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BFH Urteil vom 15.06.1960 - II 250/58 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verpflichtung des Erwerbers gegenüber einem Dritten, die Straßenbaukosten an diesen zu zahlen, ist Teil der Gegenleistung, wenn der Erwerb des Grundstücks und die Zahlungsverpflichtung in Wechselbeziehung stehen, d. h., wenn der Veräußerer ohne die Zahlungsverpflichtung das Grundstück nicht veräußert hätte und der Erwerber sich nur unter der Voraussetzung des Kaufabschlusses zur Zahlung verpflichtete.

 

Normenkette

GrEStG § 11 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 16. Februar 1952 erwarb der Bf. von der Erbengemeinschaft E. ein in X. belegenes unbebautes Grundstück.

Streitig ist, ob 4.700 DM Straßenbaukosten, über deren Tragung im Kaufvertrag keine Vereinbarung getroffen worden war, zur Gegenleistung zu rechnen sind oder nicht.

über die Straßenbaukosten ermittelte das Finanzamt folgendes: Im Jahre 1951 bemühte sich ein Ministerium um die Beschaffung von Bauland für rund 30 Amtsangehörige. Diese Bauinteressenten, zu denen auch der Bf. gehörte, verhandelten einerseits mit dem Vertreter der Erbengemeinschaft E. wegen der Abgabe eines geeigneten Geländes und andererseits mit der Stadtverwaltung X. wegen der Anerkennung des Geländes als Baugelände. Bei diesen Verhandlungen wurden die Bauinteressenten durch den Architekten A. vertreten. Die Erbengemeinschaft E. war bereit, Gelände zur Verfügung zu stellen. Die Stadt wollte das Gelände jedoch nur dann zur Bebauung freigeben, wenn ihr keine Aufschließungskosten entständen. Insbesondere lehnte sie ab, sich an den Straßenbaukosten zu beteiligen. Unter dem 14. Juni 1951 schrieb deshalb der Architekt A. an die Stadt, daß sich die Bauinteressenten verpflichten würden, vor Beginn der Hausbauten die Straße ausbauen zu lassen oder den Betrag zu hinterlegen. Die Stadt stimmte dem Bauprojekt grundsätzlich zu, wenn ihr keinerlei Kosten entstehen würden.

Am 3. Oktober 1951 / 14. Dezember 1951 machte die Erbengemeinschaft E. dem Architekten A. als Vertreter der Bauinteressenten ein notariell beurkundetes Kaufangebot über den Ankauf der zur Durchführung des Bauvorhabens erforderlichen Gesamtfläche. Die Erbengemeinschaft war danach u. a. verpflichtet, falls das Baugelände durch Wohnstraßen erschlossen würde, bis zu 12 v. H. der verkauften Grundflächen unentgeltlich als Straßenland zur Verfügung zu stellen. Die Wohnsiedlungsgenehmigung zu dem vom Bf. in Aussicht genommenen Kaufvertrag wurde am 15. Dezember 1951 vom zuständen Kreisbauamt unter folgenden Auflagen erteilt:

"1. .....

.....

..... Die übergabe der Straße einschließlich der Böschung an die Stadt X. hat kostenfrei zu erfolgen.....

Einwandfreie Klärung der Entwässerung vor Beginn des Bauvorhabens durch den Aufschließenden. Die Verwertung der Schmutzwässer innerhalb des Baugebietes ist Angelegenheit des Grundeigentümers...

....." Die Bauinteressenten ermittelten daraufhin unter Leitung des Architekten A. die Kosten für den Bau einer Straße, einer Wasserleitung und für die Verlegung eines Stromkabels. Sie vereinbarten, diese Kosten auf die Bauinteressenten mit je 4.700 DM umzulegen. Der Architekt A. gab einem Straßenbauunternehmen den Auftrag zum Bau der Straße und schrieb unter dem 13. Februar 1952 an dieses Unternehmen wie folgt:

"Hiermit bestätige ich die Ihnen bereits abgegebene Erklärung, daß bei der Bebauung ..... die Erwerber der einzelnen Grundstücke, soweit sie Straßenanlieger an der von Ihnen in Auftrag genommenen Straße werden, vor Tätigung des notariellen Kaufvertrages die Straßenbaukosten je Grundstück von 4.700 DM in bar an das Wasserwerk bzw. an Sie entsprechend Ihrem Auftragsschreiben bezahlt haben müssen.

Es ist Ihnen überlassen, den einzelnen Erwerbern für Teilbeträge Ratenzahlungen zu gewähren, jedoch muß vor Tätigung des notariellen Aktes eine schriftliche Erklärung Ihrerseits in meinem Besitz sein, wonach die Gesamtsumme von Ihnen als Zahlung anerkannt ist."

Der Vertreter der Erbengemeinschaft fügte diesem Schreiben folgende Bestätigung hinzu:

"Vorstehende Erklärung ist hiermit durch den Verkäufer der Grundstücke bestätigt."

Der Bf. wandte sich durch Schreiben vom 14. Februar 1952 persönlich an das Straßenbauunternehmen. Darin heißt es:

"Unter Bezugnahme auf die heutige Besprechung mit Ihrem Herrn Direktor S. bestätige ich, daß ich bereit bin, den Anliegeranteil für die baureife Erschließung der Parzelle 37/3 des Geländes .... vorbehaltlich der endgültigen Ermittlung des anteiligen Betrages und unter der Voraussetzung, daß der derzeitige Besitzer .... die Parzelle an mich verkauft, bis zum Höchstbetrag von 4.700 DM an Sie oder die Stadtwerke X. zu bezahlen. Die Zahlung erfolgt auf Ihre Anforderung in Höhe von 2.500 DM sofort, der Rest bis zur Höhe von 2.200 DM bis spätestens 1. April 1952."

Die Durchführung des Straßenbaus wurde von der Erbengemeinschaft E., die bis 1955 Eigentümerin des Straßenlandes war, der Gemeinschaft der Bauinteressenten bzw. dem Architekten A. überlassen. 4.700 DM Straßenbaukosten wurden von dem Bf. bezahlt.

Der Bf. wurde vom Finanzamt auch wegen der Straßenbaukosten zur Grunderwerbsteuer herangezogen.

Einspruch und Berufung wurden als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rb. ist ohne Erfolg.

Dem Bf. ist zuzugeben, daß sich der im Streitfall gegebene Tatbestand von anderen Fällen, in denen über die Steuerpflicht anteilig übernommener Straßenbaukosten gestritten wurde, unterscheidet, nämlich von den Fällen, in denen der Erwerber die anteilig auf ihn entfallenden Kosten dem Veräußerer ausdrücklich abnimmt. Es sei z. B. auf den Sachverhalt hingewiesen, der dem Urteil des Senats II 157/57 U vom 9. September 1959 (BStBl 1959 III S. 468, Slg. Bd. 69 S. 558) zugrunde lag. Demgegenüber hat der Bf. gegenüber dem Veräußerer im Kaufvertrag vom 16. Februar 1952 hinsichtlich der Straßenbaukosten dahingehende Verpflichtungen nicht erklärt.

Jedoch ist die Verpflichtung des Erwerbers gegenüber einem Dritten, die Straßenbaukosten an diesen zu zahlen, gleichfalls Teil der Gegenleistung, wenn zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Zahlungsverpflichtung eine innere Verknüpfung besteht, d. h. wenn der Veräußerer ohne diese Verpflichtung in eine Veräußerung des Grundstücks nicht eingewilligt hätte. Dabei ist nicht erforderlich, daß die Zahlungsverpflichtung im Grundstückskaufvertrag erklärt wird. Es genügt, daß die Erklärung außerhalb dieses Vertrages lediglich dem Dritten gegenüber abgegeben wird. Voraussetzung ist aber stets, daß die Erklärung mit der Grundstücksveräußerung zusammenhängt und daß der Veräußerer ohne sie das Grundstück nicht veräußert hätte.

Das Finanzgericht hat diese Rechtslage nicht verkannt. Es hat tatsächlich festgestellt, daß ohne die Abgabe der Verpflichtungserklärung vom 14. Februar 1952 der Kaufvertrag vom 16. Februar 1952 nicht zustande gekommen wäre. Die Feststellungen sind frei von Rechtsirrtum; sie verstoßen auch nicht gegen den klaren Inhalt der Akten (vgl. § 288 Nr. 1, § 296 Abs. 1 AO).

Die vom Bf. gegen die Ausführungen des Finanzgerichts erhobenen Einwendungen können die Rb. nicht rechtfertigen. Es mag zutreffen, daß der Veräußerer die Kosten der Aufschließung nicht selbst tragen wollte. Dadurch wird aber nichts daran geändert, daß er sich für die Zahlung dieser Kosten mitverantwortlich fühlte, zumal die kostenfreie übergabe der Straße an die Stadt die Voraussetzung für die Erteilung der Aufschließungsgenehmigung gewesen war. Daß Verpflichtungserklärung und Kaufabschluß in innerem Zusammenhang standen, folgt insbesondere daraus, daß die Verpflichtungserklärung dem Kaufvertrag um zwei Tage vorausging, also offenbar Voraussetzung für den Abschluß dieses Vertrages gewesen war, während umgekehrt der Bf. seine Zahlungsverpflichtung sogar ausdrücklich vom Kaufabschluß abhängig machte. Seine Verpflichtung wurde also nicht schlechthin abgegeben, sondern sie war mit dem Erwerb des Grundstücks verknüpft und wäre unwirksam, wenn der Veräußerer das Grundstück nicht verkauft hätte. Nach alledem kann die Verpflichtung des Bf. gegenüber dem Straßenbauunternehmen nicht anders gewürdigt werden als jede andere Verpflichtung eines Käufers gegenüber Dritten, die sich auf den Grundstückserwerb bezieht und nicht unabhängig vom Kaufabschluß abgegeben wird, sondern für beide Vertragsteile die Voraussetzung dafür ist, daß überhaupt ein Kaufvertrag zustande kommt.

Die Rb. war somit als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409720

BStBl III 1960, 314

BFHE 1961, 176

BFHE 71, 176

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