. Januar 1970 (BFH 98, 479, BStBl II 1970, 415) im Anschluß an das BFH-Urteil IV R 62/66 vom 16. Februar 1967 (BFH 87, 531, BStBl III 1967, 222) vollends klargestellt hat, eine Gewinnverteilungsabrede zwischen den Gesellschaftern der H-KG darstellt, dann kann über die Zulässigkeit einer Rückstellung für die durch die Pensionszusage begründete Verpflichtung allein im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der H-KG entschieden werden (§ 215 AO). Dabei ist es ohne Bedeutung, daß nicht die H-KG, sondern die Steuerpflichtige die Pensionszusage erteilt hat und daß die Pensionsrückstellung nicht in der Bilanz der H-KG, sondern in der der Steuerpflichtigen ausgewiesen ist (BFH-Urteil IV R 47/68, a. a. O.).

a) Im Fall der Unzulässigkeit der Pensionsrückstellung von 16 484 DM wäre bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der H-KG der Betrag von 16 484 DM zum Gesamtgewinn der KG und zum Gewinnanteil der Steuerpflichtigen hinzuzurechnen und nicht wieder abzuziehen gewesen. Der Gewinnanteil der Steuerpflichtigen aus der H-KG hätte sich damit - mit bindender Wirkung für die Körperschaftsteuer-Veranlagung der Steuerpflichtigen - um 16 484 DM erhöht. Dieser Betrag dürfte dann bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung nicht noch einmal zum Einkommen der Steuerpflichtigen hinzugerechnet werden (BFH-Urteil IV R 139/67, a. a. O.). Denn die rechtlichen Folgen einer Unzulässigkeit der Pensionsrückstellung wären allein im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der H-KG zu ziehen gewesen. Sie könnten auch nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung - mit Wirkung auf den Körperschaftsteuerbescheid (§ 218 Abs. 2, 4 AO) - gezogen werden, wenn die Voraussetzungen einer Berichtigungsfeststellung vorlägen.

b) Im Fall der Zulässigkeit der Pensionsrückstellung von 16 484 DM wäre der durch die Pensionsrückstellung gebundene Betrag zum Gesamtgewinn der H-KG und zum Gewinnanteil der Steuerpflichtigen hinzuzurechnen, gleichzeitig aber vom Gesamtgewinn der H-KG und vom Gewinnanteil der Steuerpflichtigen wieder abzuziehen gewesen. Im Ergebnis wäre damit der Gesamtgewinn der KG und der Gewinnanteil der Steuerpflichtigen von dem Vorgang unberührt geblieben (vgl. BFH-Urteil IV R 166/67, a. a. O.). Auch der Gewinnanteil des Kommanditisten H. hätte nicht erhöht werden dürfen, da die Zuführung zur Pensionsrückstellung noch keine zugeflossene Vergütung nach § 15 Nr. 2 EStG darstellt (BFH-Urteil IV R 47/68, a. a. O.). Wiederum dürfte bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung der Steuerpflichtigen der Betrag der Pensionsrückstellung nicht zum Einkommen hinzugerechnet werden, da sonst die Abzugsfähigkeit der Rückstellung bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der H-KG rückgängig gemacht würde.

Eine doppelte Begünstigung der Steuerpflichtigen läge in dieser Behandlung nicht. Denn der Betrag von 16 484 DM hätte nur einmal den Gewinn der Steuerpflichtigen gemindert, nämlich bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer. Der Gewinn der H-KG und der Gewinnanteil der Steuerpflichtigen aus der H-KG wären, da die Pensionsrückstellung tatsächlich nicht in der Bilanz der KG, sondern in der Bilanz der GmbH ausgewiesen ist, durch diese Rückstellung nicht vermindert worden und auch im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung im Ergebnis unberührt geblieben.

c) Damit erledigt sich auch die Ansicht des FG, der Betrag der Pensionsrückstellung könne nicht im Einzelveranlagungsverfahren der Steuerpflichtigen, sondern nur im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der H-KG geltend gemacht werden. Einmal hat der Senat diesen Satz in dem Urteil I R 8/67 nicht aufgestellt. Außerdem ist es Sache des zuständigen FA, den ihm unterbreiteten Sachverhalt - hier die Pensionszusage der GmbH und die Pensionsrückstellung in der Bilanz der GmbH - zutreffend zu würdigen, d. h. im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns der H-KG zu entscheiden, ob diese Pensionsrückstellung, die - steuerrechtlich gesehen - auf einer Gewinnverteilungsabrede zwischen den Gesellschaftern der H-KG beruhte, abzugsfähig ist oder nicht. Nach dieser Entscheidung kann die Pensionsrückstellung im Verfahren über die Körperschaftsteuer-Veranlagung der Steuerpflichtigen nicht erneut in Frage gestellt werden.

Die Körperschaftsteuer der Steuerpflichtigen ist daher nach der Berechnung der Steuerpflichtigen im Schriftsatz vom 4. Mai 1970, die auf der Berechnung des angefochtenen Urteils beruht und rechtlich nicht zu beanstanden ist, auf 43 009 DM festzusetzen. Es ist nicht Sache des Gerichts, anzurechnende Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69602

BStBl II 1971, 816

BFHE 1972, 149

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