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BFH Urteil vom 18.12.1970 - III R 87/69

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Leitsatz (amtlich)

§ 24 Nr. 1 BewG i. d. F. vor BewG 1965 ist mit dem GG vereinbar.

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 1; BewG i.d.F. vor Inkrafttreten des BewG 1965 § 24 Nr. 1

Tatbestand

Die Klägerin hat durch notariellen Grundstücksschenkungsvertrag vom 14. Dezember 1965 ein Grundstück von ihrem Ehemann geschenkt erhalten, das dieser im Jahre 1965 von seiner Mutter geerbt hatte. Das FA führte durch Bescheid vom 27. Januar 1966 eine Zurechnungsfortschreibung durch, mit der es den Einheitswert von 270 600 DM des als Geschäftsgrundstück bewerteten Grundstücks zum 1. Januar 1966 der Klägerin zurechnete. Der Bescheid enthielt die Feststellung, daß das Grundstück Betriebsgrundstück sei und ab dem 1. Januar 1966 mit seinem Einheitswert dem Betrieb des Ehemannes der Klägerin zuzurechnen sei. Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen diese Feststellung wandte, blieb erfolglos.

Die Klage wurde vom FG abgewiesen.

Das FG führte im wesentlichen aus: Der sonst im Bewertungsrecht geltende Grundsatz, daß mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht kommen, als sie demselben Eigentümer gehören, sei durch § 24 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG) durchbrochen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien im Streitfall erfüllt. Deshalb müsse das Grundstück, da es unbestritten zu mehr als 50 v. H. dem gewerblichen Betrieb des Ehemannes der Klägerin diene, als Betriebsgrundstück mit seinem Einheitswert dem Betriebsvermögen des Ehemannes der Klägerin zugerechnet werden. Es könne nicht auf Antrag von der Zusammenrechnung abgesehen werden. Das Gericht teile die Auffassung des BFH, daß § 24 Nr. 1 BewG nicht gegen das GG verstoße, weil die Zusammenrechnung bei der Bewertung weder zu einer Werterhöhung noch zu einer Wertminderung führe und die Ehegatten keinen Nachteil gegenüber Nichtverheirateten erlitten. Es könnten allerdings Nachteile für den einen oder anderen Ehegatten bei den abhängigen Einzelsteuern eintreten. Nach der Rechtsprechung des BFH sei die Vorschrift wegen dieser mittelbaren Nachteile nicht verfassungswidrig.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, unter Aufhebung der Vorentscheidung das Grundstück dem Grundvermögen zuzurechnen. Sie rügt unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

§ 24 Nr. 1 BewG enthält eine Ausnahme von dem sonst nach § 2 Abs. 2 BewG geltenden Grundsatz, daß mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheiten insoweit in Betracht kommen, als sie demselben Eigentümer gehören. Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß diese Vorschrift angewendet werden muß, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt sind, daß also nicht auf Antrag von ihrer Anwendung abgesehen werden kann. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile III 153/58 S vom 24. Oktober 1958, BFH 68, 1, BStBl III 1959, 2; III 176/63 vom 18. November 1966, BFH 87, 454, BStBl III 1967, 170). Ebenso stimmen die Ausführungen des FG, daß § 24 Nr. 1 BewG nicht gegen das GG verstößt, mit der ständigen Rechtsprechung des Senats überein. Der Senat hat in dem Urteil III 153/58 S (a. a. O.) darauf hingewiesen, daß § 24 Nr. 1 BewG bei der Feststellung der Einheitswerte für die betreffenden Eheleute zu keiner Benachteiligung führe und daß aus den §§ 24 bis 66 BewG nicht ersehen werden könne, ob und inwieweit sich § 24 Nr. 1 BewG für die Ehegatten, die zusammen zur Vermögensteuer veranlagt werden, bei der Veranlagung zu Einzelsteuern günstig oder nachteilig auswirke. Der Senat hat ausgeführt, daß sich z. B. eine etwa durch die Zurechnung von Wirtschaftsgütern des einen Ehegatten zum Betriebsvermögen des anderen Ehegatten entstehende, möglicherweise verfassungswidrige Mehrbelastung bei der Gewerbesteuer in vielen Fällen durch die Kürzungsvorschrift des GewStG ausgleiche. Er hat deshalb in dem Urteil III 176/63 (a. a. O.) daran festgehalten, daß sich die Frage, ob durch den Ansatz des Einheitswerts bei den einzelnen vom Einheitswert abhängigen Steuern nachteilige, verfassungswidrige Auswirkungen ergeben, nur auf Grund des betreffenden Steuergesetzes prüfen läßt. Der Senat sieht auch im Streitfall keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen. Die Bedenken, die das FG gegen sie erhebt, teilt der Senat nicht. Es ist zwar richtig, daß Einwendungen gegen den Einheitswertbescheid nicht im Rechtsmittelverfahren gegen einen Steuerbescheid, in dem der Einheitswert als Grundlagenbescheid angesetzt ist, geltend gemacht werden können. Macht der Steuerpflichtige aber geltend, daß der Ansatz des Einheitswerts wegen Zurechnung von Wirtschaftsgütern seines Ehegatten sich bei der betreffenden Steuer für ihn in verfassungswidriger Weise nachteilig auswirke, so wendet er sich nicht gegen den Einheitswert als solchen, sondern gegen seinen Ansatz in dem Steuerbescheid. Dieser Ansatz beruht aber auf einer Vorschrift im betreffenden Einzelsteuergesetz. Der Einwand der Verfassungswidrigkeit richtet sich deshalb gegen diese Vorschrift und kann auch noch im Verfahren gegen den Steuerbescheid geltend gemacht werden.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf das Urteil des Senats III R 145/66 vom 31. Oktober 1969 (BFH 97, 561, BStBl II 1970, 197) berufen. Der Senat hat zwar in diesem Urteil entschieden, daß eine Personengesellschaft ihre Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens, das ihr der Ehegatte eines Gesellschafters gegeben hat, bei der Einheitswertfeststellung ihres Betriebsvermögens als Schuld abziehen kann. Er hat die gegenteilige Auffassung des RFH im Urteil III 117/41 vom 2. Oktober 1941 (RStBl 1942, 21) als durch die Entwicklung der Verhältnisse überholt und als mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Ehegattenbesteuerung nicht im Einklag stehend bezeichnet. Der Senat ist zu dieser Auffassung jedoch, wie sich aus der Begründung des Urteils ergibt, deswegen gekommen, weil er die Anwendung des § 24 Nr. 1 BewG auf solche Fälle durch den RFH als überholt und verfassungswidrig ansah, nicht aber die Vorschrift des § 24 Nr. 1 BewG selbst.

Fundstellen

  • Haufe-Index 69389
  • BStBl II 1971, 289
  • BFHE 1971, 271

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